12 Länder, die deutlich ärmer sind, als viele denken
Wie reich sind China, Russland und Co. wirklich?

So manches Land wirkt nach außen hin zwar sehr wohlhabend, die wirtschaftliche Realität sieht bei genauerem Hinsehen aber völlig anders aus. Auf der Grundlage des von der Weltbank veröffentlichten Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Kopf, das den tatsächlichen Wohlstand der Bevölkerung widerspiegelt, haben wir hier zwölf Länder zusammengestellt, die gar nicht so reich sind, wie Sie vielleicht dachten.
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Adaptiert von Astrid Hofer, Sandra Schröpfer und Rebecca Andel
Nigeria, BIP pro Kopf: 1.110 Dollar (rund 1.000 Euro)

Nigeria ist Afrikas größte Volkswirtschaft und zählt zu den Top 30 der Welt. Das Land ist reich an Erdöl und verfügt international über die zehntgrößten Reserven. Laut aktuellen Zahlen ist es auch der siebtwichtigste Exporteur des Rohstoffes.
Aliko Dangote, der reichste Mann des Landes und Gründer des Zementherstellers Dangote Cement, hat laut dem Wirtschaftsmagazin „Forbes“ ein Vermögen von 13,1 Milliarden Dollar (zwölf Milliarden Euro) angehäuft – und ist damit gleichzeitig der reichste Mensch Afrikas.
Nigeria, BIP pro Kopf: 1.110 Dollar (rund 1.000 Euro)

Die Kluft zwischen Arm und Reich klafft in Nigerien extrem auseinander. Im Armuts-Ranking liegt das Land nach Indien an zweiter Stelle. Schätzungen gehen davon aus, dass die nigerianische Armutsquote bis Ende dieses Jahres 38,8 Prozent erreichen wird.
Anstatt aus dem Ölreichtum des Landes Kapital zu schlagen, haben die vergangenen Regierungen das Geld verschwendet, auch Korruption ist weit verbreitet.
Indien, BIP pro Kopf: 2.731 Dollar (rund 2.500 Euro)

Indien hat laut den aktuellen Daten der Weltbank die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt und übertrifft sogar große Wirtschaftsnationen wie Frankreich und Kanada.
Das Land hat die vierthöchste Anzahl an Milliardären weltweit – laut „Forbes“-Daten vom April 2024 liegt sie bei 200 – und verfügt über eine große wohlhabende Mittelschicht. Städte wie Mumbai rühmen sich mit hoch aufragenden Wolkenkratzern und das Land verfügt auch über eine nationale Raumfahrtbehörde – beides klassische Anzeichen einer reichen Nation.
Indien, BIP pro Kopf: 2.731 Dollar (rund 2.500 Euro)

Doch die Kluft zwischen Arm und Reich unter den 1,4 Milliarden Einwohnern ist riesig. Armut ist in Indien weit verbreitet. Laut dem „World Poverty Clock“-Index leben 34,5 Millionen Menschen (rund zwei Prozent der Gesamtbevölkerung) in extremer Armut und müssen pro Tag mit maximal 1,90 Dollar (ungefähr 1,80 Euro) auskommen.
Weniger als die Hälfte der Menschen hat Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die Kindersterblichkeit ist bis heute erschreckend hoch.
Indonesien, BIP pro Kopf: 5.271 Dollar (rund 4.900 Euro)

Indonesien hat die größte Volkswirtschaft Südostasiens und ist Mitglied der G20-Gruppe, den reichsten Nationen der Welt. Indonesien ist ein bedeutender Exporteur von Öl und Erdgas und das zwölftgrößte Produktionsland der Welt. Die Hauptstadt Jakarta besteht aus zahlreichen Wolkenkratzern, modernen Einkaufszentren und weiteren Wohlstandsindikatoren.
Indonesien, BIP pro Kopf: 5.271 Dollar (rund 4.900 Euro)

Doch nicht alles in der Metropole ist Glitzer und Glamour. In Jakarta gibt es ganze 450 Armutsviertel. Tatsächlich leben knapp 20 Prozent der Bevölkerung von 3,20 Dollar (etwa drei Euro) oder weniger am Tag, mehr als die Hälfte muss mit maximal 5,50 Dollar (ungefähr fünf Euro) auskommen.
Gleichzeitig wird die Zahl der Millionäre in Indonesien bis zum Ende dieses Jahres voraussichtlich 134.000 erreichen – ein Beweis für die enormen Einkommensunterschiede im Land.
Iran, BIP pro Kopf: 5.310 Dollar (rund 4.900 Euro)

