„So haben wir eine verfallene Burg in ein schickes Hotel verwandelt“
Dieses Paar lebt in einer renovierten Burg

Als die Weltenbummler Stef Burgeon und Simon Hunt vom Leben in Dubai genug hatten, machten sie sich auf die Suche nach einem neuen Zuhause – und landeten bei einer verwaisten Burg aus dem 16. Jahrhundert in Schottland. Zehn Jahre, nachdem die beiden auf Kilmartin Castle aufmerksam wurden, ist die alte Festung nach einem aufwendigen Renovierungsprojekt heute ein richtiges Juwel.
Lesen Sie hier, wie dieses Paar das alte Gebäude wieder zum Leben erweckt hat.
(Beträge in britischen Pfund in Euro umgerechnet.)
Adaptiert von Barbara Geier
Liebe auf den ersten Blick

Die aus dem britischen Newcastle stammende Burgeon und der in Australien geborene Hunt lernten sich in Dubai kennen. Zu dieser Zeit arbeitete die Britin als Reisejournalistin und ihr Partner war als Kreativdirektor in einer Werbeagentur tätig. Nach einem Jahrzehnt Leben und Arbeiten im Nahen Osten sehnte sich das Paar nach einem Tapetenwechsel.
Bei einer Reise nach Schottland im Jahr 2014 verliebten sie sich in das Land – trotz des Wetters. Nach dem Urlaub entdeckte Burgeon das zum Verkauf stehende Kilmartin Castle online und war sofort von der rund 150 Kilometer von Glasgow entfernten Burg angetan.
Burgkauf auf Kredit

Die Finanzierung des nicht ganz alltäglichen „Hauskaufes“ stellte das Paar vor Herausforderungen. Der Verkäufer der alten Burg wollte umgerechnet mindestens rund 438.000 Euro. Zu viel für Burgeon und Hunt, die ein Jahr brauchten, bis sie einen Kredit bekamen. Aber auch das reichte nicht aus, sodass für den Rest Kreditkarten gezückt wurden. Im Endeffekt konnten sie ein Angebot von knapp 387.000 Euro abgeben. Der Verkäufer akzeptierte und zur Überraschung ihrer Freunde waren die beiden plötzlich Burgbesitzer.
Schlüssel zu … viel Arbeit

Kilmartin Castle wurde 1550 erbaut und stand zehn Jahre lang leer, bevor es zum Verkauf kam. Im Lauf dieser Jahre hatte der Verfall eingesetzt und es gab viel zu tun, um dem Anwesen seine frühere Pracht zurückzugeben. Letztendlich verbrachten Burgeon und Hunt sieben Jahre damit, das geschichtsträchtige Gebäude in ein gemütliches Boutique-Hotel zu verwandeln.
Erste Schritte

Erst mal ging es allerdings langsam los, denn das Paar lebte nach dem Kauf weiter in Dubai. Die neuen Burgbesitzer nahmen sich nur drei Wochen frei, um ihr neues beziehungsweise altes Anwesen in Schottland im Rahmen einer „Schnellrenovierung“ so herzurichten, dass sie es auf Airbnb vermieten konnten. Die Idee dahinter war, damit Geld für die Rückzahlung der Kredite in die Kasse zu bringen. Das funktionierte aber nur bedingt, sodass die beiden letztendlich beschlossen, nach Schottland zu ziehen, sich ganz auf das Projekt zu konzentrieren und alles grundlegend auf Vordermann zu bringen.
Das Großprojekt startet

Nachdem das Paar seine Zelte in Dubai abgebrochen hatte und sechs Monate durch Europa gereist war, startete das Großprojekt „Burgrenovierung“ offiziell im Januar 2019. Auf dem Bild sind Burgeon und Hunt dabei zu sehen, wie sie mit der Hilfe einiger Freunde die Außenwände der Burg neu verfugen.
Probleme ohne Ende

Bei der Modernisierung des historischen Gebäudes kamen zahlreiche Probleme zutage. Im Erdgeschoss stieß das Paar beispielsweise auf feuchte Stellen und musste sich an die Ursachenforschung machen: „Wie sich herausstellte, waren bei Renovierungen in den 1980er-Jahren Hunderte von undichten Düngemittelsäcken als Behelfslösung gegen die eindringende Feuchtigkeit verwendet worden“, so Hunt.
Eine mühsame Arbeit

