Die Wochenarbeitszeit schrumpft in vielen Ländern: Automatisierung und künstliche Intelligenz steigern die Produktivität und die Menschen legen mehr Wert auf eine gesunde Work-Life-Balance.
Der Trend zu weniger Arbeitsstunden ist allerdings keiner, der weltweit zu beobachten ist. In den zur OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) gehörenden Ländern gibt es große Unterschiede – während in einigen Nationen Teilzeitarbeit mehr oder weniger Norm geworden ist, gilt in anderen weiterhin: viel Arbeiten ist Ehrensache.
Wir haben uns die aktuellen OECD-Daten näher angeschaut und listen 21 Länder nach ihrer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von der längsten bis zur kürzesten.
Sehen Sie hier, wie die durchschnittliche Arbeitswoche der Deutschen im Vergleich abschneidet ...
Adaptiert von Barbara Geier
Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der kolumbianischen Bevölkerung von 47,1 Stunden liegt weit über dem OECD-Durchschnitt von 37,1 Stunden. Mit 2.297 Stunden pro Kopf ist Kolumbien auch das Land mit der längsten Jahresarbeitszeit aller 38 OECD-Nationen. Diese Zahlen sind seit 2010 allerdings stetig gesunken und werden in den nächsten Jahren voraussichtlich weiter nach unten gehen.
Die Standard-Wochenarbeitszeit wird gerade bei vollem Lohnausgleich von 48 auf 42 Stunden verkürzt. Die endgültige Anpassung soll Anfang 2026 in Kraft treten.
Die türkische Regelarbeitszeit liegt bei 45 Stunden – das ist mehr als in jedem EU-Land. Da die Löhne im europäischen Vergleich gleichzeitig aber zu den niedrigsten gehören, müssen vor allem Arbeitnehmerinnen und -nehmer mit sehr geringem Einkommen ihre Stunden erhöhen und sechs Tage pro Woche arbeiten, um über die Runden zu kommen. Diese Überstunden erhöhen die durchschnittliche Wochenarbeitszeit auf 45,5 Stunden.
Wie in Kolumbien schrumpft aber auch die typische Wochenarbeitszeit in der Türkei schon seit Jahren – 2010 waren es noch mehr als 50 Stunden – und die türkische Regierung erwägt nun, die Normalarbeitszeit auf unter 40 Stunden zu reduzieren.
Mit 48 Stunden ist die offizielle Wochenarbeitszeit in Mexiko sogar noch höher als in der Türkei. Die Durchschnittsstunden haben sich in den letzten 15 Jahren hartnäckig bei um die 45 Stunden eingependelt und auch die durchschnittliche Pro-Kopf-Jahresarbeitszeit von 2.226 Stunden bleibt sehr hoch. Mit 14 Tagen hat Mexiko zudem die zweitniedrigste Anzahl an bezahlten Urlaubstagen und Feiertagen in unserer Übersicht.
Die mexikanische Regierung hat nun angekündigt, dass bis 2030 die Umstellung auf eine 40-Stunden-Woche abgeschlossen sein soll.
In Chile ist die Situation ähnlich wie in Mexiko: Mit 42,8 Stunden pro Woche und 1.966 Stunden im Jahr arbeiten die Menschen viel und die bezahlte Freizeit ist mit nur 20 Tagen im Zwölf-Monats-Verlauf relativ gering.
Allerdings steht auch in der südamerikanischen Nation der Übergang zu einer kürzeren Regelarbeitszeit an: Die Wochenarbeitszeit wird von 45 auf 40 Stunden verkürzt und die Anpassung soll bis 2028 vollständig in Kraft treten.
In Portugal fällt die Diskrepanz zwischen der durchschnittlichen Jahresarbeitszeit und den wöchentlichen Werten auf: 1.635 Stunden im Durchschnitt pro Jahr und Kopf sind im Vergleich zu der typischen Wochenarbeitszeit von 39,5 Stunden und einer Standard-Arbeitswoche von 40 Stunden überraschend niedrig.
Bezahlter Urlaub und andere Abwesenheiten sind in dem Wert für die Wochenstunden nicht berücksichtigt, was die kontrastierenden Zahlen erklärt. Präsentismus – zur Arbeit gehen trotz Krankheit – ist in Portugal kaum ausgeprägt und die Arbeitnehmerschaft hat Anspruch auf mindestens 22 bezahlte Urlaubstage pro Jahr, dazu kommen 13 offizielle Feiertage.
