So lebt diese Selbstversorger-Familie in einem autarken Biodom
Das nachhaltige Glaskuppel-Haus am Polarkreis

Bereits seit über zehn Jahren lebt eine norwegische Familie in einem nachhaltigen Zuhause im Inneren einer Glaskuppel. Als wäre das nicht schon ungewöhnlich genug, steht ihr Biodom am norwegischen Polarkreis. Wie die Hjertefølgers ihren Traum vom autarken Leben umgesetzt haben und wie sie die Unterhaltskosten für ihr innovatives Haus auf fast null senken konnten, erfahren Sie auf den folgenden Bildern ...
(Fremdwährungen wurden in Euro umgerechnet.)
Adaptiert von Barbara Geier
Ehrgeiziges Hausprojekt in Nordnorwegen

Die sechsköpfige Familie Hjertefølger trägt ihr Lebensprinzip im Namen, der frei übersetzt so viel bedeutet, wie „Menschen, die ihrem Herzen folgen“. Als wäre ein Hausbau noch nicht herausfordernd genug, wählten Ingrid und Benjamin Hjertefølger als Standort für ihr ehrgeiziges Projekt die abgelegene Sandhornøya-Insel in Nordnorwegen. Wer 365 Tage im Jahr in dieser Polarkreis-Wildnis leben möchte, braucht ein Haus, das wirklich allen Herausforderungen standhält.
Atemberaubender Standort

Nichtsdestotrotz: Nachdem die Hjertefølgers sich von einem Haus inspirieren hatten lassen, das in ein Gewächshaus integriert ist, wählten sie als Standort für ihr eigenes Ökohaus einen der kältesten Orte der Welt.
Inmitten dichter Wälder und der eisigen arktischen Tundra könnte dieser Ort von der Vorstadtkulisse eines durchschnittlichen Familienhauses nicht weiter entfernt sein.
Herausfordernde Bedingungen

Am Polarkreis leben nur wenige Millionen Menschen, denn die Wetterbedingungen sind extrem. Die Winter sind lang und eisig kalt, die Sommer kurz und kühl. In dieser Umgebung müssen Häuser mehr können, als wir es in unseren Breitengraden gewohnt sind.
Schwedische Inspiration

Das unwirtliche Wetter schreckte die Hjertefølgers aber nicht ab. Sie hatten sich von einem Artikel über eine schwedische Familie inspirieren lassen, die in einem sogenannten Naturhaus lebt. Dieses steht in einem Gewächshaus mit eigenem Wasserrecycling-System.
Die Konstruktion (hier auf YouTube zu sehen) hält die Bewohner im kalten Stockholmer Winter warm und die Hjertefølgers erkannten das Potenzial des Systems für ihr Haus auf Sandhornøya.
Das „Naturhus“-Prinzip

Das „Naturhus“ geht auf den schwedischen Architekten Bengt Warne zurück, der das erste dieser Art 1976 entwarf. Er hatte die Idee, ein Haus mit einem Gewächshaus zu „umhüllen“. So haben es die Bewohner schön warm, während sie gleichzeitig selbst in den extremsten Umgebungen ihr eigenes Obst und Gemüse anbauen können.
Bauen mit Wellerlehm

Und genau das hatten die Hjertefølgers vor. Bei ihren Online-Recherchen über verschiedene natürliche Bautechniken stießen sie auf Wellerlehm, einen jahrhundertealten und klimafreundlichen Baustoff.
Baumaterial aus Lehm, Stroh und Wasser

Bei der Produktion ihres Baumaterials wurden die Hausbauer tatkräftig von Familie und Freunden unterstützt: Wellerlehm ist eine feuchte Mischung aus Lehm und Stroh, „die man mit den Füßen, einem Zementmischer oder anderen Werkzeugen herstellen kann“, wie es Ingrid Hjertefølger beschreibt. Aus der festen Masse können dann Ziegelsteine gefertigt werden.
Günstig und umweltfreundlich

Häuser aus Wellerlehm sind bei Öko-Hausbauern beliebt, denn das Material ist sehr nachhaltig und umweltfreundlich. Mit dieser robusten Bauweise, die nur einen geringen CO2-Fußabdruck hinterlässt, lassen sich zudem leicht gebogene Wände realisieren – eine wichtige Voraussetzung, wenn ein Haus in eine Kuppelstruktur eingepasst wird.
Bauen mit Geduld

Bis das Haus stand, dauerte es ein Jahr. Insgesamt aber zog sich die Arbeit an der besonderen Öko-Konstruktion über fünf Jahre hin – und auch nach dem Einzug gab es noch viel zu tun.
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Vorhang auf für eine geodätische Kuppel

