Auch eine lange Geschichte schützt nicht vor dem Abriss: Lange Jahre war dieses Herrenhaus im mediterranen Stil eines der berühmtesten Gebäude im US-Bundesstaat Florida. Nichtsdestotrotz wurde das Anwesen von William Keith Kellogg, der gemeinsam mit seinem Bruder John Harvey die Kellogg Company gründete, 2021 in Schutt und Asche gelegt.

Sehen Sie hier, wie das Kellogg-Anwesen kurz vor seinem Abriss ausgehen hat. Ein Rundgang in Bildern ...

(US-Dollar-Beträge wurden in Euro umgerechnet.)

Adaptiert von Barbara Geier

Bevor die Abrissbirne in Betrieb gesetzt wurde, erhielt der Fotograf Leland Kent, der auf seinem Blog „Abandoned Southeast“ verlassene Orte dokumentiert, die Erlaubnis, das prächtige 700-Quadratmeter-Anwesen für die Nachwelt festzuhalten.

Die Kellogg-Villa war von italienischen Renaissance-Gebäuden aus dem 16. Jahrhundert inspiriert und ihre majestätisch rosa-weiße Stuckfassade wurde von Sträuchern und Palmen eingerahmt. Besonders auffallend ist der Vorbau mit klassischen Säulen am Eingang des Gebäudes mit Blick auf den Golf von Mexiko.

Obwohl das Haus von erheblichem architekturgeschichtlichem Wert ist, wurde es nie in das US-amerikanische National Register of Historic Places aufgenommen. Dieser fehlende Denkmalschutz trug dazu bei, dass es heute nicht mehr steht.

Beim Betreten der Eingangshalle wurden Besucher von Marmorsäulen mit blattvergoldeten korinthischen Kapitellen und maurischen Bögen mit bunten, handgemalten Wandmalereien begrüßt.

Nach Angaben einer lokalen Vereinigung für Denkmalpflege wurden einige der Wandgemälde vom berühmtesten Besitzer des Hauses in Auftrag gegeben, dem Industriemagnaten und Cornflakes-König William Keith Kellogg.

Die exquisiten Deckengemälde des Foyers wurden mit feinen Mosaikdetails verziert. Der prachtvolle Kronleuchter stammt wahrscheinlich aus den 1920er-Jahren, als das Haus von dem Geschäftsmann Edward Frischkorn gebaut wurde.

Frischkorn stand hinter der Entwicklung von Dunedin Isles, einer direkt am Wasser gelegenen Wohngegend in der Stadt Dunedin rund 25 Kilometer westlich von Tampa. Für sein eigenes Anwesen in der exklusiven Nachbarschaft wählte er ein erstklassiges Grundstück mit Blick auf die der Küste vorgelagerten Inseln Caladesi Island und Honeymoon Island. Er gab der Villa den mediterranen Namen Moreno.

Dieses über-opulente Wohnzimmer hätte auch in einem französischen Schloss nicht fehl am Platz gewirkt – und in der Tat waren Königspaläste und herrschaftliche Anwesen Vorbilder für den architektonischen Stil „Mediterranean Revival“, der in den 1920er-Jahren in den USA seinen Höhepunkt erreichte. Damals wurden viele Gebäude in den Küstenorten in Florida und Kalifornien nach diesen Ideen gestaltet.

Mit ihrem kunstvollen rosafarbenen und weißen Muster ist die hier zu sehende handgeschnitzte Kassettendecke das auffälligste Merkmal des Raumes. Die Marmorsäulen um den Kamin spiegelten als Miniaturausgaben die Säulen im Foyer.

Das Esszimmer fiel mit einer griechischen Wandmalerei in sanften Blautönen um den Kamin auf, der selbst mit einer nicht weniger ungewöhnlichen verzierten Metallhaube versehen war. 

Bei der Holzbalkendecke standen handgemalte Blumenmotive im Mittelpunkt. Geraffte Samtvorhänge an den raumhohen Fenstern gaben dem Raum einen Hauch von Theatralik.

Diese Küche im Erdgeschoss wurde im rustikalen Hacienda-Stil mit freiliegendem Mauerwerk, rotem Fliesenboden, Holzschränken und einem Mosaik, das eine Wüstenszene darstellt, gestaltet. Das wiederkehrende architektonische Merkmal der Bögen findet sich hier in der Form des Eingangs zur Küche und des Buntglasfensters.

