Dafür verprasst Kim Jong-un Milliarden – obwohl Nordkorea hungert
Die paradoxen Ausgaben eines Diktators

Seit 1948 wird Nordkorea von einem autoritären, kommunistischen Regime regiert und die Lebensbedingungen der Bevölkerung sind äußerst trostlos. Rund 70 Prozent fehlt es an Essen, viele Menschen sind auf Nahrungsmittelspenden aus dem Ausland angewiesen. Wieder hat Diktator Kim Jong-un die Nahrungsmittelknappheit in seinem Land eingeräumt und versprochen, das Problem lösen zu wollen – eine Absicht, die seinen bisherigen Ausgabengewohnheiten widerspricht. Denn Kim hat über die Jahre Unsummen in Waffenprogramme und andere Projekte gesteckt, die mehr seiner Eitelkeit schmeicheln als die Bedürfnisse seines Volkes befriedigen. Nach diversen Raketentests und neuen US-Sanktionen für Nordkorea, zeigen wir Ihnen hier, wofür der Diktator gern das Regierungsgeld ausgibt.
Ein riesiges Stadion

Das „Rungrado May Day“-Stadion in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang fasst rund 150.000 Zuschauer und ist damit eine der größten Arenen der Welt. Der Bau von 1986 bis 1989 verschlang schätzungsweise mehr als 200 Millionen Euro. 2013 beschloss die nordkoreanische Regierung, das Stadion umzugestalten, damit es auch für große Fußballspiele verwendet werden kann. Vor allem wird die Arena allerdings für die sogenannten Massenspiele genutzt, eine Propaganda-Veranstaltung des Regimes mit Zehntausenden Tanzkünstlern, vor allem Kindern, die jedes Jahr zwischen August und Oktober über die Bühne geht.
Ein Urlaubsort am Meer

Kim Jong-un verkündete im Rahmen seiner Neujahrsansprache 2018 stolz Pläne, seinen Geburtsort Wonsan in ein luxuriöses Strandresort zu verwandeln. Aktuell ist Wonsan eine Industriehafenstadt, doch künftig wolle man hier mit pyramidenförmigen Hotels, privaten Villen und einem künstlichen See Touristen aus Südkorea, Japan und anderen Ländern anlocken, berichtete das Nachrichtenportal NK News. Kurz nach der Rede des Diktators begann das riesige Bauprojekt an einem knapp fünf Kilometer langen Küstenabschnitt, der weit genug vom Zentrum entfernt ist, um den Abstand zwischen Touristen und Einheimischen wahren. Donald Trump hat dem künstlichen Urlaubsparadies sein Gütesiegel verliehen und lobte dessen „großartige Strände“.
Ein Urlaubsort am Meer

Der Tourismus ist ein Versuch des Regimes, Nordkoreas Image sowohl im Ausland als auch in der eigenen Bevölkerung aufzupolieren. Gleichzeitig ist er eine willkommene Geldquelle. Die Reisebranche wurde als eine der wenigen im Land bislang von internationalen Sanktionen verschont. Doch die Corona-Pandemie hat das Vorhaben bis auf weiteres zum Stillstand gebracht – unbeschwertes Reisen ist derzeit kaum mehr möglich. Und auch wenn der Tourismus zurück ist, darf angenommen werden, dass das Besucheraufkommen in Nordkorea vor allem davon abhängt, wie sich die Beziehungen des Landes zum Rest der Welt entwickeln. Mit seinem Atomprogramm und der Kriegsrhetorik hat sich Nordkorea zuletzt wenige Freunde gemacht.
Flughäfen

Die Spitzenbeamten des Regimes betrachten moderne Flughäfen als ein Schlüsselsymbol des nordkoreanischen Nationalstolzes – allein in den vergangenen Jahren wurden zwei große Bauprojekte realisiert: 2015 eröffnete ein internationales Terminal am Flughafen Pjöngjang, das mit riesigen Glaswänden, einem Duty-Free-Bereich und sogar einem Schokoladenbrunnen aufwartet. Das zweite ist eine 500 Meter lange Landebahn auf einem ehemaligen Militärflughafen, der in Wonsan zur potenziellen Touristen-Drehscheibe umgebaut wurde. Er befindet sich in der Nähe des geplanten Urlaubsortes und einem der Privatpaläste von Kim Jung-un.
Flughäfen