Nach dem Vorbild des Naturhus-Designs wurde das Lehmhaus am Polarkreis in eine geodätische Kuppel gebaut. Das erste bekannte Beispiel für solch sphärische Kuppeln mit einer Gitterschale aus Dreiecken ist das von dem deutschen Ingenieur Walther Bauersfeld entworfene Planetarium Jena der Carl-Zeiss-Werke, das 1926 eröffnet wurde. Weiterentwickelt wurde das Konzept von dem US-amerikanischen Architekten Richard Buckminster Fuller, der auch die Bezeichnung für diese an Käseglocken erinnernden Bauten („geodesic dome“) prägte.
Warme Oase

Die Glaskuppel der Hjertefølgers wurde von der britischen Baufirma Solardome entworfen. Sie besteht aus 360 Glaspaneelen mit Doppeltüren, elf Fenstern und einer großen Tür, die den Zugang zu einem Außenbereich mit Terrasse ermöglicht.
Egal, wie kalt es draußen ist, die Glaskuppel fungiert wie ein Gewächshaus und speichert Wärme im Inneren. Ganz oben in der Kuppel gibt es sogar Platz für eine Hängematte mit atemberaubender Aussicht auf das Meer. In der kurzen Doku „Hjertefølgerne / The Heart Followers“ bekommt man einen Eindruck vom Leben in und um den norwegischen Biodom.
Energie aus der Natur

Ingrid und Benjamin Hjertefølger investierten etwa 272.000 Euro in ihren Hausbau – mit dem Ergebnis, dass ihre Lebenshaltungskosten jetzt so niedrig sind wie nie. Solarzellen versorgen das Haus mit Sonnenenergie. Die Gesamtkosten für den Betrieb des unkonventionellen Familienhauses sind minimal, genau wie seine Auswirkungen auf die Umwelt.
Familientauglich

Mit einer Fläche von knapp 240 Quadratmetern bietet das Öko-Haus mehr als genug Platz für die sechsköpfige Familie. Insgesamt gibt es fünf große Schlafzimmer, zwei Bäder, ein Wohnzimmer, eine Küche, ein Esszimmer und eine Garage.
Natürliche Materialien

Im Inneren des Hauses liegen die Wellerlehmwände unverputzt frei. Überall wurden natürliche Materialien und viel Holz verwendet. Das scheint eine entspannende Wirkung zu haben: „Wir hören oft von Besuchern, dass sie im Haus eine besondere Ruhe empfinden“, so Benjamin Hjertefølger.
Gemütlichkeit auf individuelle Art

Im offenen Hauptwohnbereich sorgen rustikale Balken für Gemütlichkeit und die von Hand geformten Türöffnungen spiegeln die organische Struktur der Architektur wider. Besonderer Hingucker: ein raumhoher Stoffwandbehang, auf dem eine alte Eiche dargestellt ist.
Gerettet und wiederverwendet

Auch in der mit allen nötigen Gerätschaften ausgestatteten Küche haben die Hjertefølgers ihr ökologisches Bewusstsein ausgelebt und Altes auf neue Art und Weise als Schränke oder Regale wiederverwendet. In Kombination mit den Bogenfenstern und der abgerundeten Frühstückstheke entstand so ein lässiger und einladender Wohlfühlort.
Treffpunkt Küche

Wie in vielen Familien ist die Küche auch bei den Hjertefølgers ein zentraler Ort im Haus – für gemeinsames Essen oder eine gemütliche Tasse Kakao. An der Wand sind alte Schubladen zu sehen, die jetzt als Regale dienen. Die Schränke und die Frühstückstheke wurden aus Holzresten hergestellt.
Gemütliche Familienräume

Natürliches Leben bedeutet nicht, dass man auf Gemütlichkeit und Komfort verzichten muss. Im Biodom der Hjertefølgers gibt es daher auch viele kuschelige Ecken wie diese. Auf dem Ecksofa aus recycelten Holzbrettern laden gemusterte Kissen im Boho-Stil und weiche Decken zum Zurücklehnen ein. Ein farbenfroher Wandteppich und Grünpflanzen unterstreichen die freundliche Atmosphäre des Raums.
Ausgefallenes Badezimmer

Ein kleines Wandregal aus Ästen? Gibt es im originellen Bad der norwegischen Öko-Experten. Dazu eine moderne, frei stehende Badewanne zum Eintauchen und Entspannen unter Lichterketten.
Selbstversorger-Leben

Rund um das Haus wächst und gedeiht viel Grün, denn die Glaskuppel dient nicht nur der Isolierung, sondern ermöglicht auch einen blühenden Obst- und Gemüsegarten, in dem die Familie das ganze Jahr über ernten kann – von Aprikosen, Pflaumen und Kiwis bis hin zu Gurken, Karotten und Roter Bete.
Zyklisches System

