Blaue Zonen: An diesen Orten leben die Menschen am längsten
Was ist das Geheimnis der ältesten Menschen der Welt?

Die sogenannten „Blauen Zonen“ scheinen eine besondere Faszination auszuüben, denn sie landen regelmäßig in den Schlagzeilen: An diesen Orten, die weltweit zu finden sind, werden die Menschen 100 Jahre oder sogar älter, ohne dass sie von vielen der Krankheiten heimgesucht werden, die normalerweise mit dem Alter einhergehen.
Was es mit den Blauen Zonen auf sich hat und welche Geheimnisse hinter einem langen und gesunden Leben stecken …
(Fremdwährungen wurden in Euro umgerechnet. Genannte Preise: Stand November 2024)
Adaptiert von Barbara Geier
Was sind die Blauen Zonen?

Der Begriff „Blaue Zonen“ wurde durch die Arbeiten des US-amerikanischen Autors Dan Buettner und seinen 2005 im Magazin „National Geographic“ erschienen Artikel zu dem Thema bekannt. Zusammen mit einem Team von Wissenschaftlern, die den Begriff ursprünglich geprägt hatten, war Buettner durch die Welt gereist, um Gegenden zu identifizieren, in denen Menschen überdurchschnittlich lange leben.
Ziel war es, hinter die Geheimnisse der Langlebigkeit zu kommen. Der Autor veröffentlichte auf Basis der Forschungen eine „Blue Zones“-Buchreihe, die eine Netflix-Dokumentation („Wie wird man 100 Jahre alt? Die Geheimnisse der Blauen Zonen“) inspirierte. Auf diesem Bild ist Buettner mit einem außergewöhnlich jugendlichen 86-jährigen Costa Ricaner zu sehen, der in der 2023 veröffentlichten Serie vorkommt.
Das Thema Langlebigkeit ist inzwischen weltweit eine lukrative Branche geworden, die sich um die gesunde Verlängerung der Lebenszeit kümmert und in der laut der Allied Market Research Group bis 2030 über 53 Milliarden Euro stecken sollen.
Erfolgsfaktoren für ein langes Leben

Buettner fand gemeinsam mit den Wissenschaftlern heraus, dass die Menschen in den insgesamt fünf Blauen Zonen, die ursprünglich identifiziert wurden, neun spezifische Gewohnheiten teilen. Diese werden als Power 9® bezeichnet und konzentrieren sich auf die Bereiche Ernährung, körperliche Aktivität, gemeinschaftliches Leben und positive Lebenseinstellung. In Kombination sind sie laut der Blaue-Zonen-Forschung wesentlich für ein langes, gesundes Leben.
Dieses Schaubild schlüsselt die Gewohnheiten im Detail auf – und wir schauen uns die Blauen Zonen und ihre langlebigen Menschen jetzt genauer an …
Wo liegen die Blauen Zonen?

Die Blauen Zonen finden sich auf der italienischen Insel Sardinien, auf den Okinawa-Inseln in Japan, in Loma Linda in Kalifornien, auf der griechischen Insel Ikaria und auf der Halbinsel Nicoya in Costa Rica. Neben diesen ursprünglichen Blauen Zonen gibt es inzwischen eine weitere, aber dazu später mehr.
Auf den ersten Blick haben die fünf genannten Regionen nicht unbedingt viel gemeinsam. Ihre Bewohner scheinen das Geheimnis für ein langes Leben ohne Krankheit jedoch entschlüsselt zu haben.
Blaue Zone: Sardinien in Italien

Das mediterrane Urlaubsparadies Sardinien war die erste Blaue Zone, die identifiziert wurde. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wurde 2004 festgestellt, dass es in der Bergregion Barbagia im Osten der Insel außergewöhnlich viele Hundertjährige gibt.
Der italienische Wissenschaftler Dr. Gianni Pes hatte die entsprechenden Gemeinden auf einer Karte mit einem blauen Punkt markiert, woraus der heutige Begriff für die fünf Langlebigkeitsregionen entstand.
Durchschnittliche Lebenserwartung auf Sardinien (Frauen): 85,17 Jahre

