Diese Autobauer sind die Gewinner der Elektro-Revolution (und wer in der Krise steckt)
Wie sieht die Zukunft der großen Pkw-Marken aus?

Wie geht es weiter? Diese Frage stellen sich gerade alle etablierten Automobilhersteller dieser Welt. Und während sie noch nach einer Antwort suchen, sind ihnen brandneue Wettbewerber dicht auf den Fersen, die jede Gelegenheit zum Überholen nutzen. 2025 wird für nicht wenige bekannte Namen ein hartes Jahr werden.
Die Aktien einiger europäischer Autofirmen haben fast die Hälfte ihres Werts verloren. In den USA sieht es nicht viel besser aus, denn die Hersteller hadern damit, sich durch die Integration neuer Technologien zukunftsfähig zu machen. In China hingegen ist die Automobilindustrie auf dem Vormarsch – mit neuen einheimischen Marken, genügend Rohstoffen und einem zunehmenden Absatz von Elektrofahrzeugen.
Da der Automobilsektor für den wirtschaftlichen Erfolg vieler Länder entscheidend ist, geht es um viel. Lesen Sie hier, welche Autohersteller auf dem Weg in eine rosige Zukunft sind – und welche jetzt in der Klemme stecken.
Fremdwährungsbeträge wurden in Euro umgerechnet.
Adaptiert von Barbara Geier
Volkswagen

Zum Volkswagen-Konzern, dem nach Umsatz größten Automobilhersteller der Welt, gehören neben VW Marken wie Audi, Seat und Skoda. Das Unternehmen wurde zu einem Inbegriff für die schnelle und kostengünstige Massenproduktion von Fahrzeugen. Doch dieses Erfolgsmodell ist mehr als ins Schwanken geraten.
Die anstehenden Verbote von Verbrennungsmotoren in Europa sind eine Riesenbedrohung für die VW-Marken. Dazu kommen die zunehmende einheimische Konkurrenz im Absatzmarkt China, auf den ein Drittel der Umsätze entfällt, und die aufgrund des Ukraine-Kriegs gestiegenen Energiepreise, die sich negativ auf das Geschäft auswirken. Inzwischen setzt der Konzern eine halbe Million Fahrzeuge weniger ab als vor der Pandemie, was etwa dem Wert von zwei Fabriken entspricht. Die Gewinne sind im ersten Quartal 2025 im Jahresvergleich um 37 Prozent eingebrochen.
Der Weg aus der Krise? Die vordergründige Antwort scheint „Kosteneinsparungen“ zu lauten. So wird die Produktion von E-Autos, die an europäischen Standorten wie dem Audi-Werk in Brüssel zu teuer ist, an günstigere Standorte wie Mexiko verlagert. Die Schließung von deutschen Werken konnte Ende 2024 nur knapp abgewendet werden, als sich der Konzern mit den Gewerkschaften auf einen Deal einigte, der eine Kostenreduzierung von rund 15 Milliarden Euro bringen soll. Dafür werden bis 2030 mehr als 35.000 Arbeitsplätze abgebaut und die VW-Mitarbeitenden verzichten bis dahin auf direkte Lohnerhöhungen. Auch die Boni werden gekürzt.
Da auf VW fast 40 Prozent der Beschäftigten in der deutschen Automobilindustrie entfallen, ist der Wolfsburger Konzern ein Indikator für das gesamte Land – und aktuell sieht es nach einer unsicheren Zukunft aus.
Toyota

Mit zehn Millionen Fahrzeugen verkauft niemand mehr Autos pro Jahr als der japanische Hersteller Toyota. Das Unternehmen ist auch ein Elektromobilität-Pionier, denn 1997 stellte es mit dem Prius das erste in Serie produzierte Hybridfahrzeug vor. Dennoch fährt Toyota eine andere Elektroauto-Strategie als viele der Konkurrenten, da es die Umstellung auf vollelektrische Fahrzeuge viel zurückhaltender betrieben hat.
Dahinter steht, dass viele der fünf Millionen Menschen insgesamt, die in japanischen Fabriken Autos bauen, Verbrenner-Spezialisten sind – und der Vorstandsvorsitzende und Enkel des Toyota-Gründers, Akio Toyoda, weist vor diesem Hintergrund darauf hin, wie gefährlich eine rein elektrische Zukunft für diese Arbeitsplätze wäre. Toyota hat sich daher auf den Ausbau von Hybridoptionen konzentriert. Zudem treibt der japanische Autobauer auch das Thema Wasserstoff voran.
Die Strategie heißt also: Breit aufstellen, um das Risiko zu minimieren. Toyota ist so in der Lage, auf jeden Zug aufzuspringen, sobald sich eine der Technologien als die erfolgreichste abzeichnet. Zu dieser Absicherungstaktik gehört auch, dass 2027 ein neues chinesisches Werk für die Produktion von Batterien und E-Autos in Betrieb gehen wird. Aktuell hat es den Anschein, als ob das Abwarte-Rezept des japanischen Autoherstellers genauso gut – oder schlecht – wie die Strategien der Konkurrenz funktioniert.
Nach eigenen Angaben hat Toyota allein im April und Mai durch US-Zölle rund 1,1 Milliarden Euro verloren, während die chinesische Konkurrenz, ein stärkerer Yen und höhere Materialkosten zu einem erwarteten Gewinnrückgang von 21 Prozent in diesem Jahr beigetragen haben. Dem CEO Koji Sato bleibt angesichts der aktuellen Lage nur der Satz, dass es schwer sei, die Zukunft vorherzusagen.
Hyundai