Die Flughäfen sehen zwar wie die im Westen aus, aber ein genauerer Blick legt die Vermutung nahe, dass vieles davon reine Show ist. 2015 etwa fiel einem Journalisten des britischen „Guardian“ auf, dass der Internetraum am Flughafen Pjöngjang über keinen Netzanschluss verfügte. Zwei Jahre später berichtete NK News, dass der Flughafen von Wonsan seit seiner Eröffnung 2015 keinen einzigen internationalen Flug durchgeführt habe, während von Pjöngjang pro Tag immerhin ein bis zwei Maschinen in Richtung Ausland abheben würden. Die nordkoreanische Fluggesellschaft Air Koryo wird regelmäßig zur schlechtesten der Welt gewählt.
Pjönghattan

Obwohl die Infrastruktur in Nordkoreas ländlichen Gebieten bis heute kaum ausgebaut ist und es der dortigen Bevölkerung an Nahrungsmitteln, fließendem Wasser und Strom fehlt, steckt die Regierung ihr Geld weiter fast ausschließlich in die Hauptstadt. Kim Jong-un hat Unsummen ausgegeben, um einzelne Viertel von Pjöngjang zu verschönern, die Pressevertretern vorgeführt, für Propagandazwecke verwendet und an Elite-Beamte verkauft und verschenkt wurden. Die Dutzenden neuen Wolkenkratzer haben der nordkoreanischen Hauptstadt als Anspielung auf Manhattan sogar den Beinamen „Pjönghattan“ eingebracht.
Pjönghattan

Die Hochhäuser mit ihren oft knallbunten Fassaden bilden einen starken Kontrast zu den einheitlich grauen Türmen, die einst das Bild der Hauptstadt prägten. Doch hinter dem schönen Schein verbergen sich laut dem britischen „Daily Telegraph“ allerlei Vorwürfe, unter anderem geht es um Kinderarbeit und Baufehler. Der Zeitung zufolge wurden hochrangige Beamte hingerichtet, nachdem ein Wohnblock eingestürzt war und viele Bewohner mit in den Tod gerissen hatte.
Luxuswaren

Der Import von Luxuswaren ist seit der Machtübernahme von Kim Jong-un 2011 sprunghaft angestiegen. Der nordkoreanische Diktator hat eine Vorliebe für teure Dinge und besitzt unter anderem eine Uhrensammlung, deren Wert laut dem britischen „Telegraph“ auf umgerechnet rund 8 Millionen Euro geschätzt wird. Kim Jong-un soll auch bis zu 100 Autos angesammelt haben, darunter viele seiner Lieblingsmarke Mercedes-Benz.
Luxuswaren

Als Kim Jong-un 2018 in einem neuen Rolls-Royce im Wert von mehr als 400.000 Euro zu einem Treffen mit dem damaligen US-Außenminister Mike Pompeo (im Bild) vorfuhr, erntete er dafür viel Kopfschütteln. Ein Experte sagte dem „Daily Telegraph“, der Diktator hätte die UN-Sanktionen als „einen Witz“ bezeichnet, da Autos wie dieses sonst ja unmöglich in Nordkorea hätten verkauft werden können. Unbestritten ist jedenfalls, dass Kim Jong-un eine Vorliebe für teure Spielzeuge hat – und diese auch gern vorführt.
Eine Superjacht

Die meisten von uns wären schon mit einer kleinen Jacht mehr als glücklich, doch das Exemplar von Kim Jong-un ist stolze 61 Meter lang. Der ehemalige US-Basketballspieler Dennis Rodman, der mit dem Alleinherrscher befreundet ist, beschrieb sie als „eine Mischung aus Fähre und Disney-Boot“. Die luxuriöse Prinzess-Jacht ist mit Fendi-Interieur ausgestattet, ihr Wert wird auf rund 8 Millionen Euro geschätzt.
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Ein luxuriöser Privatjet

Kim Jong-un selbst hat Einblicke in seinen neuen Privatjet gegeben, den er in Anspielung auf das US-Präsidentenflugzeug Air Force One auf „Air Force Un“ getauft hat. Die Maschine ist mit luxuriösen Details wie Kristallaschenbechern und Ledersofas ausgestattet und soll umgerechnet rund 1,4 Millionen Euro gekostet haben.
Private Start- und Landebahnen

Ein nach Kundenwunsch gebautes Privatflugzeug reichte dem nordkoreanischen Führer jedoch nicht aus. Nachdem er seine Jets aufgemotzt hatte, steckte er zusätzlich Hunderttausende Euro in private Start- und Landebahnen in der Nähe seiner zahlreichen Paläste, um lange Anreisewege zu vermeiden.
Museum der Gastgeschenke