Laut Statista liegt die Lebenserwartung auf Sardinien bei etwa 83 Jahren – Frauen werden knapp über 85 und Männer fast 80. Man geht jedoch davon aus, dass die Menschen im Hochland Sardiniens deutlich länger leben.
Durch die relativ isolierte Lage wurde dort die genetische Zusammensetzung der Bevölkerung bewahrt. Das könnte zum Teil erklären, warum es in dieser Region fast zehnmal so viele Hundertjährige pro Kopf gibt wie in den USA. Laut einem der involvierten Wissenschaftler, Dr. Gianni Pes, sind die guten Gene jedoch nur zu etwa 20 Prozent für die Unterschiede in der Lebenserwartung verantwortlich.
Sardinien: Körperliche Bewegung und menschliche Gesellschaft

Die hügelige Landschaft der Barbagia-Region fordert den Bewohnern auf natürlich Weise ein tägliches körperliches Training ab, sobald sie das Haus verlassen. Die Menschen wohnen zudem so nah beieinander, dass sich keiner allein fühlt.
Allerdings ist in vielen der Dörfer in der Region in jüngerer Zeit eine Auszugsbewegung zu beobachten. Familien ziehen auf Arbeitssuche in die Städte und vor einigen Jahren wurden Häuser im Rahmen eines Programms zur Verjüngung der Gegend und zur Renovierung baufälliger Immobilien für nur einen Euro verkauft.
Wer sich einen Altersruhesitz in der Gebirgsregion zulegen möchte, muss aktuell für ein renoviertes Haus mit vier Schlafzimmern etwa 100.000 Euro einkalkulieren.
Sardinien: Die Familie zählt

Auf Sardinien steht die Familie im Mittelpunkt, deren Mitglieder sich umeinander kümmern. Die Großeltern erziehen die Enkelkinder mit und geben so alte Traditionen über Generationen hinweg weiter.
Altersheime gibt es wenige auf der Insel, denn Familien empfinden es als eine Schande, die Eltern im Alter abzuschieben. Stattdessen leben oft zwei oder drei Generationen gemeinsam in einem Haushalt. Die älteren Familienmitglieder kochen und helfen bei den täglichen Hausarbeiten mit, was sie sowohl körperlich als auch geistig gesund hält.
Sardinien: Wo auch Männer alt werden

Besonders auffällig an der Blauen Zone auf Sardinien ist, dass es dort genauso viele männliche wie weibliche Hundertjährige gibt. Wie Buettner in einem Interview mit dem US-Fernsehprogramm „NBC News“ erläuterte, kommen auf einen männlichen Hundertjährigen in den USA fünf weibliche Hundertjährige – in der langlebigen Bergregion Sardiniens ist das Verhältnis 1:1.
Die Männer waren dort traditionell Hirten, die ihren Herden ständig bergauf und -ab hinterherliefen. Dies ist nicht nur gut für das Herz-Kreislauf-System, sondern schützt auch vor Stress. Außerdem treffen sich die Herren normalerweise jeden Nachmittag mit ihren Freunden auf ein Glas Cannonau-Wein, der zwei- bis dreimal so viele arterienreinigende Flavonoide enthält wie andere Weine. Der Begriff „Happy Hour“ nimmt hier ganz neue Dimensionen an!
Blaue Zone: Okinawa-Inseln in Japan

Wer würde in einem Paradies, das so aussieht, nicht gerne uralt werden?
Zur Inselgruppe Okinawa gehören 160 Inseln im ostchinesischen Meer zwischen Taiwan und dem japanischen Festland. In diesem „Land der Unsterblichen“, wie es von den Medien in der Vergangenheit genannt wurde, leben die ältesten Menschen überhaupt – die meisten davon auf der Okinawa-Hauptinsel.
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Durchschnittliche Lebenserwartung auf Okinawa (Frauen): 87,4 Jahre