Auch der koreanische Automobilhersteller Hyundai hat sich für Abwarten entschieden und sichert sich mit einer Strategie ab, die „Der Hyundai-Weg“ genannt wird: Solange die öffentliche Ladeinfrastruktur für Elektroautos noch fehlt und die Batteriekosten hoch sind, liegt der kurzfristige Schwerpunkt auf Hybrid-Fahrzeugen, während zugleich langfristig das Angebot an vollelektrischen Modellen erweitert wird.
Dafür entwickelt Hyundai ein „Extended Range EV“ – ein E-Auto, das zusätzlich zu seinem Elektromotor über einen Verbrennungsmotor verfügt, um die Batterie zur Erweiterung der Reichweite auf 900 Kilometer aufzuladen. Produziert werden die Fahrzeuge, die ab 2027 auf dem Markt sein sollen, sowohl in den USA als auch in China. Das Thema Zollvermeidung wird hier eine Rolle spielen.
Im März kündigte Hyundai Investitionen in Höhe von 17,6 Milliarden Euro in den USA an, darunter ein Stahlwerk in Louisiana, in das rund 5,1 Milliarden Euro gesteckt werden. Wasser auf die Mühlen Donald Trumps, der die Pläne als Beweis dafür anführte, dass seine Zölle wie gewünscht Arbeitsplätze in die USA zurückholen.
Stellantis

2024 war kein gutes Jahr für Stellantis. Die Gewinne brachen ein; die Unternehmensaktien verloren fast die Hälfte ihres Wertes. Und dieses Jahr sieht es für den Konzern mit Sitz in den Niederlanden, der 2021 durch eine Fusion von Fiat-Chrysler und Peugeot SA entstand, nicht viel besser aus: Die Nettoeinnahmen sind im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 14 Prozent zurückgegangen. Was läuft schief?
Bis Ende letzten Jahres wurde Stellantis von Carlos Tavares (Bild) geleitet, der für seinen aggressiven Führungsstil bekannt war und das Unternehmen machte hohe Gewinne. Autohersteller weisen ihre Erlöse aber in erster Linie auf Basis der Auslieferungen an den Handel aus – und obwohl Autohändler die Stellantis-Modelle kauften, brachten sie diese nicht an den Mann bzw. die Frau. Insbesondere in den USA resultierte das in Riesenbeständen unverkaufter Fahrzeuge. Die Zölle verschärfen die Situation nur noch und das Unternehmen hat seine Finanzprognosen für die Investoren eingestellt.
Tavares’ Nachfolger Antonio Filosa, der Ende Mai ernannt wurde, muss sich neben all dem auch um das Thema Elektroautos kümmern, das bei Stellantis bisher nicht rund läuft. Die Produktion des elektrischen Fiat 500e wurde im letzten Jahr mehrmals verlangsamt oder gestoppt. Ein Transporter-Werk in Luton nördlich von London wird dieses Jahr geschlossen, wofür das Unternehmen zum Teil die britische Regierung verantwortlich macht, die den Herstellern fixe Elektroauto-Quoten vorschreibt.
Aber es gibt auch Positives an der E-Auto-Front: Stellantis investiert über 66 Millionen Euro in eine Kooperation mit dem US-Batterieunternehmen Factorial zur Entwicklung von Festkörperbatterien. Dieser Batterie-Typ hat eine höhere Energiedichte und ermöglicht schnelleres Laden – und verspricht damit, die Elektromobilitäts-Schwachpunkte „geringe Reichweite“ und „lange Ladezeiten“ anzugehen.
General Motors