Was folgte, wird mit dem Wort „mühsam“ noch milde beschrieben: Auf Expertenrat erfasste das Paar die Positionierung jeder Bodenfliese, nummerierte die Fliesen und verbrachte acht Wochen damit, eine nach der anderen einzeln anzuheben. Dann wurde gut 30 Zentimeter tief gegraben, um eine moderne Isolierung und Fußbodenheizung zu installieren, und der Boden neu verlegt. Der Einsatz hat sich aber gelohnt: „Jetzt ist es das ganze Jahr über schön gemütlich und warm. Die Aktion war definitiv eine unserer besten Entscheidungen“, betont Hunt.
Historische Elemente

Die Küche, die sich ebenfalls im Erdgeschoss befindet, war ein weiteres Großprojekt, denn der Raum war in einem mehr als renovierungsbedürftigen Zustand. So war in die Wand eine Feuerstelle eingelassen, in der früher über offenen Flammen gekocht wurde – was heute natürlich nicht mehr zweckdienlich ist.
Kreative Problemlösung

Da der eigentliche Grundriss des Erdgeschosses nicht geändert werden konnte, musste das Burgrenovierer-Paar mit dem Vorhandenen arbeiten. Mir ihren kreativen Ideen gelang es ihnen, die verfallene Küche in ein Kochparadies zu verwandeln, das die historische Substanz mit einer modernen Ausstattung kombiniert.
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Stilvolle Küche

Die Küchenwände blieben auf Anraten eines Architekten weitgehend unangetastet. In der Mitte hat eine Kochinsel mit zwei Backöfen Platz gefunden, über der ein Kräutergarten schwebt. Die alte Feuerstelle ist jetzt eine originelle Sitzecke für acht Personen mit alten Stühlen aus einer örtlichen Kirche und einem Tisch, der früher in einem Pub stand.
Alt trifft Neu

Die neue Spüle, die sich weiterhin an ihrem angestammten Platz befindet, hat nun in ein Gehäuse aus Birkensperrholz mit Betonarbeitsplatten im Industriestil. Das verleiht der historischen Umgebung einen modernen Touch für ein sehr gelungenes Nebeneinander von Alt und Neu.
Geht nicht, gibt’s nicht

Bei der Renovierung einer über 450 Jahre alten Burg kommt immer wieder die Frage auf, wie man historische Integrität mit modernen Sicherheitsanforderungen vereinen kann. So erwies sich die Suche nach geeigneten Brandschutztüren als eine große Herausforderung und Burgeon und Hunt wurde gesagt, dass es die von ihnen gewünschten traditionellen Türen nicht gäbe. Die beiden blieben aber stur und stießen schließlich auf das Unternehmen, das die Türen für Cinderellas Schloss im Pariser Disneyland angefertigt hatte – und dann waren die maßgefertigten Brandschutztüren für ihre Burg innerhalb von drei Wochen fertig.
Recycling-Möbel

Der ultimative Geldspar-Tipp bei Renovierungsprojekten: Altes wiederverwenden. Im Esszimmer der Burg, in dem nur kleine kosmetische Anpassungen nötig waren, steht beispielsweise ein Tisch, den der Vorbesitzer zurückgelassen hatte: „Wir haben ihn mit zusätzlichen Einsätzen nur ein wenig vergrößert, da er vorher etwas zu kurz und zu schmal war“, so der Hausherr.
Gemütliches Wohnzimmer

Im mittleren Stockwerk ist der ehemalige große Saal, der noch in einem recht guten Zustand war, zu einem gemütlichen Wohnzimmer und einem der Lieblingsräume des Paares geworden. Nur mit dem Kamin gab es anfangs Probleme, denn es wurde einfach nicht richtig warm. Aber auch dieses Rätsel wurde nach ausgiebigen Recherchen bei Experten gelöst: Der Schornstein musste verlängert werden.
Geheimnisvolle Kunst