Im Vergleich zu US-Amerikanern sind die Krebs-, Herzkrankheits- und Demenzraten bei den Menschen auf den Okinawa-Inseln deutlich niedriger. Die Frauen halten mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 87,4 Jahren den Altersweltrekord. Deutsche Frauen kommen im Durchschnitt auf 83 Jahre, in Österreich sind es 84,2 Jahre, in der Schweiz 85,8 Jahre.
Die Gründe für die Langlebigkeit liegen in einem Mix aus Faktoren, zu denen Ernährung, Bewegung und gemeinschaftliches Leben gehört. Die hier zu sehenden Damen sind 75, 82 und 84 Jahre alt und Teil einer sozialen Gruppe, die in Japan als „Moai“ bezeichnet wird. Das sind Freundschaftsgruppen, die bis ins hohe Alter halten und, wenn nötig, emotionale und finanzielle Unterstützung bieten.
Okinawa: Harmonisches Miteinander

Häuser in Okinawa sind für ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit konzipiert. Dieses traditionelle Haus mit rotem Ziegeldach auf der Insel Taketomi ist ein Beispiel für das Leben in Harmonie mit der Natur. Innen- und Außenbereiche gehen nahtlos ineinander über.
Anstelle von Türen haben das Tor und das Haupthaus, das „Ufuya“ genannt wird, einen traditionellen Außenkorridor, der typisch für die Okinawa-Inseln ist und die Häuser offen und einladend macht.
Wem das gefällt: Auf der Hauptinsel stand im November 2024 in der Stadt Nago im Norden ein ähnliches traditionelles Haus für knapp 105.000 Euro zum Verkauf.
Okinawa: Pflanzliche Ernährung

Gärten sind der Schlüssel zum Leben in dieser Blauen Zone: Die meisten Hundertjährigen auf den Okinawa-Inseln bewirtschaften einen Garten, der ihnen täglich Bewegung bietet und sie mit frischem Gemüse versorgt.
Die älteren Inselbewohner haben sich fast ihr ganzes Leben lang pflanzlich ernährt. Ihre Schnellbratgerichte bestehen aus Gemüse, Süßkartoffeln und Tofu. Das ist kalorienarm und reich an Antioxidantien, die den Körper vor Entzündungen und Krankheiten schützen.
Laut der BBC verzehren die Menschen auf den Okinawa-Inseln nur ein Drittel des durchschnittlichen Zuckerkonsums in Japan und essen ihre Mahlzeiten auf kleinen Tellern. Vor allem aber halten sie sich an eine alte Weisheit, die besagt, dass man nur essen soll, bis man zu 80 Prozent satt ist.
Okinawa: Immer in Bewegung bleiben

Vor allem okinawanische Frauen sind fast immer aktiv, sei es bei der Gartenarbeit oder auf Spazierengängen. Sie setzen sich selten hin und in ihren Häusern gibt es nur wenige Möbel. Die Menschen sitzen auf Tatami-Matten und die ständige Anstrengung, aus einer sitzenden Position auf dem Boden aufzustehen, stärkt den Unterkörper und verringert damit das Risiko von Stürzen im Alter.
Nach Ansicht der Okinawaner ist das ultimative Geheimnis für Freude und gute Gesundheit ein japanisches Konzept namens „Ikigai“. Das Wort lässt sich schwer wörtlich übersetzen, beschreibt im Wesentlichen aber nichts anderes als den Grund, aus dem wir jeden Morgen aufstehen. Und wenn dieser Grund verloren geht, so eine 101-jährige Okinawanerin, „sterben wir“.
Blaue Zone: Ikaria in Griechenland

Ob Aussichten wie diese zu einem langen gesunden Leben beitragen? Auf der griechischen Insel Ikaria mag man das fast glauben, denn jeder bzw. jede Dritte wird dort 90 Jahre alt.
Die Insel liegt knapp 50 Kilometer vor der türkischen Westküste im Ägäischen Meer und ihre Abgeschiedenheit, die durch das Fehlen eines natürlichen Hafens noch verstärkt wird, hat ihre Geschichte geprägt. Die Menschen auf dem Eiland sind auf sich selbst gestellt, was sie zu einer der gesündesten und widerstandsfähigsten Bevölkerungen der Welt gemacht hat.
Durchschnittliche Lebenserwartung auf Ikaria (Frauen): 83,6 Jahre