Nachdem William Kellogg das Anwesen 1934 als Residenz für die Wintermonate erworben hatte, wurde es als Kellogg-Villa bekannt. Letztendlich verbrachte Kellogg angeblich nur zwei Winter in dem Anwesen. Der Name blieb dennoch.

Das Anwesen wird dem amerikanischen Architekten Addison Mizner zugeschrieben, der für seine Entwürfe im Stil des „Mediterranean Revival“ bzw. „Spanish Colonial Revival“ bekannt wurde. Beispiele für Mizners Stil finden sich im gesamten Haus, so auch in der geschwungenen Treppe im Hauptfoyer mit ihrem goldverzierten Marmorgeländer und grünem Handlauf. 

Selbst der zum Anwesen gehörende Aufzug war ungewöhnlich: Statt Kabine mit Metallverkleidung bestand er aus Samt mit luxuriösem Leopardenmuster. Auf dem hier zu sehenden Flur im Obergeschoss fallen zudem Wände mit spiegelndem, schwarzem Marmor und kunstvollen Wandmalereien sowie Spiralsäulen als architektonische Details auf.

Eine größere Aufnahme des Flurs zeigt, dass er insgesamt eher einem Ballsaal gleicht, mit einem polierten Holzfußboden und einer kunstvollen Decke mit handgemalten Blumenmotiven in Pastell.

Im Laufe seiner glanzvollen Geschichte hatte das Anwesen eine ganze Reihe verschiedener Bewohner. Während des Zweiten Weltkriegs diente es als Stützpunkt für die Streitkrafteinheit der US-Marines. Das Militär testete von der Kellogg-Villa aus panzerähnliche Amphibienfahrzeuge mit dem Spitznamen „Alligators“, die von dort zur nahe gelegenen Honeymoon Island manövriert wurden.

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Es gibt Schlimmeres, als an einem sonnigen Tag an diesem von Wandmalereien umrandeten Fenster zu sitzen und aufs Meer zu blicken. Kein Wunder bei solchen Aussichten, dass sich William Kellogg das Anwesen schnappte. Geld für teure Immobilien hatte er auf jeden Fall genug.

William und sein Bruder hatten 1898 eher zufällig Cornflakes erfunden und damit den Grundstein für ihren Reichtum gelegt. Heute werden die Produkte von Kellogg's in 180 Ländern verkauft und der Wert des Unternehmens wird auf 17,6 Milliarden Euro geschätzt.

Im Obergeschoss befand sich ein großes Schlafzimmer, das an königliche Gemächer erinnert. Im Mittelpunkt stand ein Himmelbett aus Kirschbaumholz auf einem Podest. Der Raum selbst ist mit Holz verkleidet, das mit feinen vergoldeten Schnitzereien verziert war. Laut der lokalen Tageszeitung „Tampa Bay Times“ stammte das Holz aus dem Nachlass des Vaters von US-Präsident Thomas Jefferson.

Direkt an das Schlafzimmer grenzte ein großes, goldverziertes Ankleidezimmer mit verspiegelten Schränken und einem heimeligen, von Marmor umrandeten Kamin. Die Einrichtung des Schlafzimmers und des Badezimmers stammt nicht aus der Zeit von William Kellogg, sondern wurde von späteren Besitzern umgestaltet.

Im zum Schlafzimmer gehörenden großen Bad wurde man von Marmor gleichsam erschlagen. Selbst der Whirlpool – höchster Luxus damals – war aus Marmor. Große Spiegelwände schafften die Illusion eines großzügigen Spa-Bereichs mit dekorativen Art-déco-Paneelen. Laut dem Sohn eines früheren Eigentümers gab es in jedem Badezimmer des Hauses einen speziellen Wasserhahn für Salzwasser aus dem Meer, dem aufgrund seines Mineralgehalts gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben wurden.

Direkt ans Bad schloss ein nicht weniger opulenter Raum mit einem aufwendig gestalteten Frisiertisch an. Die kunstvolle Laubverzierung des Raumteilers zum Bad war hier ein besonderer Hingucker.

