Reich oder arm – der wirtschaftliche Wohlstand eines Landes kann sich im Laufe der Zeit komplett ändern. Manchmal reichen für den Abwärtstrend sogar nur wenige Jahrzehnte. Viele Nationen mit heute niedrigem oder mittlerem Einkommen gehörten einst zu den wohlhabendsten der Welt.
Erfahren Sie hier, welche neun Länder ihren Reichtum wieder verloren haben – und warum.
(US-Dollarbeträge wurden in Euro umgerechnet)
Adaptiert von Barbara Geier
Die Türkei ist zwar nicht arm, aber auch nicht besonders reich. Die als Schwellenland eingestufte Nation hat ein Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt von etwa 14.300 Euro. Das entspricht ungefähr dem weltweiten Durchschnitt, ist aber niedriger als in den meisten europäischen Ländern.
Die aktuellen ökonomischen Eckdaten sind weit entfernt von der Realität im 16. Jahrhundert und zu Zeiten des Osmanischen Reiches, aus dem die moderne Türkei hervorging. Damals hatte das Land eine starke Wirtschaft, die mit der heutiger westeuropäischer Nationen mithalten konnte.
Mitte des 16. Jahrhunderts gehörten weite Teile Südosteuropas, Nordafrikas und des Nahen Ostens zum Osmanischen Reich, das damit ideal für den Handel aufgestellt war.
Unter der Herrschaft von Sultan Süleyman I. (genannt „der Prächtige“) von 1520 bis 1566 wurde das Reich zu einer Supermacht und erlebte ein goldenes Zeitalter mit militärischen Erfolgen, nie dagewesenem Wohlstand und herausragenden künstlerischen Zeugnissen.
Im Laufe der Jahrhunderte kam es zunehmend zu internen Auseinandersetzungen und zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Reich am Zerfallen.
Im Ersten Weltkrieg stand die Nation auf der Seite Deutschlands, sodass die meisten Gebiete des Reiches nach der Niederlage konfisziert wurden. Anschließend sorgte der Türkische Unabhängigkeitskrieg dafür, dass das Osmanische Reich 1922 als stark verkleinerte Republik Türkei wiedergeboren wurde.
Mit einem Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt von nur etwa 891 Euro ist Mali eines der ärmsten Länder der Welt. Die von Dürre geplagte afrikanische Nation steht auf der Liste der 45 am wenigsten entwickelten Länder der Vereinten Nationen. Ein Großteil der Bevölkerung ist auf die Landwirtschaft angewiesen, um sich selbst zu versorgen und den kargen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Wenn man Hunderte von Jahren zurückschaut, sieht die Lage allerdings ganz anders aus. Das Land lag im Herzen des Mali-Reiches, das sich als größtes westafrikanisches Reich der Geschichte über den gesamten Kontinent bis zum Atlantik erstreckte und eine Bevölkerung von bis zu 50 Millionen Menschen hatte.
Mit dem Wachstum des Mali-Reiches wurde auch seine Hauptstadt Timbuktu größer und entwickelte sich zu einem Zentrum für Bildung, Kultur und Handel.
Seine Blütezeit erlebte das Reich unter Mansa Musa I., der von 1312 bis circa 1337 regierte. Während dieser Periode war Mali ein wichtiger Goldproduzent. Der König konnte über die Hälfte der weltweiten Vorräte des Edelmetalls verfügen, das an Händler aus Ägypten, Persien, Genua und Venedig verkauft wurde.
Mansa Musa I., der das Territorium des Reiches ausdehnte, gilt als einer der reichsten Menschen aller Zeiten. Während seiner 25-jährigen Herrschaft häufte er in heutiger Umrechnung und Wertentwicklung Hunderte von Milliarden Euro an.
Man weiß nicht genau, wann Mansa Musa I. starb, aber nach seiner Herrschaft ging es mit dem Mali-Reich bergab. Die Handelsrouten gerieten ins Wanken, es folgten Bürgerkriege und Angriffe benachbarter Rivalen und letztendlich überlebte das Reich die marokkanische Invasion im späten 16. Jahrhundert nicht. Seitdem ist Mali aus der Verarmung nicht mehr herausgekommen.
Indiens Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt von etwa 2.650 Euro ist seit langem niedrig. Obwohl es in den letzten Jahren große Fortschritte bei der Bekämpfung der extremen Armut im Land gab, leben noch immer Hunderte Millionen Menschen von der Hand in den Mund. Etwa 60 Prozent der Bevölkerung müssen mit weniger als rund 2,90 Euro pro Tag auskommen. Laut Definition der Weltbank gelten Menschen, die weniger als rund zwei Euro pro Tag zur Verfügung haben, als extrem arm.