Laut der „World Health Rankings“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung für Frauen in Griechenland 83,6 Jahre und für Männer 78,6 Jahre. Auf Ikaria erreichen – wie erwähnt – ein Drittel der Menschen das neunzigste Lebensjahr.
In einem Interview mit dem Magazin „Reader's Digest“ stellte der Blaue-Zonen-Experte Buettner den Vergleich mit seinem Heimatland Amerika an, wo die Wahrscheinlichkeit, 90 Jahre alt zu werden, zweieinhalbmal geringer ist als auf Ikaria. Bei ikarischen Männern ist die Wahrscheinlichkeit, die 90 zu erreichen, sogar fast viermal so hoch wie bei ihren Kollegen in den USA.
Ikaria: Auf gute Nachbarschaft

Neben den typischen, weiß getünchten Bilderbuch-Häusern gibt es auf Ikaria auch Bauten, die an andere Zeiten erinnern: Überall auf der Insel finden sich Häuser, die unter Felsen gebaut wurden, damit sie vor den persischen, römischen und türkischen Invasionstruppen, die im Laufe der Jahrhunderte die Insel im Blick hatten, unentdeckt bleiben.
Während des Zweiten Weltkriegs war die Insel von deutschen und italienischen Truppen besetzt. Laut der britischen Zeitung „The Guardian“ starben in dieser Zeit schätzungsweise 20 Prozent der Bevölkerung an den Folgen des Hungers. Die Erinnerung daran lebt auf der Insel weiter und die Ikarier haben nicht zuletzt deswegen einen ausgeprägten Sinn für Solidarität. Wer sich an diesem freundlichen Ort ein Leben in einem der Bilderbuchhäuschen vorstellen kann, profitiert von budgetfreundlichen Immobilienpreisen. Ein Haus mit zwei Schlafzimmern kostet auf der Insel etwa 140.000 Euro.
Ikaria: Wo Kräuter und Honig nicht nur gut schmecken

Bis 1980 waren die Menschen auf Ikaria Selbstversorger. Importwaren gab es kaum und selbst Mehl wurde aus auf der Insel angebautem Weizen hergestellt. Besonders wichtig: Zur Ernährung gehören 80 verschiedene Arten von wildem Grün und Kräutern – mit zum Teil zehnmal so vielen Antioxidantien wie Rotwein, die nachweislich Entzündungen hemmen und den Blutdruck senken. Auf dem Speiseplan der Einheimischen stehen außerdem viele Bohnen und wenig Fleisch oder raffinierter Zucker.
Ikaria ist zudem berühmt für seinen rohen Honig, der weder erhitzt noch pasteurisiert wird. Diesem Naturprodukt werden krebshemmende, entzündungshemmende und antibakterielle Eigenschaften nachgesagt.
Neben der gesunden Ernährung trägt auch regelmäßiges, religiös motiviertes Fasten zur Langlebigkeit bei. Für die griechisch-orthodoxen Inselbewohner fällt damit aufs Jahr verteilt ein Drittel der Kalorien aus der Ernährung weg. Laut den amerikanischen National Institutes of Health ist Fasten die einzige erwiesene Möglichkeit, den Alterungsprozess bei Säugetieren zu verlangsamen.
Ikaria: Liebe hält jung

Gute zwischenmenschliche Beziehungen scheinen sich wie ein roter Faden durch die Blauen Zonen dieser Welt zu ziehen. Auch auf Ikaria sind enge Familienbande wichtig. Die Menschen binden sich meist an einen Lebenspartner und die Kinder kümmern sich um ihre Eltern, wenn diese älter werden. Und die Blaue-Zonen-Forscher haben noch etwas ausgemacht, das zum längeren Leben beizutragen scheint:
80 Prozent der ikarischen Männer zwischen 65 und 100 Jahren haben noch ein aktives Liebesleben. Laut einiger Studien haben Männer, die häufig Geschlechtsverkehr haben, ein halb so hohes Sterblichkeitsrisiko durch eine koronare Herzerkrankung wie Männer ohne Bettgeflüster.
Blaue Zone: Nicoya-Halbinsel in Costa Rica

