Hongkong zählt zwar zu den wohlhabendsten Metropolen der Welt, jedoch hat die auf einem schmalen Küstenstreifen angesiedelte ehemalige britische Kolonie in China mit akuter Wohnungsnot zu kämpfen. Die inzwischen mehr als 7,5 Millionen Einwohner der Sonderverwaltungszone auf nur rund 1.100 Quadratkilometern unterzubringen, erfordert also außergewöhnliche Maßnahmen – die zum Teil schockieren.
Sehen Sie hier, wie Menschen in der teuersten und einer der überfülltesten Städte der Welt in winzigen Sargzimmern und Wohnkäfigen leben – und wie moderne WGs die Wohnungsnot beheben sollen.
(Fremdwährungen wurden in Euro umgerechnet)
Adaptiert von Sandra Schröpfer, Tascha Walker Dean und Barbara Geier
Laut offiziellen Daten lag der durchschnittliche Quadratmeterpreis für Eigenheimkäufer in Hongkong im dritten Quartal 2024 bei umgerechnet etwa 16.662 Euro. Dieser aus europäischer Sicht horrende Wert ist in den letzten Jahren sogar gesunken, weil die Nachfrage zurückgegangen ist – nachdem der Haus- und Wohnungskauf einfach zu exorbitant teuer wurde.
Grundsätzlich gilt Hongkong als einer der am wenigsten erschwinglichen Immobilienmärkte weltweit, was mit einer der niedrigsten Wohneigentumsquoten von nur 51 Prozent korrespondiert.
Trotz der Wohnungsnot in Hongkong finden Superreiche weiterhin ihre Luxuswohnungen. Wegen der vielen Einwohner sind für Normalverdiener jedoch selbst kleine Apartments unerschwinglich geworden.
Laut den Analysen des Datenanbieters Global Property Guide lagen die durchschnittlichen Wohneigentumspreise im Jahr 2023 beim 16,7-fachen des jährlichen Brutto-Median-Haushaltseinkommens – und das ist der niedrigste Stand seit 2016.
Eine der gefragtesten – und damit auch teuersten – Wohngegenden in Hongkong ist der Peak-Bezirk. Wie der Name andeutet, handelt es sich um den höchsten Punkt der Hauptinsel, von dem aus man eine spektakuläre Aussicht auf die Stadt hat.
Das hat allerdings seinen Preis, denn Immobilien in dieser Lage kosten ein Vielfaches dessen, was in ebenfalls teuren Städten wie New York oder London aufgebracht werden muss: Für eine geräumige Wohnung mit fünf Schlafzimmern und Garten können in diesem Viertel bis zu 80 Millionen Euro anfallen.
Das teuerste Haus in Hongkong (Stand: März 2025) – und eines der teuersten der Welt – steht in dem Viertel Repulse Bay im Süden der Metropole: Die hier während der Bauphase zu sehende 1.386-Quadratmeter-Villa mit elf Schlafzimmern kam 2023 für den stolzen Preis von gut 249 Millionen Euro auf den Markt. Den bisher noch fehlenden Besitzer wird sie gut 181.000 Euro pro Quadratmeter kosten.
Luxusimmobilien sind für diejenigen, die es sich leisten können, immer verfügbar, aber in Hongkong steigt die Nachfrage nach Luxus in kleinerem Maßstab.
Diese schmale Wohnung befindet sich in einem neuen Immobilienprojekt im Stadtteil Kowloon in Hongkong. Das stark beengte Geschäftsviertel steht regelmäßig auf Platz eins für am wenigsten erschwingliche Wohnungen der Welt.
Platzmangel wird in Hongkong immer ein Problem sein, was allerdings nicht bedeutet, dass man sich auf so wenig Wohnraum nicht wohlfühlen kann. Immobilienentwickler wenden sich immer häufiger an Innendesigner, um die Mikrowohnungen für ihr wohlhabendes Klientel elegant zu gestalten.
In diesem Mikroapartment werden alle möglichen Designtricks angewandt, um dem begrenzten Raum ein Gefühl von Luxus zu verleihen. Solch Nano-Wohnungen der gehobenen Preisklasse können umgerechnet bis zu knapp 691.000 Euro kosten.