Der in Detroit ansässige Autohersteller General Motors (GM) hatte einen raschen Verbrenner-Ausstieg geplant und verfolgt nach wie vor das erklärte Ziel emissionsfreier Fahrzeuge bis 2035. Anfang 2024 erklärte CEO Mary Barra jedoch, dass der Konzern auf dem Weg dorthin übergangsweise wieder mehr auf Plug-in-Hybride setzen würde. GM reagiert damit auf die schwache Nachfrage nach E-Autos in den USA. Zu geringe Reichweiten, die hohen Preise und nicht genügend öffentliche Aufladestationen schrecken Käufer zurück.
Neben den Problemen mit der Elektromobilität hat GM aber noch mit viel schwerwiegenderen Problemen zu tun, die moderne Technologien mit sich gebracht haben: Das Unternehmen hatte Milliarden in sein Tochterunternehmen Cruise zur Entwicklung von selbstfahrenden Robotaxis gesteckt. Nachdem im Herbst 2023 bei einem Unfall mit einem dieser autonomen Fahrzeuge eine Frau in San Francisco ums Leben gekommen war, wurde das Projekt eingestampft. Dabei hatte man gehofft, mit Cruise bis zum Jahr 2030 Umsätze von bis zu 40 Milliarden Euro im Jahr zu erzielen.
Auch in China gibt es Gegenwind. Der Autobauer arbeitet dort mit dem staatlichen Autokonzern SAIC zusammen, aber diese chinesische Unternehmung hat in den ersten neun Monaten des Jahres 2024 einen Verlust von rund 307 Millionen Euro eingefahren. Im Vorjahr war es noch ein Gewinn in gleicher Höhe gewesen. GM schreibt insgesamt zwar weiterhin schwarze Zahlen. Wie bei vielen der etablierten Automobilhersteller sind die Herausforderungen aber gewaltig. So vermeldet das Unternehmen, das bis zu 55 Prozent seines US-Bestands importiert, dass die Zölle es zwischen 3,5 und 4,4 Milliarden Euro kosten könnten.
SAIC

In seinem Heimatmarkt China ist der Shanghaier Staatskonzern SAIC ein Auto-Gigant und der mit Abstand größte Fahrzeughersteller. Das Unternehmen ist im eigenen Land – dem größten Einzelmarkt der Welt – gewachsen und hat seit einigen Jahren auch internationale Märkte im Blick. Mit rund fünf Millionen produzierten Fahrzeugen, darunter Marken wie MG, Maxus und Roewe, gehört der Konzern bereits zu den zehn größten Herstellern nach Stückzahl.
Die Expansionsbemühungen über die Grenzen hinweg werden aktuell durch die hohen Zölle von über 45 Prozent eingeschränkt, die auf SAIC-Modelle in den USA und in Europa erhoben werden. Das Unternehmen hält aber an seinen Plänen fest, ein großer globaler Exporteur zu werden und versucht, die Handelsschranken zu umgehen, indem es außerhalb Chinas produziert. So wird ein neues MG-Werk in Thailand mindestens 40 Prozent der Teile vor Ort beziehen, damit die Produktion technisch gesehen thailändisch und nicht chinesisch ist. Auch in Europa sind Fabriken geplant. Umgekehrt hilft SAIC westlichen Herstellern, ihre Autos in China zu verkaufen und hat neben GM auch ein Joint Venture mit Volkswagen.
SAIC selbst produziert in der Regel erschwingliche E-Autos, die oft die Modelle westlicher Hersteller unterbieten, und profitiert von Chinas Dominanz in der Batterieindustrie. Noch in diesem Jahr soll ein neuer MG mit einer Halb-Feststoff-Batterie auf den Markt kommen, die sowohl leichter als auch leistungsfähiger als die herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus ist. Damit könnte eine Reichweite von bis zu 1.000 Kilometer ermöglicht werden.
Ford