Mit der nächsten Blauen Zone landen wir in einem Naturparadies, das auch bei Promis wie Brad Pitt, Angelina Jolie oder Gisele Bündchen sehr beliebt ist.
Die Halbinsel Nicoya in Costa Rica erstreckt sich südlich der nicaraguanischen Grenze als ein knapp 130 Kilometer langer Landstreifen an der Pazifikküste. Die Wurzeln ihrer Bewohner gehen auf das indigene Volk der Chorotega zurück. Wie in der sardinischen Blauen Zone gibt es auch auf Nicoya überdurchschnittlich viele Hundertjährige. Schauen wir uns an, warum …
Durchschnittliche Lebenserwartung auf Nicoya: 85 Jahre

Obwohl Nicoya eine der einkommensschwächsten Regionen Costa Ricas ist, liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei 85 Jahren und damit deutlich über dem nationalen Durchschnitt von knapp über 77 Jahren. Wie die BBC berichtet, leben auf der Halbinsel zudem dreieinhalbmal so viele Hundertjährige wie im weltweiten Durchschnitt.
Während eine weitgehend pflanzliche Ernährung ein gemeinsames Merkmal aller Blauen Zonen ist, hebt Buettner die spezifische Nicoya-Variante mit viel Mais, Bohnen und Kürbis als „beste Kombination für Langlebigkeit“ hervor.
Nicoya: Ein einfaches Leben

Trotz der Küstennähe leben die meisten Nicoyaner im Landesinneren. Die Hauptfortbewegungsmittel sind Pferde, Motorräder – oder die eigenen zwei Beine.
Ein typisches, 150 Quadratmeter großes Haus mit drei Schlafzimmern kostet in der Provinz Guanacaste, in der sich der nördliche Teil von Nicoya befindet, etwa 155.000 Euro. Die einfachen Häuser werden in der Regel aus einheimischen Hölzern gebaut.
Nicoya: Ein sinnvolles Leben

Die Hundertjährigen in Nicoya müssen Bewegung nicht extra in ihren Tagesablauf einbauen, denn körperliche Arbeit ist ein natürlicher Bestandteil des Lebens, der nicht als Belastung empfunden wird. Alltägliche Aufgaben, sei es das Aufhängen der Wäsche oder Gartenarbeit, funktionieren auch noch mit 102, wie im Fall der hier zu sehenden Nicoyanerin.
Ähnlich wie das japanische „Ikigai“-Konzept, das wir bereits von den Okinawa-Inseln kennen, haben die Bewohner der Nicoya-Halbinsel einen so genannten „Lebensplan“, der sie motiviert, aktiv zu bleiben. Laut Buettner leben Menschen, deren Leben einen Sinn und Zweck hat, sieben bis acht Jahre länger.
Nicoya: Nur kein Stress

Stress kann zu chronischen Entzündungen führen, die mit allen wichtigen altersbedingten Krankheiten in Verbindung gebracht werden. Wie vermeidet man ihn also? Genau wie auf Ikaria und Sardinien fällt bei den Nicoyanern ein spezifischer Rhythmus auf, der gesünder zu sein scheint: Morgens wird hart gearbeitet, darauf folgt ein Nickerchen. Außerdem verbringen die Menschen viel Zeit mit ihren Liebsten, was den Stresspegel senkt.
Und noch ein Wort zum fortschrittlichen Gesundheitssystem Costa Ricas: Finanziell bedürftige Bürger zahlen für die Gesundheitsversorgung nichts und es gibt im ganzen Land kleine Kliniken, die sich auf die Krankheitsvorsorge konzentrieren, damit bestimmte Probleme erst gar nicht auftreten.
Blaue Zone: Loma Linda in Kalifornien

Die kalifornische Kleinstadt Loma Linda ist die einzige Blaue Zone in den USA. Dort – auf halbem Weg zwischen Palm Springs und Los Angeles – leben besonders viele Siebenten-Tags-Adventisten, die laut der Website bluezones.com zehn Jahre länger als US-Amerikaner allgemein leben.
Diese christliche Religionsgemeinschaft ließ sich Anfang des 20. Jahrhunderts in Loma Linda nieder und gründete sowohl eine Kirche als auch ein Krankenhaus. Gesundheit ist für die Siebenten-Tags-Adventisten ein zentraler Aspekt ihres Glaubens.
Durchschnittliche Lebenserwartung in Loma Linda (Frauen): 91 Jahre