Auf diesem Bild von 2018 ist das Zuhause von Adrian Law – damals Berufsanfänger in der Finanzbranche – zu sehen. Das Bett lässt sich tagsüber in einer Schrankwand verstauen.
Für das Miniapartment in einem Neubau im gentrifizierten Stadtteil Sai Ying Pun bezahlte Law 2016 sechs Millionen Hongkong-Dollar, was nach heutigem Geldwert umgerechnet etwa 804.600 Euro entspricht.
Diese Wohnsituation ist nicht ungewöhnlich. Da die Immobilienpreise in Hongkong weiter steigen, wohnen Berufsanfänger wie Law auf immer engerem Raum. Die schuhkartongroßen „Nano-Wohnungen“ und Wohngemeinschaften werden als moderne Lösungen für die Wohnungsnot angepriesen.
Ein Apartment im Hochhausblock ist die üblichste Wohnform für Normalverdiener, kann allerdings ziemlich beengt und überfüllt sein. Noch dazu nutzen viele Vermieter die Wohnungsnot der Mieter aus.
Die Standardgröße eines Apartments ist im Vergleich ziemlich klein, vor allem in beliebter Innenstadtnähe. Viele Menschen sind zwar die Nähe zu Menschen sowie kleine Räume gewohnt, doch es gibt auch Wohnformen, die selbst für Hongkonger Verhältnisse schockierend sind ...
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In den vergangenen Jahren sind immer wieder schockierende Bilder von Bewohnern sogenannter „Coffin Homes“ (zu Deutsch: Sargzimmer) aufgetaucht – beengte Unterkünfte, die an einen Sarg erinnern. Schätzungen zufolge leben etwa 220.000 Menschen, darunter 40.000 Kinder, in Hongkong unter solchen Bedingungen.
Die Sargzimmer befinden sich in der Regel in größeren Apartments, die in so kleine Bereiche aufgeteilt sind, dass deren Bewohner nicht einmal richtig die Beine ausstrecken können. Dennoch beträgt die Median-Miete für solch eine klaustrophobisch enge Schlafzelle laut der USA-Nachrichtenagentur „Associated Press“ fast 600 Euro im Monat.
2016 arbeitete die Hongkonger Menschenrechtsorganisation SoCO (Society for Community Organization) mit dem Fotografen Benny Lam zusammen, um die Probleme des Immobilienmarktes der Stadt zu dokumentieren und öffentlich zu machen.
Zwischen 2012 und 2015 hatte Lam erschütternde Bilder von den Lebensbedingungen in Hongkong aufgenommen, darunter auch die Sargzimmer.
In Hongkong gibt es laut dem US-Magazin „Vice“ 37-Quadratmeter-Wohnungen, die illegalerweise so unterteilt wurden, dass verschlossene Doppelstockbetten für rund 20 Personen hineinpassen. Jedes Bett misst 1,8 auf 0,8 Meter und die Sargzimmer-Schlafplätze sind manchmal nur durch Holz, dünnste Metallplatten oder Draht voneinander abgetrennt. Küche und Toilette haben eine ähnliche Größe und müssen von den Bewohnern geteilt werden.
Die durchschnittliche Größe dieser Unterkünfte beträgt nur zehn Quadratmeter, etwa ein Viertel davon sind kleiner als acht Quadratmeter. Oft gibt es nicht mal genügend Platz, um aufrecht zu stehen.
Zum Vergleich: Die Standardgröße eines Parkplatzes in Hongkong ist 12,4 Quadratmeter, während die durchschnittliche Gefängniszelle sieben Quadratmeter misst.
Durch die beschriebene Unterteilung von Wohnungen sind in Hongkong rund 110.000 dieser klaustrophobisch-winzigen Schlafzellen entstanden, in denen Menschen auch während der Corona-Lockdowns ausharren mussten.
Im Verlauf der Pandemie wurden im dicht besiedelten Hongkong über 1,8 Millionen Covid-19-Fälle und 10.273 Todesfälle gemeldet (Stand: Oktober 2022).
Angesichts dieser erschreckenden und oftmals gefährlichen Bedingungen ist es schwer nachzuvollziehen, weshalb von offizieller Seite nicht bereits mehr gegen die Wohnungskrise in Hongkong unternommen wurde.