Aktuell prüft die portugiesische Regierung, ob in Zukunft eine Vier-Tage-Woche eingeführt werden soll.
Auch in Polen beträgt die Regelarbeitszeit pro Woche 40 Stunden pro Woche, der Durchschnittswert ist mit 39,4 Stunden minimal niedriger als in Portugal. Diese mehr oder weniger 40-Stunden-Woche, die in Polen seit 15 Jahren Realität ist, könnte jedoch bald der Vergangenheit angehören.
Im April 2024 hat die polnische Regierung ein Pilotprojekt zur Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich angekündigt. Die Arbeitgeber, die an dem Projekt teilnehmen, können entweder eine Vier-Tage-Woche einführen, die Arbeitszeiten pro Tag verkürzen oder den Urlaubsanspruch erhöhen.
Entgegen dem weltweiten Trend wurde in Griechenland 2024 ein Gesetz verabschiedet, dass es Unternehmen ermöglicht, ihrer Belegschaft eine Sechs-Tage-Woche mit maximal 48 Arbeitsstunden vorzuschlagen. Die Regierung möchte damit die Probleme Fachkräftemangel und niedrige Produktivität angehen. Der Schritt wurde kontrovers diskutiert; die Gewerkschaften sprachen von Ausbeutung.
Das Gesetz gilt für Unternehmen, die mit einem 24-Stunden-Schichtbetrieb operieren oder besonders belastet sind, wie Fabriken oder öffentliche Einrichtungen. Sofern die Angestellten zustimmen, erhalten sie für den sechsten Arbeitstag an Samstagen einen Lohnaufschlag von 40 Prozent und an Sonn- oder Feiertagen sogar von 115 Prozent.
Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit liegt in Griechenland seit 2010 bei mehr oder weniger 39 Stunden. Wie viele Unternehmen das neue Gesetz umgesetzt haben bzw. wie viele Arbeitnehmerinnen und -nehmer sich von den Aufschlägen für die Mehrarbeit haben überzeugen lassen, ist bisher nicht bekannt.
Amerika wird traditionell mit einer Kultur langer Arbeitszeiten assoziiert. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit liegt inzwischen unter dem 40-Stunden-Standard, die typische Jahresarbeitszeit pro Kopf ist mit 1.804 Stunden aber vergleichsweise hoch.
In den USA haben Arbeitnehmerinnen und -nehmer keinen gesetzlichen Anspruch auf bezahlten Urlaub, auch die gesetzlichen Feiertage sind unbezahlt. Freizeit und Urlaub sind damit generell knapp bemessen und von kurzer Dauer. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit berücksichtigt zudem nicht die Zweitjobs, die viele Menschen in Amerika haben.
Im Durchschnitt wird in Neuseeland pro Woche heute mehr gearbeitet als 2010, als der Wert bei 37,1 Stunden lag. Die Regelarbeitszeit liegt weiterhin bei 40 Stunden. Der Anteil der Menschen, die sehr lange arbeiten, beträgt 14 Prozent und ist damit höher als der OECD-Durchschnitt von 10 Prozent. Laut einer Studie aus dem Jahr 2023 stehen neuseeländische Angestellte unter großem Druck, lange Arbeitstage einzulegen.
Das könnte sich allerdings ändern. Bekannte Unternehmen verschiedener Branchen haben die Vier-Tage-Woche und andere Maßnahmen wie unbegrenzten bezahlten Jahresurlaub eingeführt, um die Work-Life-Balance ihrer Belegschaften zu verbessern und sich für junge Generationen als attraktive Arbeitgeber zu positionieren.
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Wie in Neuseeland liegt die Regelarbeitszeit in Spanien bei 40 Stunden. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit beträgt 36,5 Stunden. Spanische Arbeitnehmerinnen und -nehmer haben Anspruch auf mindestens 30 Tage bezahlten Urlaub, Krankengeld – zu einem reduzierten Satz – gibt es aber erst nach drei Tagen. Diese Regelung könnte zumindest zum Teil die relativ geringen Fehlzeiten in dem südeuropäischen Land erklären.