Im Wohnzimmer befindet sich auch ein kurioses Gemälde, das den Burgbesitzern besonders ans Herz gewachsen ist: Das Porträt einer bärtigen Dame wurde 1932 von der französischen Künstlerin Hélène Detroyat gemalt. Bei der Restauration stellte sich heraus, dass der Bart erst in den 1960er-Jahren ergänzt worden war. Wer dafür verantwortlich ist, bleibt allerdings ein Geheimnis.
Großbaustelle Burg

Insgesamt gibt es in der Burg fünf Schlafzimmer, drei davon im Obergeschoss jeweils mit direkt angeschlossenem eigenen Bad. Die Bäder befinden sich in den Türmen der Burg und wie auf diesem Bild zu sehen ist, musste einige Arbeit in deren Verwandlung gesteckt werden. Laut Hunt gab es überall in der Burg einen „ekelhaften verschimmelten Teppich“, sogar im Bad unter der Badewanne: „Den Teppich haben wir einfach herausgerissen, um die Dielen freizulegen.“
Antiquitäten setzen Akzente

Früher gab es in der gesamten Burg nur ein Bad, heute haben Gäste genügend Auswahl. Im Mittelpunkt dieses Badezimmers steht ein aufwendig verzierter Waschtisch, den das Paar auf seinen Reisen in Nizza gefunden hat. Das fast 200 Jahre alte Stück wurde mit einem Terrakotta-Waschbecken und schwarz-weißen Bodenfliesen kombiniert.
Voller Einsatz

Als Projektleiter der umfangreichen Renovierung mussten Burgeon und Hunt, die jeden Tag auf der Baustelle waren, nicht nur ständig schwierige Entscheidungen treffen, sondern auch immer wieder die Hilfsarbeiten erledigen. „Ich musste zum Beispiel alle unsere Badezimmerfliesen aus Beton zwei Stockwerke hochschleppen“, erzählt Burgeon. Die harte Arbeit hat sich gelohnt, oder?
Lockdown-Projekt

Während des ersten Corona-Lockdowns im März 2020 nahm das Paar einige kleinere Projekte in Angriff, um Arbeiten fertigzustellen, die bereits während der ersten „Schnellrenovierung“ durchgeführt worden waren. Wie diese rustikal-gemütliche Sitzecke, die auf einer groben Skizze basiert und aus Fußbodenbrettern aus der Burg und einer alten Kirchenbank aus einer lokalen Kirche konstruiert wurde.
Vergangenheit trifft Gegenwart

Zu Beginn der Renovierung war das Obergeschoss der Burg in einem desolaten Zustand. In die alten Schlafzimmer musste viel Arbeit gesteckt werden, bevor sie bereit für Gäste und Urlauber waren. In diesem Schlafzimmer verschmelzen Vergangenheit und Gegenwart sehr geschickt, indem die Steinwand unter dem Kalkverputz teilweise freigelegt wurde.
Historische Architektur

In diesem gemütlichen Schlafzimmer nächtigen Gäste unter dem Original-Tonnengewölbe der Burg aus dem Jahr 1550. In dem charaktervollen Zimmer, ursprünglich ein Abstellraum im Erdgeschoss, führt eine alte Scheunentür ins Bad und die originelle Wanddeko setzt zusätzliche Akzente.
Pannen gehören dazu

Wie bei jeder Renovierung verlief für Burgeon und Hunt nicht alles reibungslos: Im Rahmen der ersten Renovierungsphase hatten sie im Erdgeschoss eine Horizontalsperre eingebaut, die Bodenfeuchtigkeit daran hindern soll, im Mauerwerk aufzusteigen. Da das Bodenniveau außerhalb der Burg allerdings höher ist als drinnen, lief das Wasser um die Seiten des Gebäudes in das Innere.
Erstaunliche Entdeckung

Die Fertigstellung der Renovierung war an sich für August 2019 geplant. Aufgrund der unerwarteten Wasserproblematik ging diese Rechnung allerdings nicht auf. Nachdem die Küche überflutet worden war, mussten Gräben ausgehoben werden, die mit Kies gefüllt wurden, um das Wasser aus der Burg abzuleiten.
Und dann stellte sich auch noch heraus, dass der alte Bau kein Fundament hatte. Stattdessen war die Burg auf riesigen Fundamentsteinen errichtet worden, die direkt auf dem darunterliegenden Felsen stehen. Erstaunlicherweise sind diese Steine so stabil, dass sich die Burg in ihrer mehr als 450-jährigen Geschichte nur um etwa 60 Millimeter gesenkt hatte.
Nächstes Projekt: Der Garten