Solche Opulenz kostete natürlich einiges, aber für William Kellogg stellte der Unterhalt eines Luxus-Anwesens kein Problem dar. Der clevere Geschäftsmann hatte 1909 die Idee, seine Cornflakes-Packungen mit Spielzeug und Büchergutscheinen anzureichern, was dazu führte, dass Kinder bei ihren Eltern den Kauf der Kelloggs-Produkte „einforderten“. Diese Marketingtaktik kurbelte die Verkäufe gewaltig an.

Bei diesem Schlafzimmer fehlt auf dieser Aufnahme zwar das Bett. Der Baldachin mit Vorhang vermittelt aber denselben royalen Touch wie in dem vorherigen großen Schlafzimmer. Die gerafften Vorhänge an den Fenstern verstärkten diesen Eindruck noch. Die Türen rechts führen auf einen Balkon, der einen herrlichen Blick aufs Meer bot.

In diesem kleineren Badezimmer fallen die vielen dekorativen Details auf, wie die farbliche Gestaltung in Rosé und Blautönen und das gemalte Wandbild.

Kellogg schenkte das Anwesen schließlich seiner in den 1930er-Jahren gegründeten Wohltätigkeitsorganisation Kellogg Foundation, die sich den Themen Bildung und Gesundheit für Kinder widmet und heute weltweit zu den größten wohltätigen Stiftungen gehört, die auf ein Privatvermögen zurückgehen.

Hier sehen wir ein weiteres Schlafzimmer, das weniger opulent eingerichtet war als die bisherigen. Stattdessen: Blumentapeten, ein dicker, rosafarbener Teppich sowie ein religiöses Gemälde von Mutter und Kind in einem verschnörkelten Goldrahmen.

Das Haus wurde 1946 von der Kellogg Foundation für 63.500 Dollar an William und Caroline Nolan verkauft, wie die Tageszeitung „Tampa Bay Times“ berichtete. Das entspricht heute etwa 924.000 Euro. 

Mit ihrer dunklen Holzvertäfelung und den Buntglasfenstern mit Familienwappen hätte diese Nische auch in eine mittelalterliche Burg gepasst. Der auf dem Wappen eingravierte Name „Matthew“ verweist auf einen weiteren einflussreichen Besitzer des Anwesens ...

In den 1960er-Jahren kaufte Bill Matthew die Kellogg-Villa und machte sie für die nächsten 40 Jahre zu seinem Wohnsitz. Der Geschäftsmann verdiente in dieser Zeit viel Geld damit, die Fusionen und Übernahmen zahlreicher US-Zeitungsverlage abzuwickeln, und er ergänzte das Anwesen mit extravaganten Elementen.

Wie zum Beispiel diese Disco mit einem auffällig bemalten Fußboden von dem in Berlin geborenen amerikanischen Pop-Art-Künstler Peter Max. Zu dem Raum gehörte auch eine einziehbare Decke, damit Gäste mit Blick auf den Sternenhimmel die Nächte durchtanzen konnten.

Bei Räumlichkeiten wie diesem kann man sich leicht glamouröse Partys vorstellen, die in der Villa stattgefunden haben. Matthew ließ dieses Zimmer zur Unterhaltung seiner Gäste einrichten – hier befanden sich vielleicht einmal ein Billardtisch, Kartentische oder sogar ein Spielautomat.

Im Einklang mit dem „Mediterranean Revival“-Stil greifen Elemente wie kunstvolle Glasfenster und Innenbögen mit kunstvollen Mosaiken die architektonischen Wurzeln des Hauses auf.

Auch diese geschwungene Bar erinnert an die wilden 60er-Jahre, mit Mosaik-Intarsien und aufwendigen Lederpolsterungen. Die verspiegelte Decke bot Gästen die Möglichkeit, den Barkeepern bei der Arbeit zuzusehen.

Neben Partys wurde im Anwesen aber auch Geld verdient, denn der Medienmogul Matthew leitete seine sehr gewinnbringenden Geschäfte von seinem Zuhause aus.