Auf dem Papier wirkt der Iran wie ein unglaublich wohlhabendes Land. Er verfügt über die viertgrößten Öl- und die zweitgrößten Erdgasreserven der Welt.
Dazu ist die Bevölkerung hoch gebildet und die Anzahl an vermögenden Privatpersonen (HNWIs) hat sogar Saudi-Arabien überholt. Und dann ist da noch das Instagram-Profil „Rich Kids of Tehran“ mit einer halben Million Follower, das den verschwenderischen Lebensstil der jungen Elite des Landes präsentiert.
Iran, BIP pro Kopf: 5.310 Dollar (rund 4.900 Euro)

In Wahrheit ist der Iran jedoch ein armes Land, das seit der iranischen Revolution von 1979 strengen Sanktionen der USA und anderer Länder ausgesetzt ist.
Der Mangel an Wettbewerb in der größtenteils staatlich geführten Wirtschaft und die weit verbreitete Korruption verstärken die Armut weiter. Die Einkommensunterschiede sind groß und laut Regierungsangaben lebt ein Drittel der Iraner unterhalb der Armutsgrenze. Darunter fallen all jene, die pro Monat nur 200 Dollar (etwa 180 Euro) zur Verfügung haben. Berichten zufolge soll die tatsächliche Anzahl jener, die in einer finanziellen Notlage sind, in Wahrheit rund 50 Prozent betragen.
Ukraine, BIP pro Kopf: 5.663 Dollar (rund 5.200 Euro)

Betrachtet man die ukrainische Wirtschaft vor der russischen Invasion im Februar 2022, schien das Land viel wohlhabender zu sein, als es tatsächlich war. Dies lag an der Fülle an natürlichen Ressourcen, der hochgebildeten Bevölkerung und auch dem Status des Landes als führender Exporteur von landwirtschaftlichen Gütern und Rohstoffen. Die Ukraine war zudem einer der größten Anbieter von ausgelagerten IT-Dienstleistungen.
Ukraine, BIP pro Kopf: 5.663 Dollar (rund 5.200 Euro)

Dennoch war die Ukraine schon vor Kriegsbeginn gemessen am BIP pro Kopf das ärmste Land Europas. Die Einkommensunterschiede waren riesig, die Korruption hoch – eine Folge der Politik der vorherigen Regierung. Die demokratische Regierung von Präsident Wolodymyr Selenskyj hat viel dagegen unternommen. Im Jahr 2022 schrumpfte die Wirtschaft der Ukraine schätzungsweise um 30 Prozent.
Südafrika, BIP pro Kopf: 5.975 Dollar (rund 5.500 Euro)

Afrikas zweitgrößte Volkswirtschaft hat einen der vielfältigsten und lukrativsten Agrarsektoren der Welt sowie reichlich Mineralreserven, die von Diamanten und Gold bis hin zu Eisenerz und Kohle reichen. Dazu verfügt Südafrika über eine hochentwickelte Fertigungs- und Tourismusindustrie. Das Land hat mehr als 37.400 HNWIs – die höchste Anzahl in Afrika – und sechs Milliardäre.
Südafrika, BIP pro Kopf: 5.975 Dollar (rund 5.500 Euro)

Trotz dieser Wohlstandsindikatoren ist Südafrikas Pro-Kopf-BIP mit 5.975 Dollar (etwa 5.500 Euro) aber äußerst bescheiden. Dem Land kommt zudem die zweifelhafte Ehre zu, dass nirgendwo sonst die Kluft zwischen Arm und Reich so weit auseinandergeht. Während es sich die Elite gut gehen lässt, lebt die Mehrheit der Bevölkerung in bitterer Armut.
Die riesigen Einkommensunterschiede sind nicht zuletzt eine Folge des Apartheidsystems, das zur Rassentrennung führte. Aber auch Korruption und Misswirtschaft der Regierung in den drei Jahrzehnten nach Ende der Apartheid haben das Übrige dazu beigetragen.
Brasilien, BIP pro Kopf: 11.352 Dollar (rund 10.000 Euro)