Im Februar 2025 hat die spanische Regierung einen Gesetzesentwurf zur Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 37,5 Stunden ohne Lohnverlust verabschiedet, der allerdings noch der Zustimmung des Parlaments bedarf. Auch eine Vier-Tage-Woche wird erprobt.
In Großbritannien hat sich die typische Wochenarbeitszeit von 36,5 Stunden in den letzten 15 Jahren kaum verändert. Ähnlich wie in den USA herrscht grundsätzlich eine Kultur der langen Arbeitszeiten. Auch das Phänomen des Präsentismus, das Menschen dazu bringt trotz körperlichem oder psychischem Unwohlsein zur Arbeit zu gehen, ist ein Thema.
Die britische Regierung hat zwar nicht vor, die geltende 40-Stunden-Woche abzuschaffen, hat aber die rechtlichen Möglichkeiten für flexible Arbeitszeiten erweitert. In der Wirtschaft nimmt die Vier-Tage-Woche derweil zunehmend an Fahrt auf. Allein im Januar 2025 verpflichteten sich 200 britische Unternehmen, die Arbeitswoche um einen Tag zu verkürzen.
In Sachen Arbeitszeitverkürzung ist Frankreich ganz vorne mit dabei. Bereits im Jahr 2000 wurde die Wochenarbeitszeit auf nur 35 Stunden verkürzt. Alles, was darüber hinausgeht, sind Überstunden.
Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit ist in den letzten Jahren mehr oder weniger konstant geblieben und liegt weiterhin über der Regelarbeitszeit von 35 Stunden. Das muss allerdings in Kontext gesetzt werden: Auch in Frankreich stehen den Arbeitnehmerinnen und -nehmern jährlich mindestens 30 bezahlte Urlaubstage zur Verfügung. Außerdem gehört Frankreich zu den Ländern mit einer im Durchschnitt niedrigen Pro-Kopf-Jahresarbeitszeit. Alles in allem gute Bedingungen für die vielbeschworene Work-Life-Balance.
In Italien gilt die 40-Stunden-Woche, die typische Wochenarbeitszeit liegt aber nur bei 36,1 Stunden. Ein Grund dafür: Das Land hat von allen OECD-Staaten den höchsten Anteil an Menschen, die unfreiwillig Teilzeit arbeiten. 9,6 Prozent der Erwerbstätigen würden gerne eine Vollzeitstelle haben, müssen sich aber mit weniger Arbeitsstunden begnügen.
Die italienische Regierung plant derzeit nicht, die 40-Stunden- und Fünf-Tage-Norm zu verkürzen. Einige Unternehmen experimentieren allerdings mit der Vier-Tage-Woche und anderen Maßnahmen. Möglicherweise könnte dies durch eine Umverteilung der verfügbaren Arbeitszeiten die Vollzeitbeschäftigung fördern.
Obwohl sich die australische Regelarbeitszeit von 38 Stunden nicht verändert hat, ist die typische Wochenarbeitszeit im Land seit 2021 von 35,7 auf jetzt 36 Stunden gestiegen. Das könnte ein positives Zeichen sein, denn der Anteil an Teilzeitbeschäftigten und insbesondere solche, die eine Vollzeitbeschäftigung möchten, ist in Australien seit langem vergleichsweise hoch. Unter den OECD-Ländern gibt es nur in Italien mehr Menschen in dieser Kategorie der unfreiwillig weniger Arbeitenden.
Zudem sind Zweitjobs in Australien weit verbreitet, vor allem bei der Generation Z.
In keinem Land in unserer Auflistung ist die Diskrepanz zwischen der Regelarbeitszeit pro Woche und den tatsächlich pro Kopf geleisteten Arbeitsstunden so groß wie in der Schweiz: 42 Stunden sind Standard in der Alpenrepublik, in einigen Branchen sogar bis zu 50 Stunden. Der Durchschnitt liegt aber nur bei 35,8 Stunden, was auf den hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigten zurückzuführen ist.
Offiziell hat die Schweiz die längste Wochenarbeitszeit in Europa. Vorschläge, sie zu verkürzen, wurden in der Vergangenheit abgelehnt. Gleichzeitig gibt es in dem Land zunehmend Unternehmen, die eine Vier-Tage-Woche testen oder einführen und sich auch auf andere Art um eine bessere Work-Life-Balance für ihre Belegschaften bemühen.
