„Wir haben ein rostiges Frachtschiff in ein Traumhaus verwandelt“
Vom alten Kahn zum schicken Hausboot an der Themse

Der Haus- oder Wohnungskauf ist in einer teuren Metropole wie London alles andere als einfach. Christina Miles und ihr Partner Rohan Tully beschlossen daher, die Dinge anders anzugehen und sich ihr Traumhaus selbst zu erschaffen. Ihre Idee – ein altes Frachtschiff so umzubauen, dass eine Familie darin komfortabel wohnen kann – hört sich abenteuerlich an. Den beiden gelang es aber, ihr Projekt umzusetzen.
Wie aus einem alten Kahn ein schickes Zuhause an der Themse wurde, haben wir hier Schritt für Schritt in Bildern festgehalten ...
(Alle Geldbeträge von britischem Pfund in Euro umgerechnet.)
Adaptiert von Barbara Geier
Wohnen auf dem Wasser: Eine verrückte Idee?

Wie so viele Londoner, die in engen Stadtwohnungen leben, waren Christina Miles und Rohan Tully auf der Suche nach ihrem Traumhaus. Dass sie letztendlich auf dem Wasser landeten, ist in der Themse-Metropole gar nicht so weit hergeholt, denn es gibt entlang des Flusses und auf den Kanälen, die London durchziehen, eine lebhafte Hausboot-Community.
Nachdem Miles bei einem Spaziergang an der Themse ihren Partner eines Tages scherzhaft gefragt hatte, ob er sich das Leben im Boot vorstellen könne und Tully dies bejahte, gingen die beiden das Projekt an, ein altes Frachtschiff in ein gemütliches Heim zu verwandeln.
Passionierter Bootsfachmann

Während Miles keinerlei Erfahrung mit Booten hatte, ist ihr Partner mit Booten aufgewachsen und segelte schon als Kind mit seinen Eltern. Bei der Wahl ihrer „Wasserwohnung“ entschied sich das Paar ganz bewusst für ein großes Frachtschiff anstatt für eines der schmalen Kanalboote, die typisch für London sind – und was für ein Riesenprojekt sie damit angingen, zeigen die nächsten Bilder sehr anschaulich.
Auf der Suche nach einem Liegeplatz

Als Erstes musste das Paar einen Liegeplatz in London finden, der groß genug für die Art von Boot war, das ihnen vorschwebte. „Bevor man sich um das Boot selbst kümmert, braucht man als Erstes einen ‘Parkplatz’ dafür“, erläutert Tully. „Wir hatten großes Glück, an der Themse einen ganz neu gebauten Liegeplatz zu finden.“
Auf der Suche nach dem perfekten Boot

Nachdem der Liegeplatz gesichert war, machte sich Tully auf die Suche nach dem richtigen Boot und wurde in Belgien fündig: Ein knapp 40 Meter langer Frachtkahn aus dem Jahr 1965 sollte es sein.
Vor der Überfahrt nach Großbritannien wurde das Schiff für erste – und essenzielle – Umbauarbeiten in die Niederlande gebracht. „Wir mussten knapp zehn Meter aus der Mitte des Bootes herausschneiden lassen, damit es an die Größe britischer Liegeplätze angepasst war“, so Miles.
Fundamentlegung

In der niederländischen Werft wurde auch der Rumpf des Bootes repariert und umgebaut, um einige wichtige Grundelemente unterzubringen, wie ein Oberlicht und eine Treppe, die aus dem Stahlchassis herausgeschnitten wurden. Das Boot war zwar alt, eignete sich aber dennoch perfekt als Fundament für das zukünftige Wohnhaus von Miles und Tully.
Die restlichen Arbeiten wurden nach der Überfahrt im südenglischen Kent vorgenommen, bevor der Frachtkahn an seine eigentliche Adresse bzw. Liegestelle im Westen von London gebracht wurde.
Fundamentlegung