Brasilien hat die achtgrößte Volkswirtschaft der Welt, ist eines der weltweit führenden Bergbau-, Landwirtschafts- und Fertigungsländer und hat einen ständig wachsenden Dienstleistungssektor. Das Land belegt weltweit den 26. Platz bei der Anzahl an Millionären und hat die zehnthöchste Anzahl an Milliardären – insgesamt leben 69 in Brasilien.
Brasilien, BIP pro Kopf: 11.352 Dollar (rund 10.000 Euro)

Trotz dieser beeindruckenden Zahlen gilt es zu bedenken, dass das gesamte Vermögen des Landes einer winzigen Elite gehört. Die Unterschiede zwischen Arm und Reich sind extrem hoch. Laut der Charity-Organisation Oxfam besitzen die sechs reichsten Brasilianer dasselbe Vermögen wie die ärmsten 50 Prozent des Landes, das sind etwa 107 Millionen Menschen.
Die brasilianische Wirtschaftsuniversität Fundação Getulio Vargas schätzt, dass 12,8 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben und mit maximal 53 Dollar (etwa 50 Euro) pro Monat auskommen müssen – das sind 27 Millionen Menschen. Die Zahl stieg während der Corona-Pandemie deutlich.
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China, BIP pro Kopf: 13.136 Dollar (rund 12.000 Euro)

China hat das zweithöchste BIP der Welt und wird voraussichtlich bis 2037 die USA als größte Wirtschaftsmacht ablösen.
Das Land hat die zweithöchste Anzahl an Millionären und Milliardären weltweit, mehr als die Hälfte der Bevölkerung zählt zur Mittelschicht. Zum Vergleich: 2000 waren es gerade einmal drei Prozent. China scheint auf den ersten Blick ein äußerst wohlhabendes Land zu sein, doch auch in diesem Fall ist nicht alles so, wie es von außen scheint.
China, BIP pro Kopf: 13.136 Dollar (rund 12.000 Euro)

Das Pro-Kopf-BIP der Volksrepublik liegt bei eher mageren 13.136 Dollar (ungefähr 12.000 Euro). Obwohl China Berichten zufolge im Jahr 2020 die extreme Armut fast beseitigt hatte – gemessen an der Zahl der Menschen, die mit 2,15 Dollar (etwa zwei Euro) pro Tag auskommen müssen –, ist es immer noch eine verhältnismäßig arme Nation, die von Wohlstandsunterschieden zerrissen ist. Hunderte Millionen der 1,4 Milliarden Einwohner leben in Armut.
Russland, BIP pro Kopf: 14.391 Dollar (rund 13.000 Euro)

Die Russische Föderation hat die elftgrößte Volkswirtschaft der Welt, die vorrangig auf Öl- und Erdgasexporten basiert. Vor der russischen Invasion in der Ukraine lieferte die eurasische Nation rund zehn Prozent des weltweiten Erdöls, was gewaltige zwei Drittel ihrer Gesamtexporte ausmachte. Russland lieferte rund 40 Prozent des europäischen Erdgases. Die fossilen Brennstoffe sind für Russland, insbesondere für seine milliardenschweren Oligarchen und politische Elite, äußerst lukrativ.
Russland, BIP pro Kopf: 14.391 Dollar (rund 13.000 Euro)

Doch ähnlich wie seine militärische Stärke überschätzen viele auch Russlands Wirtschaftskraft. Da das Land vollständig vom Export von fossilen Brennstoffen abhängig ist, wird Russland durch die Sanktionen und den Übergang vieler Länder zu nachhaltigeren Energiequellen hart getroffen. Korruption ist ebenso weit verbreitet wie die Einkommensungleichheit. Das reichste ein Prozent des Landes kontrolliert 71 Prozent des Staatsvermögens.
13,5 Millionen (rund 9,3 Prozent) der Bevölkerung leben in bitterer Armut. Und selbst vor Corona und dem Ukraine-Krieg verdiente die Hälfte der arbeitenden Russen weniger als 550 Dollar (ungefähr 510 Euro) pro Monat.
Kasachstan, BIP pro Kopf: 14.778 Dollar (rund 14.000 Euro)