Die Bar auf dem Dach des Hauses war ein besonderes Highlight. Als dieses Bild aufgenommen wurde, war sie zwar bereits in einem schlechten Zustand, aber man kann sich dennoch vorstellen, wie die Gäste des Hausbesitzers hier ihre Drinks genossen haben. Die Bar war mit einer aufwendigen Wandmalerei im griechischen Stil vom lokalen Künstler Don Ringelspaugh sowie einer gekachelten Verkleidung aufwendig gestaltet. 

Whirlpool ist nicht gleich Whirlpool. Dieser mit Blick aufs Wasser war von klassischen Säulen und einem Mosaik in griechischem Stil umgeben. Eingebettet war die Entspannungsoase in den rosa-weißen Stuck der Außenwände des Kellogg-Anwesens.

Bei dieser Terrasse im maurischen Stil gingen Natur und Architektur eine harmonische Verbindung ein. Die Torbögen und Holzgitter gaben den Blick auf das umliegende Grün frei und die sechseckigen Bodenfliesen griffen das bereits bekannte griechische Thema auf. 

Wenig überraschend gab es auch im Garten der Kellogg-Villa auffällige Strukturen. Dieser überdachte Gang, der in der heißen Mittagssonne im Schatten lag, war von alten Bäumen und Sträuchern umgeben, die zu bewohnen Zeiten natürlich perfekt gepflegt wurden. Besonderes Merkmal des Gangs: die exquisiten floralen Metallarbeiten an den Bögen.

Dieses Bild vermittelt einen Eindruck davon, wie weitläufig das Anwesen mit all seinen Ecken und Winkeln war. Die vielen Balkone, Terrassen, Gänge und bodentiefen Fenster waren Teil des mediterranen Stils, bei dem Architektur und Natur miteinander verschmelzen.

Im Jahr 2013 stand die Villa wieder zum Verkauf und suchte für rund 4,2 Millionen Euro einen neuen Besitzer. In den nächsten sieben Jahren zeigte jedoch niemand Interesse.

2021 fand sich schließlich ein Käufer, der für das Anwesen 3,7 Millionen Euro bezahlte. Doch sobald der Kauf in trockenen Tüchern war, beantragten die neuen Eigentümer eine Abrissgenehmigung und führten als Grund weitreichende Asbest-, Schimmel- und Strukturprobleme an, die das Haus unbewohnbar machen würden.

Auf diesem Foto ist einer der Außengänge des Hauses zu sehen, der mit dem Mosaikbild eines griechischen Wasserbrunnens geschmückt war.

Nachdem die Genehmigung für den Abriss erteilt worden war, gab es Versuche, zumindest Teile des Anwesens zu retten, wie dieses Gästehaus mit einem schönen Mosaikboden im Eingangsbereich. Der Plan, dieses Häuschen an einen anderen Ort zu transportieren, scheiterte jedoch.

Die Mauern des Hauses waren dem Abriss geweiht, für zumindest Teile der Einrichtung gab es jedoch ein Happy End: Im Rahmen der Eigentumsübertragung hatte der Käufer einen Vertrag unterzeichnet, der es der Stadt Dunedin gestattete, eine Reihe von antiken und wertvollen Gegenständen aus dem Gebäude zu entfernen, die einen Wert von rund 92.000 Euro gehabt haben sollen. 

Der Abriss der Kellogg-Villa im Sommer 2021 wurde vom „Center for Digital Heritage and Geospatial Information“ der University of Florida festgehalten. Obwohl es das Haus physisch nicht mehr gibt, lebt es nun in digitaler Form weiter: Wissenschaftler der University of South Florida kartierten und fotografierten das gesamte Anwesen vor seiner Zerstörung und bauten es auf dieser Basis mithilfe von Virtual-Reality-Technologie nach. Von September 2023 bis März 2024 konnte die Villa daher im Rahmen einer virtuellen Ausstellung besichtigt werden.

Für Denkmalschützer war der Abriss der Kellogg-Villa tragisch. Das Vermächtnis des Gebäudes, das fast 100 Jahre lang an der Küste Floridas als Wahrzeichen galt, und die Geschichten seiner illustren früheren Besitzer leben in der Erinnerung der Menschen – und unterstützt von Technologie – jedoch weiter. 

Anstelle des prachtvollen Anwesens wird übrigens ein neues Haus gebaut. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass es dem rosafarbenen Palast des Kellogg-Königs gleichkommt.

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