Zur Burg gehören über 4.000 Quadratmeter Land, um das sich auch gekümmert werden wollte. Da weder Burgeon noch Hunt viel Ahnung vom Gärtnern hatten, holten sie sich bei einer örtlichen Gartenarchitektin Hilfe, um ihre Vorstellungen umzusetzen.
Schwimmen im Teich

Im Garten erfüllte sich das Paar den Traum vom Schwimmen in der Natur. Für diesen idyllischen Teich mussten umfangreiche Ausgrabungen vorgenommen werden, aber die Aussicht beim morgendlichen Bad entschädigt für alles: „Der Blick von hier zurück auf die Burg ist einfach märchenhaft“, schwärmt Hunt.
Außenküche muss sein

Eine Außenküche ist ein Muss – zumindest für das britisch-australische Burgbesitzerpaar. Zur praktischen Kochstation im Freien gehört auch ein Spülbecken mit Warmwasserhahn, um unnötiges Hin und Her zwischen Garten und der Küche in der Burg zu vermeiden.
Natürliche Zutaten

Mit diesem schönen Küchengarten haben sich Burgeon und Hunt den Gemüsehändler aufs Gelände geholt. Das Paar serviert seinen Gästen gerne Frisches und Saisonales, das sie selbst angebaut haben. So stehen beispielsweise Rösti mit Kohl und Zwiebeln und karamellisierte Frittatas aus Roter Bete auf der Karte.
Geschafft: Burggelände neu gestaltet

Im Dezember 2023 war die Mammutaufgabe abgeschlossen und das gesamte Gelände neu gestaltet. Diese Zeichnung zeigt, wie das Paar das Grundstück um die Burg herum angelegt hat. Obwohl das Projekt im Wesentlichen abgeschlossen ist, haben die beiden weitere Verbesserungspläne:
„Wir sind ständig im Garten beschäftigt und haben einige neue Obstbäume gepflanzt“, erzählen die beiden im Gespräch mit loveMONEY. Zudem soll der Gemüsegarten für Gäste geöffnet werden, damit diese dort selbst ernten können, was sie später genießen.
Attraktive Event-Location

Im Winter 2023 wurde auf dem Gelände zudem ein Glashaus als Veranstaltungsort gebaut, das sich besonders gut für Feierlichkeiten eignet und ermöglicht, auch im Winter die schöne Umgebung zu genießen. Eine Sauna neben dem Schwimmteich und mit Blick auf den Wald ist als Nächstes geplant.
Originelle Außentoilette

Seit November 2022 gibt es auch ein sehr charmantes Toilettenhäuschen in einem alten Nebengebäude – mit rustikalem Holz, Vintage-Lampen, gemusterten Fliesen und maßgeschneiderten Toiletten. Besonders wichtig: Ein kleiner Holzofen hält das Gebäude im kalten schottischen Winter warm.
Kilmartin Castle wird berühmt

Seit der Renovierung hat sich die Burg bereits zu einem beliebten Urlaubsziel entwickelt. Gäste können das Anwesen sogar komplett buchen, denn Burgeon und Hunt wohnen inzwischen in einem zehn Minuten entfernten Cottage. Kilmartin Castle ist auch gefragt für Hochzeiten und besondere Events wie ein Supper-Club ziehen noch mehr Menschen an. Die Burg und das Kilmartin-Tal, in dem sie liegt, wurden im Januar 2023 sogar in der jährlichen „53 Places to Go“-Liste der „New York Times“ empfohlen.
Historische Festung in neuem Glanz

Im Vorher-Nachher-Vergleich kann man vor der Arbeit von Burgeon und Hunt nur den Hut ziehen. Die beiden schätzen, dass sie zusätzlich zum ursprünglichen Kaufpreis fast 465.000 Euro in die Renovierung der Burg und Instandsetzung des Geländes investiert haben, was angesichts des Umfangs nicht verwundert.
Und das Projekt geht weiter: „Wir überlegen immer, was wir noch machen können, denn wir müssen mit den Ansprüchen unserer Gäste mithalten und können uns nicht zurücklehnen.“
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