Damit das Boot überhaupt als Haus fungieren kann, musste es stabilisiert werden. Dafür wurde eine gewichtserhöhende Basis aus Zement in den Rumpf gegossen, damit es sich im Wasser weniger bewegt und tiefer liegt.
Diese Arbeit wurde durchgeführt, als das Boot in Kent auf der von Ebbe und Flut beeinflussten Themse lag. Daher gab es nur ein kurzes Zeitfenster für die Fundamentlegung und der Zement musste eingegossen werden und trocknen, solange das Boot bei Flut waagerecht war. Da der Zementmischer verspätet eintraf, blieben schlussendlich sogar nur 90 Minuten, um den Zement einzugießen.
Eine Frage der Isolierung

Bevor es an den Innenausbau ging, musste die metallene Hülle des Frachtkahns im nächsten Schritt isoliert werden. Da die Bootsbauer sicherstellen wollten, dass ihr neues Zuhause so viel Wärme wie möglich speicherte, brachten sie Sprühschaum in den Wänden an, der mit einer mehrlagigen Folie überzogen wurde.
„Viele denken, dass es auf einem Boot automatisch kalt ist, aber das stimmt nicht. Unser Boot ist genau wie ein Haus und hat sogar eine Fußbodenheizung. Wir sitzen hier also nicht frierend im Wasser“, erklärt Miles.
Do-It-Yourself plus Profis

Das Paar plante den Umbau selbst, da Tully eine sehr genaue Vorstellung davon hatte, wie der Prozess von Anfang bis Ende ablaufen würde. Für die Sanitär- und Elektroarbeiten wurde ein Spezialist hinzugezogen, viele andere Arbeiten erledigte das Paar gemeinsam mit Helfern selbst.
Umbaustress und Familienzuwachs

Als wäre das Riesen-Projekt nicht schon anstrengend genug gewesen, musste das Paar, das inzwischen eine kleine Tochter bekommen hatte, während der Umbauarbeiten auch noch siebenmal umziehen. Nach 15 Monaten harter Arbeit und pünktlich zum ersten Lockdown im Frühjahr 2020 konnte die junge Familie ihr umgebautes Boot beziehen.
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Komplettverwandlung

Heute ist der alte Kahn nicht wiederzuerkennen: Aus einem rostigen Schiff wurde ein stilvolles und komfortables zweistöckiges Haus, in dem neben Wohnzimmer, Küche und Bad auch drei Schlafzimmer Platz gefunden haben. Mit einer Wohnfläche von 167 Quadratmetern ist das Hausboot außerdem um einiges geräumiger als eine Londoner Durchschnittswohnung, in die sich die dreiköpfige Familie ansonsten hätte „quetschen“ müssen.
Design-Entscheidungen

Damit das Traumhaus alle Anforderungen der Chefdesignerin Christina Miles erfüllte, mussten immer wieder bootsspezifische Details geklärt werden: „Es gab eine ganze Menge Dinge, die ich unbedingt wollte und bei denen Rohan erst schauen musste, ob es überhaupt möglich war.“ Dazu gehörte beispielsweise auch ein Kamin im Wohnzimmer (Bild), dessen Schornstein allerdings nicht wie normalerweise aus dem Hausdach, sondern aus dem Bootsdeck austritt.
Küche nach Maß

Zur Schonung des Budgets kombinierte das Paar bei der Innenausstattung ihres schwimmenden Zuhauses Preiswertes mit Spezialanfertigungen. In der Küche sind das einfache Ikea-Schränke, die mit maßgeschneiderten Türen einer schwedischen Firma versehen wurden. Besonderer Hingucker: das coole, geometrische Muster der Kücheninsel.
Lieblingsplatz

Die Küche im ersten Stock ist der Lieblingsplatz der Familie. „Von hier aus hat man den besten Blick auf den Fluss“, so Tully. „Der Raum ist hell und die Aussicht ist einfach herrlich.“
Innenausstattung mit günstigeren Alternativen

Bei der Gestaltung des Innenraums hatten die Bootsbauer stets ihr Budget im Blick. „Ich habe immer nach billigeren Alternativen gesucht und Sonderangebote genutzt“, erklärt Miles. „Wenn ich beispielsweise ein bestimmtes Möbelstück unbedingt haben wollte, habe ich im Internet nach einem günstigeren Anbieter geschaut.“
Einige Stücke hat das Paar auch selbst gestaltet. Dieser Esszimmertisch aus einer früheren Wohnung wurde verkürzt und mit neuen Beinen ausgestattet, um ihm einen anderen Look zu geben.
Clevere Lösung für Bullaugen-Problematik