Anders als SAIC fehlen Ford die Kunden für seine vollelektrischen Fahrzeuge. Der in Michigan ansässige Konzern hatte bis 2026 mit jährlich zwei Millionen verkauften E-Autos gerechnet, korrigiert diese Zahlen jetzt aber nach unten, nachdem das Geschäft mit der Elektromobilität rund 2,2 Milliarden Euro Verluste eingefahren hat.
Die geplante Einführung eines großen vollelektrischen SUV in Amerika wurde gestrichen, ein neuer elektrischer Pickup-Truck auf 2027 verschoben. Der Hersteller hat zudem eine neue E-Auto-Fabrik in Tennessee auf Eis gelegt und wird seine Investitionen in Elektrofahrzeuge von 40 auf 30 Prozent reduzieren. Genau wie der heimische Autobauerkollege GM will sich Ford stattdessen fürs Erste stärker auf Hybridfahrzeuge konzentrieren. Nach eigenen Angaben ist das eine Reaktion auf die Nachfragesituation. Gleichzeitig hofft die Führungsriege, durch eine langsamere Umstellung auf vollelektrische Modelle besser von zukünftigen Fortschritten in der Batterietechnologie profitieren zu können.
Was Handelsbeschränkungen angeht, ist Ford weniger stark betroffen als andere Autohersteller. Das Unternehmen stellt 80 Prozent seiner amerikanischen Produkte in den USA her. Aufgrund der Zölle von 25 Prozent auf importierte Autoteile wird aber dennoch mit Einbußen in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro für dieses Jahr gerechnet, auch wenn diese teilweise ausgeglichen werden. Laut Ford werden einige seiner in Mexiko hergestellten Modelle um mehr als 1.700 Euro teurer werden.
Honda

Der japanische Hersteller Honda musste aufgrund des Zolldurcheinanders der letzten Monate einen Einbruch des Nettogewinns um fast ein Viertel hinnehmen und verlagert unter anderem die Produktion seines neuen Civic-Modells von Mexiko in die USA.
Grundsätzlich wird angestrebt, bis 2040 nur noch Elektroautos zu verkaufen. Dafür werden in den nächsten Jahren umgerechnet rund 62 Milliarden Euro investiert. Gleichzeitig hält man sich eine Hintertür offen, denn laut CEO Toshihiro Mibe könne man einen Teil der Summe zurückstellen, wenn sich die Nachfrage nach E-Fahrzeugen nicht verbessert.
Unabhängig davon ist Honda aber entschlossen, bei der Produktion mit supereffizienten Elektropionieren und Newcomern wie Tesla und chinesischen Autoherstellern mithalten zu können. Daher wird das japanische Unternehmen nicht nur den sogenannten Giga-Druckguss einführen, bei dem riesige Maschinen große Komponenten an einem Stück gießen, sondern auch mit der Mega-Version dieses Verfahrens arbeiten, damit noch größere Autoteile hergestellt werden können.
Ende 2024 horchte die Branche auf, als Honda mit Nissan Fusionsgespräche startete. Die Idee: Ressourcen poolen, um es besser mit der chinesischen Konkurrenz aufnehmen zu können. Der mögliche Zusammenschluss wurde im Februar schon wieder abgeblasen – aber die Tatsache allein, dass er im Raum stand, spricht Bände.
Nissan

Bei Hondas Fast-Fusionspartner sind die Beweggründe für die Gespräche noch offensichtlicher, denn der japanische Autohersteller ist schwer angeschlagen. Die Gewinne sind aufgrund von Absatzeinbrüchen in den Hauptmärkten China und USA stark zurückgegangen und die Verschuldung ist rekordverdächtig. Für das vergangene Geschäftsjahr steht ein Verlust von fast vier Milliarden Euro in der Bilanz.
Mit Kosteneinsparungen von fast drei Milliarden Euro und einer radikalen Umstrukturierung wird der Weg aus der Krise gesucht. Rund 20.000 Arbeitsplätze werden wegfallen, was etwa 15 Prozent der weltweiten Belegschaft entspricht. Sieben der 17 Fabriken machen dicht, darunter mindestens eine in Japan. Die Pläne für ein neues Batteriewerk in Japan wurden ebenfalls aufgegeben.
Mit seinem Nissan Leaf (Bild), der seit Ende 2010 auf dem Markt ist, war das in Yokohama ansässige Unternehmen anfangs sogar ein Vorreiter der Elektrifizierung. Inzwischen wurde der Autobauer bei den Hybrid- und Elektrofahrzeugen aber von der Konkurrenz überholt. Vor allem in den USA fehlt ein Plug-in-Hybrid. Die kurz angedachte und schon im Vorfeld gescheiterte Fusion mit Honda zum drittgrößten Autohersteller der Welt hätte vielleicht geholfen.
Der spektakuläre Abgang des einst gefeierten ehemaligen CEO Carlos Ghosn, dem 2018 die Veruntreuung von Firmengeldern vorgeworfen wurde, hat bei Nissan zusätzlich für Turbulenzen gesorgt, die keinem Unternehmen guttun. Der neue Chef Ivan Epinosa, der im April die Leitung übernahm, hat nun auf jeden Fall mehr als genug Baustellen, die bearbeitet werden müssen.
Gefällt Ihnen dieser Artikel? Dann klicken Sie oben auf Daumen hoch und folgen Sie uns für weitere loveMONEY-Themen
BYD