Auch wenn das Regime nicht unbedingt bekannt dafür ist, freundschaftliche Beziehungen zum Rest der Welt zu pflegen, ist es bemüht, den Schein des globalen Respekts für die eigene Bevölkerung zu wahren. Zu diesem Zweck wurde ein riesiges Museum mit Geschenken aus anderen Ländern errichtet, in dem mehr als 100.000 Objekte ausgestellt sind, die ältesten davon aus den 1940ern. Die sogenannte „International Friendship Exhibition“ wurde in einen Berg gebaut und soll dem „Independent“ zufolge von zahlreichen Nordkoreanern frequentiert werden.
Museum der Gastgeschenke

Unter den Ausstellungsstücken befindet sich ein von US-Basketballstar Michael Jordan signierter Ball, der von der ehemaligen amerikanischen Außenministerin Madeleine Albright gespendet wurde. Angeblich ist einer von Kims Söhnen großer Jordan-Fan. Weitere Objekte sind eine kugelsichere Limousine des sowjetischen Diktators Josef Stalin und ein Schwert des ehemaligen libyschen Herrschers Muammar Gaddafi. Auch kleine Geschenke von einfachen Menschen aus dem Ausland werden stolz präsentiert – und über jedes neue, das dazukommt, wird in den staatlichen Medien stolz berichtet.
Ein Wasserpark

Kim Jong-uns Vater hatte ein Faible für große Militärdenkmäler, sein Sohn hingegen scheint Freizeiteinrichtungen wie im Westen als wichtiger anzusehen, um sich die Unterstützung seines Volkes zu sichern. Der riesige Munsu Water Park wurde 2013 eröffnet und verfügt laut dem „Daily Mirror“ über Innen- und Außenpools, viele Rutschen, Wellenmaschinen, ein Fitnessstudio und sogar eine Brauerei. „Dies könnte Florida oder Dubai sein, wenn es da nicht die lebensechte Wachsfigur des Ewigen Vorsitzen gebe“, schrieb ein „Guardian“-Autor nach seinem Besuch.
Ein Wasserpark

Der Wasserpark hat auch einen Frisiersalon, in dem die Besucher aus angeblich 28 staatlich genehmigten Haarschnitten wählen können. Der Park richtet sich an die Elite des Landes, da nur diese sich einen Besuch überhaupt leisten kann – die Oberschicht soll bei Laune gehalten werden, um Kim Jong-un weiter zu unterstützen. Laut staatlichen Nachrichtenagenturen besuchten im ersten Jahr 880.000 Menschen den Wasserpark. Andere Berichte deuten jedoch darauf hin, dass die tatsächliche Zahl eher bei 200.000 liegen dürfte.
Ein Skiresort

Das 2013 eröffnete Luxus-Skiresort von Nordkorea kostete geschätzte 33 Millionen Euro. Eine stattliche Summe für ein Land, das seiner Bevölkerung kaum medizinische Versorgung bieten kann. Laut dem „Guardian“ stehen den Gästen des Masikryong-Resort 112 Kilometer Pisten und luxuriöse Chalets zur Verfügung, die jenen europäischer Ski-Orte ähneln. Es scheint ein weiterer Versuch von Kim Jong-un zu sein, zu demonstrieren, dass Nordkorea in puncto Freizeiteinrichtungen locker mit dem Westen mithalten kann.
Ein Skiresort

Der „Daily Telegraph“ spekuliert, dass Kim Jong-un während seines Aufenthalts in einem Elite-Internat in der Schweiz seine Liebe zum Skifahren entdeckt hat. Laut der BBC könnte das Skiresort auch dazu beitragen, den sportlichen Ruf des Landes zu verbessern, indem Nordkorea bei künftigen Olympischen Winterspielen besser abschneidet. Der Haken: Skifahren ist im Land eine Randsportart. Gerade einmal 0,02 Prozent der Bevölkerung standen schon einmal auf den Brettern.
Ein Delfinaquarium

2012 wollte die nordkoreanische Führung den Erfolg ihres neuen Delfinaquariums sicherstellen, indem sie die künftigen Trainer zur Ausbildung nach China schickte. Die Anlage in Pjöngjang verwendet Meerwasser, das über 109 Kilometer lange Rohre in die Pools gepumpt wird. Die Delfinattraktion ist Teil des Rungna People’s Pleasure Ground, einem Vergnügungspark mit Achterbahnen, einer Minigolfanlage und einem 4D-Kino.
Ein Delfinaquarium

Doch nur wenige nordkoreanische Kinder werden die Möglichkeit haben, jemals die Delfine und den Themenpark zu besuchen. Rund ein Drittel der Minderjährigen in Nordkorea ist unterernährt, viele leiden unter Wachstumsverzögerungen. Kinderarbeit ist laut den Vereinten Nationen in der Landwirtschaft, im Baugewerbe und im Bergbau alltäglich. Zahlen wie diese lassen Delfinshows absurd erscheinen, aber „wenn Kim versucht, den Nordkoreanern ihren Wohlstand vor Augen zu führen, ist der Bau von Luxusdestinationen wahrscheinlich ein effektiver Weg“, wie es die Zeitung „Atlantic“ ausdrückt.
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Das vermeintliche Rekord-Hotel