Im Dezember 2024 stellte die Regierung nun neue Regeln vor, die Mindeststandards für unterteilte Wohnungen festlegen bzw. der Plan ist, diese Art von Unterkunft bis 2049 ganz zu beseitigen. Abgesehen davon wurden davor kleinere Maßnahmen ergriffen, um den sozialen Wohnungsbau zu fördern und die Mieten zu kontrollieren. Viele befürchten jedoch, dass dies die Mieten in die Höhe treibt und die Wohnsituation für ärmere Menschen noch schlimmer macht.
Die Immobilienpreise in Hongkong sind so extrem gestiegen, dass die ärmsten Bewohner der Stadt sogar in winzigen Drahtkäfigen schlafen. Die rasante Zunahme neuer Luxusentwicklungen hat allerdings dazu geführt, dass immer mehr alte Häuserblocks mit solchen Wohnkäfigen verschwinden und deren Bewohner vertrieben werden.
Dieses Foto aus dem Jahr 2013 zeigt den damals 77-jährigen Yeung Ying Biu in dem 1,5 Quadratmeter großen Käfig, der sein Zuhause ist.
Auf diesem Bild aus dem Jahr 2010 sitzt ein älterer Bewohner neben seinem Wohnkäfig, der sich auf einer Etage mit vier weiteren solcher Behausungen befindet. Da alte Wohngebäude zunehmend von Immobilienentwicklern aufgekauft werden, mussten bereits Tausende von Menschen, die in den nur 1,4 Quadratmeter großen Käfigen wohnen, ihr Zuhause räumen.
Sanitäre Anlagen und Küche, die von den Wohnkäfig-Bewohnern geteilt werden, befinden sich oft im selben Raum, was das Risiko für die Verbreitung von Krankheiten enorm erhöht. Ratten und Kakerlaken sind zudem an der Tagesordnung.
Es wäre mehr als erstaunlich, wenn solch ein Leben nicht seinen psychischen und physischen Tribut zollt. Die „South China Morning Post“ berichtete 2022, dass sich die Bewohner angesichts ihrer Lebensumstände schämen und depressiv fühlen.
Hier sitzt ein älterer Bewohner auf seinem Etagenbett, das von der Menschenrechtsorganisation SoCO gespendet wurde. Für viele sind diese menschenunwürdigen Verhältnisse in alten Mietskasernen die einzige Option auf ein Dach über dem Kopf.
Die durchschnittliche Wartezeit für staatlich geförderten Wohnraum beträgt in Hongkong 5,3 Jahre (Stand: Dezember 2024). Mehr als lang genug und gleichzeitig ein Rückgang im Vergleich zum Höchststand von 6,1 Jahren im März 2022.
Die extrem beengten Lebensbedingungen in diesen städtischen Slums demonstrieren, welch katastrophales Ausmaß die Wohnungsnot in Hongkong angenommen hat – ein radikaler Gegensatz zu den Luxusapartments der Reichen.
Nicht zuletzt Kinder sind in diesem Szenario die Leidtragenden: Laut einer Studie aus dem Jahr 2023 sind solche, die in unterteilten Wohnungen aufwachsen, eher von Ernährungsunsicherheit und Mangelernährung betroffen. Das beengte Wohnen kann laut Berichten auch Kurzsichtigkeit sowie Entwicklungs- und Wirbelsäulenprobleme verursachen.
Die Wohnungskrise hat auch dafür gesorgt, dass sich Studenten, Reisende, Unternehmer und junge Geschäftsleute zu Wohngemeinschaften zusammenfinden, um sich das Leben in der Stadt leisten zu können.
Mit anderen Menschen zusammenzuwohnen, ist inzwischen eine gängige Praxis. Sogar Banker nehmen sich ein Beispiel an Studenten und bewerben sich für Neubauwohnungen in der Stadt, die in der Regel mit drei bis vier Personen geteilt werden.
Campus ist eine moderne WG-Anlage für junge Menschen im Stadtteil Tsuen Wan. Bei dieser Art von Co-Living, wie es neudeutsch heißt, teilen sich vier Personen ein Apartment, wobei Etagenbetten den Hauptraum in kleine Eigenbereiche teilen.
Jeder Schlafplatz hat verschließbare Schubladen und verfügt über Regale sowie eine Kleiderstange. Hinzu kommt eine Leselampe und ein Schreibtisch mit Stuhl. Wer sich mehr Privatsphäre wünscht, zieht einfach die Vorhänge zu.