Die Menschen in Loma Linda haben erstaunlicherweise die höchste durchschnittliche Lebenserwartung aller Blauen Zonen und damit möglicherweise in der ganzen Welt. Die Männer werden im Durchschnitt 89, die Frauen 91 Jahre alt. Beides übertrifft den US-amerikanischen Durchschnitt um ein Jahrzehnt.
Heute leben in Loma Linda rund 9.000 Siebenten-Tags-Adventisten, die ihren Körper im Einklang mit ihrem Glauben als Tempel betrachten. Das bedeutet: keine Zigaretten, kein Alkohol und kein Fleisch, dafür aber ein aktiver Lebensstil. Auf diesem Bild ist eine 84-Jährige zu sehen, die jeden Tag bis zu drei Stunden die amerikanische Ballsportart Pickleball spielt.
Loma Linda: Amerikanisches Kleinstadtleben

Mit nur 250.000 Einwohnern ist Loma Linda für amerikanische Verhältnisse quasi eine Kleinstadt, in der jeder jeden kennt. Menschen gehen gemeinsam spazieren, joggen, Rad fahren oder treffen sich in ihrer Kirchengemeinde zu gemeinsamen Mahlzeiten.
Immobilien, die im Durchschnitt etwa 238.000 Euro weniger kosten als im übrigen Kalifornien, sind rar. Pro Monat stehen typischerweise nur ein Dutzend zum Verkauf. Dieses Haus mit drei Schlafzimmern und Pool in der Nähe der Universität und des Krankenhauses wurde im November 2024 für knapp 762.000 Euro angeboten.
Loma Linda: Religion spielt eine Rolle

Bestimmte religiöse Regeln, die den Lebensstil beeinflussen, scheinen in Loma Linda die Langlebigkeit zu fördern. Von den insgesamt 263 Hundertjährigen, die das Forschungsteam in allen Blauen Zonen befragt hat, gehörten bis auf fünf alle einer Glaubensgemeinschaft an – und es gibt Forschung, die besagt, dass vier Gottesdienstbesuche pro Monat die Lebenserwartung um vier bis 14 Jahre erhöhen können.
Auch die Einhaltung des 24-stündigen Sabbats als Auszeit vom Alltag scheint eine wichtige Rolle zu spielen. Diese religiöse Praxis beinhaltet, jede Woche für einen ununterbrochenen Zeitraum von 24 Stunden nicht zu arbeiten und sich stattdessen auf die spirituelle Reflexion zu konzentrieren und Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen. Oder anders ausgedrückt: Gleichgewicht ins Leben zu bringen und den wirklich wichtigen Dingen Raum zu geben.
Loma Linda: Ehrenamtliches Engagement

Wie viele andere religiöse Gemeinschaften hält auch die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten ihre Mitglieder dazu an, sich ehrenamtlich zu engagieren. In der anfangs erwähnten Netflix-Doku betont Buettner die positiven Auswirkungen solcher Aktivitäten wie bessere soziale Bindungen und damit einhergehende Glücksgefühle.
Ein Beispiel ist eine hundertjährige Loma-Linda-Einwohnerin, deren Ehemann kurz vor ihrem 77. Hochzeitstag starb und die aktiv bleibt und ihrem Leben weiterhin Sinn gibt, indem sie anderen hilft.
Blaue Zone: Singapur

Neben den fünf erforschten Blauen Zonen, die sich im Laufe der Zeit organisch entwickelt haben, vermeldete Buettner 2023 Singapur als eine sechste Blaue Zone, die bewusst „fabriziert“ wurde. In dem südostasiatischen Stadtstaat können die Menschen inzwischen damit rechnen, über 86 Jahre alt zu werden. Laut dem 1960 geborenen Buettner hat sich die singapurische Lebenserwartung zu seinen Lebzeiten um rund 20 Jahre erhöht.
Dieser enorme Sprung ist größtenteils auf eine Regierungspolitik zurückzuführen, die Rauchen, Junkfood und Autofahren besteuert und gesunde Lebensmittel und öffentliche Verkehrsmittel subventioniert. Öffentliche Parks, spezielle „Fitness-Ecken“ und Fitnesskurse fördern zudem regelmäßige Bewegung.
Durchschnittliche Lebenserwartung in Singapur: 84,9 Jahre