Zu Zeiten des Mogulreichs, das 1526 gegründet wurde und sich während seiner Blütezeit im 17. Jahrhundert über fast den gesamten indischen Subkontinent erstreckte, sah das anders aus.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hatte das Mogulreich auf dem indischen Subkontinent China überholt. Als weltweit führende Wirtschaftsmacht erwirtschaftete es knapp 25 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes, was heute unglaublichen 64 Billionen Euro entsprechen würde. Das Land war zudem führend in der verarbeitenden Industrie und erzeugte bis Anfang des 18. Jahrhunderts ein Viertel der weltweit hergestellten Industrieprodukte.
Die Reallöhne und der Lebensstandard im Land waren sogar höher als in England, das zu diesem Zeitpunkt in Sachen Lebensstandard in Europa führend war.
Interne Konflikte sorgten im späten 18. Jahrhundert dafür, dass das Mogulreich auseinanderbrach und 1858 schließlich von den Briten übernommen wurde.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Konkurrenz aus dem industrialisierten Europa die indische Industrie bereits stark geschwächt und mit der Macht und dem Reichtum der jetzt kolonisierten Nation war es vorbei.
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Die jahrzehntelange kommunistische Herrschaft und lähmende US-Sanktionen haben dazu beigetragen, dass Kuba verarmt ist. Das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt des Karibikstaates liegt unter 9.300 Euro und die Regierung hat Mühe, angemessenen Wohnraum, öffentliche Transportmittel und lebensnotwendige Güter bereitzustellen.
Im Durchschnitt haben Haushalte ein Monatseinkommen von 15 bis 21 Euro.
Bevor Fidel Castro im Zuge der kubanischen Revolution 1959 die Macht übernahm, hatte das Land dank der florierenden Zucker- und Tourismusindustrie eines der höchsten Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukte in Nord-, Mittel- und Südamerika. Kuba hatte eine wohlhabende Mittelschicht und in der Hauptstadt Havanna wurde der zweithöchste Pro-Kopf-Besitz an Autos und Telefonen in der westlichen Hemisphäre verzeichnet.
Dennoch war nicht alles rosig. Das Wohlstandsgefälle war in den 1950er-Jahren extrem und das unter einer repressiven Militärherrschaft stehende Land hatte mit einem hohen Maß an organisierter Kriminalität zu kämpfen.
Nach der Revolution ging das kubanische Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt immer weiter zurück. Als die sowjetischen Subventionen, die mehr als 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmachten, Anfang der 1990er-Jahre versiegten, erreichte die Wirtschaft einen Tiefpunkt. Seitdem hat sich das Land nicht mehr erholt.
Mit der Corona-Pandemie nahm die Wirtschaftskrise noch einmal ganz andere Dimensionen an – mit schweren Folgen: Die Zahl der Kubaner, die ihr Land verließen, stieg im Jahr 2022 dramatisch an und übertraf sogar Werte, die zuletzt in den 1980er- und 1990er-Jahren verzeichnet wurden.
Nach jahrzehntelangem Krieg erholt sich die irakische Wirtschaft nur mühsam und die Pandemie hat die Lage noch erschwert. Das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt liegt derzeit bei knapp 5.600 Euro und laut Angaben des Kinderhilfswerks UNICEF lebt ein Drittel des Landes in Armut.
Hinzu kommt, dass weder die Infrastruktur noch öffentliche Dienstleistungen funktionieren und die zunehmende Wasserknappheit große Probleme bereitet.
Angesichts der aktuellen Lage ist es kaum vorstellbar, dass der Irak einst den höchsten Lebensstandard in der Region hatte.
Dank seiner Ölreserven war das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt in den 1980er-Jahren sprunghaft angestiegen. Das Land hatte eine moderne Infrastruktur, es gab ein Sozialsystem und ein gutes Gesundheitswesen. Die stabile Mittelschicht war aufstiegsorientiert und Wanderarbeiter kamen aus der ganzen Region und sogar aus Afrika und Asien in den Irak.
Im Jahr 1979 übernahm Saddam Hussein (Bild) offiziell die Macht und alles wurde anders: 1980 startete der Diktator einen verheerenden achtjährigen Krieg mit dem benachbarten Iran, der die Wirtschaft zu Boden brachte. Korruption im Land und fallende Ölpreise verschlimmerten die desolate finanzielle Lage des Irak.
Damit nicht genug: Im Jahr 1990 marschierte Hussein in Kuwait ein und die darauffolgenden Golfkriege schädigten die Wirtschaft in den nächsten 20 Jahren weiter. Nicht zuletzt, weil das Land weitreichenden Sanktionen ausgesetzt war.