Für den chinesischen Autobauer BYD lief das Jahr 2024 insgesamt bestens. Das Unternehmen verkaufte 41 Prozent mehr Fahrzeuge als 2023 und erzielte einen Umsatz von rund 94,2 Milliarden Euro. Tesla ist damit überholt – und dieses Jahr sieht es bisher noch besser aus.
Das chinesische Unternehmen ist nun der größten Hersteller von Elektrofahrzeugen und hat im April in Europa sogar mehr verkauft als Tesla, was in der Branche als Wendepunkt gewertet wurde. BYD plant, seine Auslandsverkäufe in diesem Jahr zu verdoppeln und seine günstigen E-Autos sind für westliche Hersteller eine ernsthafte Herausforderung.
Das Elektro-Einstiegsmodell von BYD, der „Seagull“ (Möwe), ist in Europa jetzt als „Dolphin Surf“ auf dem Markt und kostete in Deutschland zur Einführung bis Ende Juni nur 19.990 Euro – und selbst der normale Basispreis von 23.000 Euro danach ist im Vergleich mit der Konkurrenz, so die Fachpresse, ein „interessantes“ Angebot.
BYDs Erfolgsrezept ist die Kombination aus Technologie und niedrigen Preisen. Die innovative Fahrerassistenz „God's Eye“, in der das chinesische KI-Modell DeepSeek „steckt“, ist selbst bei den Einsteigermodellen ohne Aufpreis erhältlich. Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen auch eine neue Batterietechnologie entwickelt, mit der die Wagen in nur fünf Minuten für eine Reichweite von 400 Kilometern aufgeladen werden können. Und: BYD stellt nicht nur reine Elektroautos, sondern auch Hybridautos her, für die in der EU niedrigere Zölle gelten.
Ein Selbstläufer ist das Geschäft aber auch für BYD nicht, im Gegenteil: Die Konkurrenz im heimischen Markt ist groß, und um den derzeitigen Vorsprung zu halten, verlangt der Hersteller angeblich von einigen Zulieferern Preisnachlässe von zehn Prozent. Und als chinesischer Hersteller von Elektrofahrzeugen ist BYD – zumindest für den Moment – weiterhin vom amerikanischen Markt ausgesperrt.
BMW

Selbst als vor einigen Jahren die meisten europäischen Automobilhersteller von einer unmittelbar bevorstehenden vollelektrischen Zukunft überzeugt waren, hielt BMW dagegen: Das bayerische Unternehmen setzte auf einen „Power of Choice“-Ansatz, nach dem Kunden alle Antriebsformen parallel angeboten werden. Auf eine Technologie festlegen wollte man sich nicht.
Die meisten der Plattformen, auf denen die Fahrzeuge gebaut werden, sind bei BMW daher flexibel angelegt. Sie eignen sich damit für Verbrenner, E-Autos und hybride Modelle gleichermaßen. Da vollelektrische Fahrzeuge nun in einigen Märkten stagnieren, in anderen aber wachsen, scheint sich diese Flexibilität auszuzahlen. Die Gewinne sind zwar aufgrund der Zölle und der chinesischen Konkurrenz in diesem Jahr bisher um ein Viertel zurückgegangen, aber das entspricht den Erwartungen.
Der Fokus auf Vielfalt hat es BMW auch erlaubt, seine elektrischen Modelle ohne Zeitdruck zu entwickeln und zu perfektionieren. Aktuell heißt das Ziel, dass E-Autos bis 2030 die Hälfte der verkauften Wagen ausmachen sollen. Im Zentrum stehen dabei die insgesamt sechs Fahrzeuge der „Neuen Klasse“, wovon die ersten dieses Jahr auf den Markt kommen. Die vollelektrischen Autos basieren auf einer neuen, rein elektrischen Fahrzeugarchitektur und sind mit selbst entwickelten Batterien ausgestattet, die eine größere Reichweite und ein schnelleres Aufladen versprechen.
Die Flexibilität aufgeben wird BMW trotz dieser E-Offensive aber weiterhin nicht und lässt verlauten, dass die Verbrenner-Produktion bis in die 2030er-Jahre noch einen Platz hat.
Mercedes-Benz