In kaum einem anderen Land weltweit ist die Lebenserwartung so gestiegen wie in Singapur. Im Jahr 1960 konnte ein durchschnittliches neugeborenes Kind mit einer Lebenserwartung von nur 65 Jahren rechnen. Bis heute ist diese Zahl um fast 20 Jahre gestiegen. Im Jahr 2019 lag Singapur mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung bei der Geburt von 84,9 Jahren weltweit an erster Stelle.
Nirgendwo auf der Welt bleiben die Menschen so lange gesund wie in dem südostasiatischen Stadtstaat. Die wenigsten Menschen sterben dort an kardiovaskulären Erkrankungen und das Gesundheitssystem gilt als das beste der Welt. Die Zahl der Hundertjährigen hat sich in Singapur in den letzten zehn Jahren von 700 auf 1.500 mehr als verdoppelt. Auch die Zahl der Männer und Frauen in ihren Achtzigern und Neunzigern ist erheblich nach oben gegangen.
Singapur: Gemeinschaftliches Wohnen

In Singapur leben mehr als 80 Prozent der Menschen in Hochhäusern, die vom Staat gebaut werden. Diese sogenannten HDB-Wohnkomplexe (Housing Development Board) sind gezielt so angelegt, dass ein soziales Miteinander gefördert und ein Gemeinschaftsgefühl geschaffen wird.
HDB-Siedlungen bestehen in der Regel aus Clustern identischer Wohnblöcke, die von gemeinschaftlich genutzten Flächen umgeben sind wie Spielplätze, Fitnessplätze und Gärten. Dort treffen die unterschiedlichen Bewohner aufeinander und lernen sich kennen. Und ähnlich wie in den anderen Blauen Zonen spielt auch in Singapur die Familie eine wichtige Rolle. So wichtig, dass sie sogar von der Regierung gefördert wird …
Singapur: Familienhäuser

Zur Stärkung familiärer Bindungen bietet die singapurische Regierung finanzielle Unterstützung in Form sogenannter „Proximity Housing Grants“, damit Paare Wohnungen in der Nähe ihrer Eltern bzw. ihrer Kinder kaufen können. Gefördert wird mit bis zu knapp über 21.000 Euro, wenn Menschen in der Nähe ihrer Familie oder gemeinsam als Multigenerationen-Haushalt leben möchten.
Singapur: Viel Grün

Singapur ist viel mehr als nur Hochhäuser. Die Regierung fördert bewusst die Schaffung vieler Grünflächen wie Parks, Gärten und Naturschutzgebiete, die Singapur zu einer „Gartenstadt“ gemacht haben. Mitten in der Stadt liegt beispielsweise der botanische Garten, der als einziger tropischer Garten auf der UNESCO-Welterbeliste steht.
In diesem Park werden auch Kurse angeboten, wie zum Beispiel Tai-Chi (Bild), damit Menschen gemeinsam mit anderen aktiv bleiben.
Rezept für ein längeres Leben

Seit die Blauen Zonen durch die Veröffentlichung von Dan Buettners „National Geographic“-Artikel im Jahr 2005 einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurden, haben sie sich zu einem internationalen Geschäft entwickelt. Unter dem Branding der inzwischen geschützten Marke sind acht Bücher erschienen, es wurde die bereits erwähnt Netflix-Serie produziert und Buettner vermarktet in den USA ein Programm, mit dem sich Städte als Blaue Zonen zertifizieren lassen können.
Eine Sache hat die Blaue-Zonen-Forschung auf jeden Fall gezeigt: Die Hundertjährigen an den identifizierten langlebigen Orten quälen sich nicht mit Sportprogrammen oder geben ein Vermögen für teure Nahrungsergänzungsmittel und Fitnessstudio-Mitgliedschaften aus. Sie denken in der Regel gar nicht über Langlebigkeit nach. Oder, wie es eine ältere Dame aus Ikaria ausdrückte: „Wir vergessen einfach zu sterben.“
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