Kim Jong-uns Regierung ist bestrebt, die Welt auf seine Paraden, Raketentests und Flughäfen aufmerksam zu machen, andere Dinge würde man aber wohl lieber unter den Teppich kehren. So zum Beispiel das 105-stöckige Ryugyong-Hotel, dessen Bau 1987 begann. Das pyramidenförmige Wahrzeichen von Pjöngjang wäre vielleicht das höchste Gebäude der Welt gewesen, wäre es wie geplant 1989 fertiggestellt worden. Doch der Bau verzögerte sich und wurde 1992 infolge der Wirtschaftskrise nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, die Nordkorea unterstützt hatte, eingestellt.
Das vermeintliche Rekord-Hotel

Jahrelang bestand das milliardenschwere Prestigeprojekt nur aus einer Betonhülle, bis 2008 die Arbeiten wieder aufgenommen wurden. Weiter als bis zur Außenverglasung schaffte man es jedoch auch diesmal nicht. 2017 der nächste Anlauf – es wurden Zufahrtsstraßen gebaut. 2019 folgten LED-Anzeigen am Gebäude. Dennoch steht das Hotel bis heute leer. Mit seinen 329 Metern kann es inzwischen höchstens noch den Titel des höchsten unbewohnten Gebäudes der Welt beanspruchen.
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Militär und Atomprogramme

Nordkoreas Herrscher haben immer auf große militärische Machtdemonstrationen gesetzt, um die Unterstützung ihres Regimes zu gewährleisten. Kim Jong-un scheint eine besondere Vorliebe für Atomwaffen zu haben und hat vier der sechs Atomtests durchgeführt, die Nordkorea je erlebt hat. Ein heftiger Streit mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump war die Folge. Innerhalb nur weniger Jahre hat Kim laut Reuters zudem mehr Raketen getestet als sein Vater und sein Großvater zusammen, allein im Jahr 2017 waren es 23.
Schätzungen der US-Regierungsorganisation America’s World Military Expenditures and Arms Transfers zufolge hat Nordkorea von 2007 bis 2017 pro Jahr rund 4 Milliarden Euro für sein Militär ausgegeben. Das entspricht 21,9 bis 24,4 Prozent des BIP. Diese Zahlen sind im internationalen Vergleich extrem hoch und umso erstaunlicher, wenn es dem Großteil der Bevölkerung sogar an der Grundversorgung fehlt. Die südkoreanische Regierung geht davon aus, dass ihr nördlicher Nachbar allein für Atomprogramme mehr als 3 Milliarden Euro ausgegeben hat.
Militär und Atomprogramme

Im Januar 2021 enthüllte Nordkorea während einer Parade zur achten Kongressparty seiner Regierungspartei ein U-Boot, das Raketen abschießen kann – nur wenige Tage, bevor Joe Biden als US-Präsident vereidigt wurde. Kim Jong-un erklärte die USA zu Nordkoreas „größtem Feind“ und veröffentlichte drei Fotos (inklusive diesem hier) von sich, auf denen er sein neuestes Kriegsspielzeug inspizierte. Laut Experten ist es groß genug, um Atomwaffen zu transportieren. Auf diese Weise könnte der Diktator jederzeit überraschende Atomangriffe starten.
Militär und Atomprogramme

Die jüngsten Raketentests zeigen, dass selbst eine globale Pandemie Kims Ambitionen nicht stoppen kann. Nachdem er bereits 2021 mehrere Raketen abgefeuert hatte, startete Nordkoreas Diktator mit dem Test einer Hyperschallrakete ins Jahr 2022. (Hyperschallraketen sind Waffen, die sich mindestens fünfmal schneller als die Schallgeschwindigkeit fortbewegen können).
Obwohl Südkorea bezweifelt, dass die Rakete so stark ist, wie der nördliche Nachbar behauptet, zeigt der Test dennoch die Entschlossenheit Nordkoreas, seine militärische Macht zu demonstrieren. Als Reaktion verhängten die USA umgehend Sanktionen gegen Nordkoreas Waffenprogramm sowie gegen eine russische Firma, die für den Zulieferer gehalten wird. Doch Kim hörte nicht auf und weitere Rakententests folgten, darunter der einer riesigen Interkontinentalrakete. Berichten zufolge soll Nordkorea sogar eine geheime Raketenbasis nahe der chinesischen Grenze haben, in der Waffen mit einer Reichweite bis nach Amerika gelagert werden könnten.
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