Für die Bewässerung des Gartens wird ein innovatives System genutzt, indem das Abwasser aus dem Haus recycelt wird. „Eine Zeitschaltuhr regelt die Wassermenge für die Pflanzen. Bewässerung und Düngung erledigen sich von selbst“, erläutert Ingrid Hjertefølger.
Saisonale und natürliche Ernährung

Die reichhaltige Ernte aus dem eigenen Garten ist ein wichtiger Bestandteil des nachhaltigen Lebensstils in dem Ökohaus am Polarkreis. Die Familie ernährt sich vegetarisch und vegan und war schon immer sehr umweltbewusst. Daher sollte ihr neues Haus genug Platz bieten und darauf ausgerichtet sein, eigene Lebensmittel anzubauen. „Wir haben früher nur Bioprodukte gekauft und in unserem Garten Obst und Gemüse angebaut. Diesen Lebensstil wollten wir beibehalten“, sagt Ingrid Hjertefølger.
Im Einklang mit der Natur

Lange Spaziergänge in den umliegenden Wäldern, Schwimmen im See – Zeit in der Natur hat einen festen Platz im Leben der Hjertefølgers und ihrer vier Kinder, die von ihrer Mutter zu Hause unterrichtet werden. Während der Lockdowns stand dann passend zum Polarkreis auch Schlittenvergnügen im Garten auf dem Programm.
Fensterputzen für Profis

Das Leben im Biodom hat seine Besonderheiten – Stichwort: Putzen. Auf Instagram erklärt Ingrid Hjertefølger, wie die 400 (!) Fenster einmal im Jahr bei einem Frühjahrsputz von innen gereinigt werden. Erst kommt der Hochdruckreiniger, um den schlimmsten Staub zu entfernen, und dann folgt die Handreinigung, wobei für die höheren Fenster ein Teleskop-Fensterreiniger verwendet wird. Von außen wurde übrigens noch nie geputzt, denn das erledigt der Schnee.
Nachbar für die Glaskuppel

2017 vergrößerte sich die Biodom-Siedlung der Familie mit dem Bau einer zweiten, kleineren Struktur, die ebenfalls von Solardome entworfen wurde. Und diese geodätische Kuppel inmitten der wilden norwegischen Berglandschaft ist für die Öffentlichkeit gedacht …
Ort der Entspannung

Im „FreeDome“, so der Name der kleineren Glaskuppel, finden Meditations- und Yogakurse mit Aussicht aufs Wasser statt. Die Location kann auch für Partys oder Hochzeiten gemietet werden.
Unterm Nordlicht

Der Biodom der Hjertefølger-Familie fasziniert abgesehen von seiner Architektur vor allem mit seiner Lage in Nordnorwegen, wo von Ende September bis Ende März oft Nordlichter am arktischen Himmel zu sehen sind. Und einen besseren Aussichtspunkt dafür kann es eigentlich gar nicht geben.
Zehn Jahre Biodom-Leben

Im Dezember 2023 feierte die Familie das zehnjährige Jubiläum ihres Einzugs in die Öko-Kuppel – und zeigte auf Instagram ihr festlich dekoriertes Zuhause. Weihnachten am Polarkreis kann offensichtlich sehr atmosphärisch sein ...
Winter im Biodom

Im Winter ist es im Biodom ebenfalls gemütlich. Die Kuppel friert zwar zu, aber auch wenn die Außentemperaturen sinken, bleibt es dank der Wärmespeichertechnologie der Struktur für die Bewohner angenehm warm. Und schöne Eiskristallmuster auf dem Glas innen gibt es obendrauf.
Einkaufen ohne Abfall

In den kalten Wintermonaten, wenn die Erträge des Gartens fehlen, deckt sich die Familie mit Trockenprodukten wie Bohnen, Reis und Nudeln ein, die sie in einem örtlichen Zero-Waste-Laden kauft. Alle Lebensmittel werden dann in plastikfreien Behältern im Keller gelagert oder in den handgefertigten Holzregalen aufbewahrt.
Schlüssel zum Glück

Für die Hjertefølgers ist ihr ungewöhnliches Haus am Polarkreis nicht nur ein Zuhause, sondern auch eine Passion und ein Ort, an dem sie ihren Traum von einem nachhaltigen Leben umgesetzt haben. Und dahinter steckt auch eine Philosophie, die Ingrid Hjertefølger so ausdrückt: „Wenn jeder seine Träume erfüllen und die Dinge tun würde, die er gut kann, würde die Welt wunderbar funktionieren. Ich habe mein Leben der Permakultur gewidmet und wollte zeigen, was alles möglich ist.“
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