Die übergroßen Bullaugen und das Oberlicht im Wohnzimmer sorgen einerseits dafür, dass die Hausboot-Räume viel natürliches Licht bekommen. Andererseits erwiesen sie sich bei der Anbringung von Jalousien oder Vorhängen auch als große Herausforderung. Das Paar fand letztlich eine clevere Lösung, indem die beiden entlang der Länge des Bootes Vorhangleisten installierten, hinter denen sich nun außerdem Rollos und LED-Leuchten verbergen.
Kindheit auf dem Boot

Auf dem Wasser leben – ist das kindersicher? Für Miles ist der Ort, an dem ihre Tochter Elara aufwächst, letztendlich auch nicht anders als ein konventionelles Zuhause. „Wir haben Kindersicherungen an den Fenstern und wir haben unser Deck kindersicher gemacht, so wie man es bei einem Balkon in einer Wohnung oder einem Haus auch machen würde.“
Traumkinderzimmer

Elaras Kinder- und Spielzimmer, das auf diesem und dem vorherigen Bild zu sehen ist, macht besonders viel Laune und ist farbenfroh und fröhlich eingerichtet, mit bunten Wänden und einer getupften Decke.
Individuelle Details

Miles hat der Einrichtung und dem Mobiliar an vielen Stellen ihren ganz eigenen Stempel aufgedrückt. Dieses Neon-Wandlicht, das an das gleichnamige oscarprämierte Filmmusical mit Ryan Gosling und Emma Stone erinnert, war beispielsweise auch eine ihrer Ideen, wie sie auf ihrem Instagram-Account erzählt.
Schlafen mit Ebbe und Flut

Eine der Besonderheiten des Lebens auf dem Wasser in London ist der Umgang mit Ebbe und Flut: Der Unterlauf der Themse bekommt in London die Gezeiten der Nordsee zu spüren, und da das Boot an einem neu gebauten Liegeplatz liegt, dauert es länger, bis es sich bei Ebbe im Schlamm festsetzt. Das Paar musste daher sein Schlafzimmer in letzter Minute umgestalten, um nicht „schräg schlafen“ zu müssen.
Design nach Augenmaß

In dem an das Elternschlafzimmer angeschlossenen Bad finden sich weitere Beispiele für kreative Designideen: Der Schrank, auf dem die Waschbecken sitzen, wurde aus einem alten Sideboard hergestellt, das mit einer Quarzplatte versehen wurde.
Da sich die Stahlwände des Bootes zusammenziehen und ausdehnen und eine Wasserwaage auf einem Boot unbrauchbar ist, musste ein Großteil des Einbaus nach Augenmaß erfolgen.
Der letzte Schliff

Der Deckbereich auf dem Dach des Boots wurde als Letztes fertiggestellt. Rund um das mittige Oberlicht aus begehbarem Hartglas haben sich Tully und Miles hier ihr Äquivalent eines Gartens angelegt, von dem sie Panoramablicke auf ihre Umgebung genießen.
Perfekt mit kleinen Abstrichen

Alles in allem sind Miles und Tully mit ihrem schwimmenden Zuhause mehr als zufrieden. Dennoch gibt es Dinge, die sie im Vergleich zum Leben in einem „normalen“ Haus vermissen: „Ich hätte sehr gerne einen Schuppen“, so Miles. „Wir haben zwar einiges an Stauraum geschaffen, aber manchmal wäre es trotzdem toll, einen separaten Platz dafür zu haben.“
Lust auf ein Hausboot in London?

Das Paar hat ihr Hausboot inzwischen auch auf Airbnb gelistet. Wer beim nächsten London-Trip mal ganz anders wohnen möchte, kann sich für umgerechnet rund 535 Euro pro Nacht einmieten.
Privatprojekt wird Business

Das unternehmerische Paar bringt seine Erfahrungen aus der eigenen Bootsrenovierung auch in ein Geschäft ein: Mit seinem Unternehmen Isla Yachts berät es Kunden bei der Verwirklichung ihrer Hausbootträume: vom Kauf des Bootes bis zur Komplettrenovierung und -umgestaltung. Das eigene Zuhause ist dafür auf jeden Fall das beste Vorzeigeprojekt.
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