Mercedes-Benz hat in den ersten drei Monaten des Jahres zwar fast eine halbe Million Fahrzeuge verkauft, das sind aber vier Prozent weniger als im Vorjahr – und um seine Fabriken auszulasten, muss das Traditionsunternehmen mehr absetzen. Die Gründe für den Abschwung sind inzwischen bekannt: eine Kombination aus schwächerer chinesischer Nachfrage und enttäuschenden E-Auto-Verkäufen. Die US-Zölle trüben den Horizont jetzt noch mehr. Zur Absicherung hat der deutsche Autobauer in den USA die Lagerbestände erhöht, aber genau wie andere auch gleichzeitig seine Prognosen angesichts einbrechender Gewinne nach unten korrigiert.
Angepasst wurde auch der eingeschlagene Elektrokurs: Noch vor vier Jahren sagte Mercedes-Benz voraus, dass ab 2030 mit dem Verbrenner Schluss sei und nur noch E-Autos vom Band laufen würden. Davon ist jetzt nicht mehr die Rede. Stattdessen verfolgt die Unternehmensführung eine flexiblere E-Auto-Linie und konzentriert sich bei der Elektromobilität auf ausgewählte Märkte, in denen der Absatz dieser Fahrzeuge läuft.
Innerhalb des Unternehmens sind die Meinungen zur richtigen Strategie geteilt: Während CEO Ola Kaellenius sich auf die profitabelsten Luxusmodelle konzentrieren möchte, um die Kosten zu senken, kritisieren Gewerkschaftsvertreter, dass genau diese Wagen sich auf dem schnelllebigen chinesischen Markt weniger gut verkaufen. Ihre Devise lautet: Alles daran setzen, insgesamt mehr abzusetzen.
Eine Initiative, die Mercedes-Benz in China nach vorne bringen könnte, ist eine Kooperation mit dem chinesischen Software-Entwickler Momenta im Bereich Autonomes Fahren. Die Stuttgarter haben damit zum ersten Mal einen chinesischen Zulieferer für eine Schlüsseltechnologie ausgewählt – in der Hoffnung, sich dadurch Marktvorteile gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen.
Renault

Der französische Autohersteller Renault konnte 2024 einen Rekordgewinn verzeichnen, auch dank seiner relativ niedrigen Abhängigkeit vom chinesischen und amerikanischen Markt. Unter der Überschrift „Renaulution“ zielt die Strategie des Unternehmens darauf ab, ein „Automobilunternehmen der nächsten Generation“ zu werden, das sich auf Wertschöpfung und weniger auf die reinen Absatzzahlen konzentriert.
Dazu gehört eine stärkere vertikale Integration, das heißt eine maßgeschneiderte unternehmensinterne Lieferkette. Gleichzeitig werden globale Fahrzeugplattformen entwickelt, auf denen die verschiedenen Marken wie der Renault selbst oder die rumänische Automarke Dacia gefertigt werden können.
Renault verfügt jedoch nicht über die Größe und Ressourcen mächtigerer Konkurrenten und kooperiert daher auch mit anderen Herstellern wie Nissan zusammen, dessen größter Anteilseigner es ist. Der Beitrag zur Sanierung des angeschlagenen japanischen Unternehmens soll Renault im ersten Quartal dieses Jahres rund 2,1 Milliarden Euro gekostet haben.
Tesla

Tesla hat das ausdrückliche Ziel, sowohl ein Technologieunternehmen als auch ein Fahrzeugbauer zu sein. Als disruptiver Marktteilnehmer ist der amerikanische Hersteller immer wieder für radikale Innovationen gut und damit eine ernsthafte Herausforderung für die etablierten Akteure.
Dank der hohen vertikalen Integration der Lieferkette, effizienter Verfahren und der tiefen Taschen von Elon Musk ist das Unternehmen ein Vorreiter des automobilen Wandels. In letzter Zeit ist der Tesla-Zug allerdings ins Stocken geraten.
Die Krone als führender Anbieter von Elektrofahrzeugen musste an das chinesische Unternehmen BYD abgegeben werden und das – wie beschrieben – sogar in Europa. Dazu erweist sich der vollmundig angekündigte Cybertruck als Flop. Der Wagen ist teuer, es gibt Rückrufaktionen und das Erscheinungsbild des Elektro-Pickup kann durchaus als merkwürdig bezeichnet werden.
Am vielleicht schädlichsten ist aber derzeit das Verhalten des Unternehmensgründers. Musks politische Aktivitäten haben für schlechte PR gesorgt und viele Kunden verprellt. Es gab Proteste und sogar Brandanschläge auf Autohäuser.
Im April meldete Tesla einen Gewinnrückgang von 71 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wobei sich der Absatz in der EU fast halbiert hat. Das Ergebnis wäre noch schlechter, wenn Tesla nicht auch Einnahmen mit dem Emissionshandel generieren könnte. Unternehmen wie Stellantis, Toyota und andere kaufen Teslas Emissionszertifikate, die der E-Auto-Hersteller im Überschuss hat, um ihre Emissionen auszugleichen und Bußgelder zu vermeiden.
All das zeigt, dass im heutigen Wirtschaftsumfeld selbst die Spitzenreiter in der Autoindustrie nicht vor Turbulenzen sicher sind.
Jaguar Land Rover