Die Campus-Wohnanlage für gemeinschaftliches Wohnen ist als Langzeitunterkunft gedacht und beliebt bei Studenten. Als Highlights gibt es für die Bewohner einen Swimmingpool und ein Fitnessstudio. Ein Shuttle-Bus bedient alle wichtigen Orte in Hongkong.
Die Campus-Betreiber organisieren zudem gemeinsame Aktivitäten wie Filmabende oder Bootsausflüge, um das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Das zieht auch Reisende aus anderen Ländern an, die sich für ein authentisches Erlebnis in Hongkong in der WG-Anlage einbuchen.
Der Bedarf nach erschwinglichem Wohnraum hat zu erfinderischen Lösungen geführt. Für die Mikrowohnungen des OPod Tube House wurden zum Beispiel die alten Wasserrohre der Stadt umfunktioniert.
Das experimentelle Wohnprojekt basiert auf einer Idee des Architekten James Law und die kleinen Apartments werden in die stillgelegten Betonrohre gebaut. Es soll vor allem jungen Einwohnern einen preisgünstigen Wohnraum bieten. Jede 9,3 Quadratmeter große Wohneinheit verfügt über ein Bett, einen Mini-Kühlschrank, Stauraum und ein Bad.
Die Mietkosten für die Mikrowohnungen sollen bei umgerechnet etwa 340 Euro im Monat liegen, so Law. Und für die Verwendung des Gelds gibt es innovative Ansätze:
Etwa 110 Euro würden die Verwaltungskosten decken, erläuterte der Architekt im Interview mit der britischen Zeitung „The Guardian“ im Jahr 2018. Der Rest würde für die jungen Mieter angelegt werden. Nach Ende des Mietvertrags würden die Bewohner das Geld dann zurückerhalten, um sie auf ihrem weiteren Weg zu unterstützen.
Der Designer und Künstler Kacey Wong schuf dieses Häuschen auf Rädern als Alternative zu den typischen Lebensweisen in Hongkong. Das „Wandering Home“ (zu Deutsch: Wanderndes Zuhause) ist knapp über einen Quadratmeter groß und auf einem Dreirad gebaut, die man oft auf dem chinesischen Festland sieht.
Ursprünglich hatte Wong das Heim für sich selbst konzipiert, erkannte darin später aber eine mögliche Lösung für Wohnungslose in Hongkong.
Auf seiner Website schreibt Wong, das Projekt erforsche die Idee des minimalen Wohnens und solle dazu anregen, „über unsere Lebensbedingungen in der Stadt nachzudenken.“
Der Designer hat zahlreiche weitere Wohnmodelle entworfen, darunter ein knapp 1,5 Quadratmeter großes Minihaus, das auf Fässern und Reifen im Meer schwimmt. Auch diese mobile Unterkunft wurde durch die Wohnungskrise in Hongkong inspiriert.
Fest steht: Für ein so monumentales Problem wie den Wohnungsmangel in Hongkong braucht es eine große Lösung. Nun will man die Situation mit dem Projekt „Lantau Tomorrow Vision“ in den Griff bekommen. Östlich von Lantau Island (Bild) sollen 17 Quadratkilometer Land in Form von künstlichen Inseln aufgeschüttet werden.
Als die Stadtentwicklung, auch bekannt als „Kau Yi Chau Artificial Islands“, 2018 erstmals angekündigt wurde, waren zwischen 260.000 und 400.000 Wohnungen für bis 1,1 Millionen Menschen geplant. Die Arbeiten sollten 2025 beginnen, doch könnte sich der Baubeginn laut Angaben eines Verantwortlichen um zwei bis drei Jahre verzögern.
Das Riesenprojekt, das Anfang 2023 in einer interaktiven Ausstellung vorgestellt wurde (Bild), ist umstritten. Aufgrund der geschätzten Kosten von rund 70,7 Milliarden Euro wird befürchtet, dass es sich als Investitionsruine entpuppen könnte und auch von Umweltschützern hagelt es Kritik.
Ob das Milliardenprojekt also jemals in die Tat umgesetzt wird, bleibt abzuwarten – und ob es dann die Wohnungskrise Hongkongs lindert, ist nochmal eine ganz andere Frage …
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