Der OECD liegen keine vergleichbaren Daten für Kanada vor, aber laut Statista betrug die durchschnittliche Wochenarbeitszeit dort sowohl 2021 als auch im Jahr darauf 35,7 Stunden – ein Rückgang gegenüber 35,8 Stunden im Jahr 2020.
Grundsätzlich gilt eine 40-Stunden-Woche, wobei eine Höchstarbeitszeit von 48 Stunden zulässig ist. Je nach Provinz und Branche kann dies variieren.
In Irland gibt es keine gesetzlich verankerte Wochenarbeitszeit, nur eine Höchstgrenze von 48 Stunden. In der Realität arbeiten viele Menschen erheblich weniger. Der Durchschnittswert von 35,1 Stunden ist im Vergleich zu 2010 von 33,9 Stunden gestiegen.
Die relativ hohe Zahl von Teilzeitbeschäftigten senkt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in Irland. Demgegenüber stehen einige Sektoren mit überdurchschnittlich langen Arbeitszeiten wie die Landwirtschaft mit einer typischen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden.
Nicht zuletzt aus diesem Grund gibt es Stimmen in Irland, die sich lautstark für eine Vier-Tage-Woche einsetzen.
Die typische Wochenarbeitszeit ist in Österreich seit 2010 von 36,7 auf 35 Stunden gesunken, denn für immer mehr Beschäftigte wird die Work-Life-Balance zur Priorität. Der gesetzliche Urlaubsanspruch liegt bei fünf bezahlten Wochen im Jahr – das ist mehr als in den meisten anderen Länder in dieser Übersicht.
Es gibt Forderungen nach einer Vier-Tage-Woche, allerdings könnte dies laut einiger Experten den Arbeitskräftemangel verschärfen – und sei auch gar nicht notwendig, da die Arbeitsstunden ohnehin sinken.
Die durchschnittliche belgische Wochenarbeitszeit beträgt seit 2010 um die 35 Stunden bei einer gleichzeitig unverändert geltenden 38-Stunden-Woche. Seit 2022 können Beschäftigte bei ihrem Arbeitgeber eine Vier-Tage-Woche beantragen – bei gleichbleibender Arbeitszeit.
Bisher haben weniger als ein Prozent der belgischen Arbeitnehmerinnen und -nehmer von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, was zeigt, dass eine Vier-Tage-Woche ohne eine Reduzierung der Gesamtarbeitszeit wenig Aussichten auf Erfolg zu haben scheint.
Der typische deutsche Angestellte arbeitet 34,3 Stunden pro Woche und insgesamt nur 1.343 Stunden pro Jahr – Letzteres ist der niedrigste Wert in dieser Übersicht.
Teilzeitarbeit ist zu einem deutschen Standard geworden. 2024 wurde zudem die erste große Pilotstudie zur Vier-Tage-Woche durchgeführt, an der bundesweit 45 Unternehmen für sechs Monate teilnahmen. Laut der Projektorganisatoren hat sich für Belegschaften in dieser Zeit die Lebenszufriedenheit signifikant verbessert, während laut der berichteten Umsatz- und Gewinndaten die gleichen Ergebnisse erzielt wurden.
Einer, den solche Ergebnisse nicht zu überzeugen scheinen, ist Bundeskanzler Friedrich Merz. Beim CDU-Wirtschaftstag im März 2025 betonte er, dass mit einer Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance der Wohlstand des Landes nicht zu erhalten sei. Stattdessen ließ er verlauten, dass in Deutschland wieder mehr gearbeitet werden müsse und die im Koalitionsvertrag vereinbarte 40-Stunden-Woche zügig umzusetzen sei.
Teilzeitbeschäftigte machen mehr als ein Drittel der niederländischen Arbeitskräfte aus. In keinem anderen OECD-Land ist dieser Anteil so hoch. Angestellte haben das Recht, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, es sei denn, ein wichtiger geschäftlicher Grund spricht dagegen. Dass die niederländischen Gehälter zu den höchsten der Welt gehören, schadet in diesem Szenario sicherlich auch nicht.
Eine kürzere Arbeitswoche ist für viele Menschen im Land bereits die Regel – und der Niederländische Gewerkschaftsbund (FNV), die größte Gewerkschaft in den Niederlanden, setzt sich aktuell für eine 32-Stunden- bzw. Vier-Tage-Woche für alle Beschäftigten ein.
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