Der britische Automobilhersteller Jaguar Land Rover (JLR) stellt die Premium-SUVs von Land Rover und die Sportlimousinen von Jaguar her. JLR gehört dem indischen Mischkonzern Tata und hat vor allem mit seinen Marken Land Rover und Range Rover viele Jahre erfolgreich im Markt agiert.
Die Anpassung an das sich so rasant wandelnde geschäftliche Umfeld bedeutet für den traditionellen Automobilhersteller, dass sich Land Rover im eigenen Land der Konkurrenz seines chinesischen Geschäftspartners Chery erwehren muss. Dieser hat in Großbritannien einen billigeren Geländewagen unter seiner gehobenen Marke Jaecoo auf den Markt gebracht. Land Rover und Range Rover sind zudem stark von ihren US-Umsätzen abhängig und daher besonders anfällig für Trumps Zollpolitik, auch wenn für eine bestimmte Anzahl britischer Autoexporte eine Rahmenvereinbarung über niedrigere Zölle von zehn Prozent getroffen wurde.
Bei Jaguar wird gerade der leistungsstarke Benziner ausrangiert, um sich ab dem nächsten Jahr auf eine vollelektrische Zukunft einzustellen. Künftige Modelle wenden sich an eine jüngere und noch wohlhabendere Käufergruppe – eine Strategie, die umstritten ist. Kritiker werfen dem Unternehmen vor, sein Erbe und seinen loyalen Kundenstamm aufzugeben.
So oder so, das Management hat die Vorstellung, mit weniger verkauften Fahrzeugen einen höheren Gewinn zu erzielen. Bei einem möglichen Verkaufspreis von umgerechnet fast 170.000 Euro ist das ein mutiger Schritt – und die nächsten Jahre werden zeigen, ob er belohnt wird.
Volvo

Volvo gehört zum chinesischen Konzern Geely und ist möglicherweise einer der Automobilhersteller, die am stärksten von den Veränderungen der amerikanischen und europäischen Handelspolitik betroffen sind. Das Unternehmen verlagert die Produktion seines Elektromodells EX30 von China nach Belgien und hofft damit, die Zölle zu minimieren. Allerdings könnte die Herstellung unter europäischen Bedingungen den Wagen für Kunden mehr als 10.000 Euro teurer machen.
Volvo hat außerdem Maßnahmen angekündigt, um rund 1,6 Milliarden Euro im operativen Geschäft zu sparen, darunter auch weltweite Entlassungen. Wie bei anderen Autobauern wurde die Finanzprognose für das Jahr 2025 mit Verweis auf die volatile Situation in der Branche aufgegeben. Und nicht nur das, Volvo hat Prognosen sogar für die nächsten zwei Jahre ausgesetzt.
Das Unternehmen plant, bis 2030 90 Prozent seiner Fahrzeuge in irgendeiner Form als Elektroautos anzubieten. Damit werden frühere Pläne aufgeweicht, bis zu diesem Zeitpunkt nur noch vollelektrische Fahrzeuge anzubieten. Wie bei Ford und GM ist dafür zumindest zum Teil die unzureichende Nachfrage verantwortlich, da eine fehlende Ladeinfrastruktur und die hohen Preise Kunden abschrecken.
Porsche

Die Volkswagen-Tochter Porsche ist mit am stärksten vom sinkenden Absatz in China betroffen. Der Stuttgarter Autobauer hat dort letztes Jahr 28 Prozent weniger Umsatz gemacht. Aufgrund der Zollsituation korrigiert das Unternehmen nun zudem seine weltweiten Verkaufszahlen gegenüber früheren Prognosen nach unten.
Auch die Umstellung auf elektrische Antriebe bereitet Porsche Probleme: Bis zum Ende dieses Jahrzehnts sollten 80 Prozent aller Fahrzeuge E-Autos sein. Jetzt heißt es jedoch, dass man noch „viel länger“ am Verbrenner festhalten werde.
Porsche hat wie andere Hersteller damit zu kämpfen, dass Elektrofahrzeuge in einigen Ländern nur verhalten bei den Kunden ankommen. Dazu kommt, dass gerade die Käufer von Sportwagen nicht auf das spezifische Fahrerlebnis verzichten möchten, das mit einem Verbrennungsmotor einhergeht. Batterien machen die Fahrzeuge schwer und einige meinen, dass es weniger Spaß bringe, in einem E-Auto hinter dem Steuer zu sitzen.
Kohlenstoffneutrale, synthetische Kraftstoffe könnten ein Ausweg aus dieser Situation sein. Porsche testet diese gerade in Chile und möchte bis 2030 damit auf dem Markt sein.
Bentley