Besucher von Kasachstans glänzender neuer Hauptstadt Nur-Sultan werden zweifellos von ihrer Pracht überwältigt sein. Die Stadt erweckt den Anschein, sich in einem der reichsten Länder der Welt zu befinden. Tatsächlich hat Kasachstan auf den ersten Blick eine florierende Wirtschaft, die durch reichlich vorhandene Bodenschätze und zahlreiche ausländische Direktinvestitionen gestützt wird.
Kasachstan, BIP pro Kopf: 14.778 Dollar (rund 14.000 Euro)

Obwohl Kasachstan nicht so extrem ist, wie es in den „Borat“-Filmen dargestellt wird, hat das autokratische Land noch einen langen Weg vor sich, um tatsächlich als wohlhabend zu gelten.
Korruption ist weit verbreitet und das Vermögen ungerecht verteilt. Die Hälfte der Bevölkerung lebt in ländlichen, wirtschaftlich isolierten Gebieten mit mangelhafter öffentlicher Versorgung, niedrigen Löhnen und hat einen schlechten Lebensstandard.
Mexiko, BIP pro Kopf: 15.249 Dollar (rund 14.000 Euro)

Mit einem BIP von mehr als einer Billion Dollar (rund 920 Milliarden Euro) ist Mexiko die zwölftgrößte Volkswirtschaft der Welt. Seine Wirtschaft ist relativ gut entwickelt, Dienstleistungen machen zwei Drittel des BIP aus. Dazu hat die zentralamerikanische Nation zahlreiche äußerst reiche Bewohner, teilweise auch Milliardäre, darunter den Geschäftsmann Carlos Slim Helú.
Mexiko, BIP pro Kopf: 15.249 Dollar (rund 14.000 Euro)

Trotzdem ist Mexikos Pro-Kopf-BIP fast achtmal geringer als jenes des reichen Nachbarn im Norden. Ein Fünftel der Arbeitnehmer im Land sind in der Landwirtschaft beschäftigt, obwohl der Sektor nur einen winzigen Teil des gesamten BIP ausmacht. Ungefähr 36 Prozent der Bevölkerung leben in Armut, viele sind auf Geldüberweisungen von Familienmitgliedern im Ausland angewiesen. Auch die Einkommensunterschiede im Land sind ein großes Problem.
Malediven, BIP pro Kopf: 17.818 Dollar (rund 16.000 Euro)

Die Malediven haben sich als eines der weltweit führenden Ziele für Luxustourismus etabliert und gelten als unvergessliche Urlaubsdestination.
Der Tourismussektor macht stolze 75 Prozent des BIP des Inselstaates aus. 2019 erwirtschaftete er knapp 3,2 Milliarden Dollar (knapp drei Milliarden Euro), bevor die Corona-Pandemie die Branche zeitweise lahmlegte. (Obwohl die Malediven im vergangenen Jahr eine Rekordzahl von Touristen begrüßten, waren die Einnahmen aufgrund geringerer Ausgaben und kürzerer Aufenthalte niedriger.)
Angesichts der relativ kleinen Bevölkerung des Landes – knapp 520.000 Menschen – könnte man meinen, dass es den Einwohnern trotz des Corona-bedingten Wirtschaftsminus gut gehen würde.
Malediven, BIP pro Kopf: 17.818 Dollar (rund 16.000 Euro)

In Wirklichkeit lebt jedoch fast ein Drittel der Bevölkerung in Armut. Der Bericht „Multidimensional Poverty Index for Maldives“ wurde 2020 vom nationalen Statistikamt erstellt. Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem UNICEF-Regionalbüro Südasien, UNICEF Maldives und der „Oxford Poverty & Human Development“-Initiative durchgeführt.
Der Index berücksichtigte neben dem Einkommen auch Faktoren wie den Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung und zeigte, dass acht Prozent der Einwohner der Malediven mit weniger als 4,79 Dollar (etwa 4,4 Euro) pro Tag auskommen müssen. Und da die Zahlen für diesen Bericht bereits 2016 und 2017 erhoben wurden, ist die Armutsquote seitdem als Folge der Pandemie mit Sicherheit gestiegen.
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