Der britische Luxusautohersteller Bentley ist eine weitere teure Marke unter dem Dach von VW und auch dort gestaltet sich die elektrische Zukunft schwieriger als erwartet. Ursprünglich wollte Bentley bis 2030 komplett auf Elektrofahrzeuge umsteigen. Das wurde nun auf 2035 verschoben und das erste Elektromodell wird erst 2026 erscheinen, ein Jahr später als geplant.
Laut dem neuen CEO Frank-Steffen Walliser, der von Porsche wechselte, sind die derzeitigen Bentley-Kunden wenig von Elektroautos begeistert. Zudem werde sich dieser Markt in verschiedenen Ländern unterschiedlich schnell entwickeln.
Nichtsdestotrotz, Bentley hält an der emissionsfreien Zukunft fest. Sein legendärer W12-Benzinmotor mit sechs Litern Hubraum wurde im Juli 2024 ausgemustert und durch einen Benzin-elektrischen Hybridantrieb ersetzt, der nur eine V8-Verbrennungseinheit nutzt. Das neue System stößt weitaus weniger CO2 aus und hat mehr Leistung.
Rolls-Royce

Die 120 Jahre alte britische Luxusmarke Rolls-Royce zeigt sich mit ihren Plänen für eine 355-Millionen-Euro-Investition zur Erweiterung der Produktion in ihrem Werk in Goodwood optimistisch. Das Unternehmen, das heute zu BMW gehört und nur wenige tausend Fahrzeuge im Jahr produziert, hat eine ganz eigene Überlebensstrategie in der Problembranche Autobau: Das Geschäft soll mit hochgradig personalisierten Versionen seiner Autos für superreiche Käufer gesichert werden.
Individuelle Elemente wie holografische Lackierungen, Kunstwerke oder Armaturen aus massivem Gold können die Preise bis auf über 400.000 Euro ansteigen lassen. Kunden, die sich diese Art von Luxus leisten können, werden sich kaum Sorgen über Preiserhöhungen aufgrund von Zöllen, teuren Elektromotoren oder gestiegener Betriebskosten machen – was Rolls-Royce vielleicht wirklich seine Zukunft sichern kann.
Ob der Luxus-Autohersteller nach 2030 weiterhin Verbrenner anbieten wird, ist nicht bekannt. Verkündet wurde nur, dass man bereit sein müsse, eine vollelektrische Flotte einzuführen, sollten Kunden – und die Gesetzgebung – dies verlangen.
Was bringt die Zukunft?

Ob Mercedes oder Nissan – die Analyse zeigt, dass sich die etablierten Player der Autoindustrie in einer massiven Umbruchphase befinden. Die größten langfristigen Probleme sind die rentable Gestaltung der Elektrifizierung und der Wettbewerb mit neuen Anbietern, insbesondere aus China. Kurzfristig muss das aktuelle Zoll-Chaos überstanden werden.
Wenn die Traditionsunternehmen an den Herausforderungen scheitern, könnte den westlichen Industrienationen ein Schock bevorstehen. Der Automobilsektor ist für viele Volkswirtschaften von entscheidender Bedeutung und sichert Arbeitsplätze weit über die Autowerke selbst hinaus. Die Einbrüche haben bereits zu erheblichen Arbeitsplatzverlusten in den Zuliefererketten geführt: Thyssenkrupp baut in Deutschland 40 Prozent seiner Belegschaft ab und andere Zulieferer haben zusammen 20.000 Stellen gestrichen. Bei der Bosch-Kraftfahrzeugsparte werden es weltweit 8.000 Stellen weniger.
Für die kommenden Jahre kann man von weitreichenden Umwälzungen ausgehen. Einige Unternehmen werden fusionieren oder andere übernehmen. Manche werden ganz verschwinden. Wird die Elektromobilität und Hochtechnologie die Absätze letztlich ankurbeln können? Und welche Auswirkungen werden die Schutzzölle insgesamt haben? Wie auch immer diese Fragen in der Realität beantwortet werden – die Folgen des Wandels werden kaum zu übersehen sein und uns alle auf die ein oder andere Weise betreffen.
Gefällt Ihnen dieser Artikel? Dann klicken Sie oben auf Daumen hoch und folgen Sie uns für weitere loveMONEY-Themen
Comments
Be the first to comment
Do you want to comment on this article? You need to be signed in for this feature
Most Popular
Savings and ISAs July Premium Bond results: check if you've just won a big prize