Trotz Wirtschaftswachstums und Maßnahmen zur Verringerung der Armut liegt das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt Thailands mit nur 6.800 Euro deutlich unter dem von fortgeschrittenen Volkswirtschaften. Außerdem gibt es immer noch Regionen, in denen die Armut sehr groß ist. Dazu gehören insbesondere ländliche Gebiete im Nordosten und Süden des Landes.
Im Gegensatz dazu war das Königreich Ayutthaya, das einen Großteil des heutigen Thailands umfasste, im 16. und 17. Jahrhundert reicher als viele europäische Länder. Ayutthaya war ein internationales Handelszentrum, dessen gleichnamige Hauptstadt sich in Größe und Pracht mit Paris messen konnte.
Die strategisch günstige Insellage der Hauptstadt Ayutthaya, die über schiffbare Gewässer mit dem Meer verbunden war, bot Schutz vor angreifenden Kriegsschiffen und lag genau zwischen Indien und China, was dem Königreich zu Wohlstand verhalf.
Im Gegensatz zu anderen Ländern in der Region empfing das Königreich Ayutthaya ausländische Händler mit offenen Armen. Es herrschte ein reger Warenaustausch mit Kaufleuten aus China und Japan, aber auch aus weiter entfernten Ländern wie Frankreich und Portugal.
Der wirtschaftliche Boom hielt jedoch nicht lange an, denn zu Beginn des 18. Jahrhunderts ging der internationale Handel zurück. Intrigen, bei denen mehrere potenzielle Thronerben ausgeschaltet wurden, destabilisierten die Monarchie und machten sie zum Ziel einer Invasion aus dem benachbarten Birma (dem heutigen Myanmar).
Die burmesische Armee nutzte die Schwäche des Königreichs aus, marschierte 1765 ein und belagerte die Hauptstadt. Nach zwei Jahren kapitulierte Ayutthaya und wurde weitgehend zerstört. Das neu entstandene Land und weitaus weniger mächtige Königreich Thonburi war der Vorläufer des modernen Thailands.
Armut ist in Simbabwe ein großes Problem. Laut einer Studie aus dem Jahr 2021 gilt die Mehrheit der Bevölkerung als armutsgefährdet oder lebt bereits in Armut. Das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt liegt laut Weltbank bei etwa 2.660 Euro – weniger als die Hälfte des Wertes in einem Schwellenland.
Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass Simbabwe eine der fortschrittlichsten Volkswirtschaften Afrikas war.
Nach der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1980 war die Wirtschaft Simbabwes dank vieler natürlicher Ressourcen und eines lukrativen Agrarsektors in einer robusten Verfassung. Die Regierung ermöglichte den Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung und sorgte für landesweite Nahrungsmittelsicherheit.
Unter der Führung von Präsident Robert Mugabe begann sich das Blatt allerdings zu wenden.
Im Jahr 2000 begann Mugabes Regierung damit, die hochproduktiven Farmen weißer Landwirte zu beschlagnahmen, was sich als katastrophaler Schachzug erwies. Den neuen Besitzern der Landwirtschaften fehlte es an relevanten Kenntnissen und Erfahrungen, sodass die Produktion einbrach. Die Wirtschaft litt, mit der Folge einer grassierenden Hyperinflation.
Mugabe, dessen Herrschaft von schweren Menschenrechtsverletzungen geprägt war, wurde 2017 gestürzt. Die wirtschaftlichen Aussichten sind allerdings weiterhin düster. Der neue Präsident Emmerson Mnangagwa setzt nun darauf, dass die jüngsten Funde von Öl- und Gasvorkommen eine Phase des dringend benötigten Wachstums einleiten werden.
Der kleine pazifische Inselstaat Nauru liegt mit einem Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt von etwa 11.100 Euro knapp unter dem weltweiten Durchschnitt. Die Summe erscheint im Vergleich zu anderen Ländern auf dieser Liste hoch. Doch die Armut ist weit verbreitet und die wirtschaftliche Zukunft des Landes ist ungewiss.
Aber warum war die Heimat von nur 13.000 Menschen bis vor kurzem noch die „reichste kleine Insel der Welt“?
In den 1970er-Jahren war die finanzielle Lage Naurus bestens: Dank seiner reichen Phosphatvorkommen (Bild), einem wichtigen Bestandteil von Düngemitteln, hatte das kleine Land das zweithöchste Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt der Welt.
Die Regierung der Insel gab viel Geld aus. Sie kaufte Flugzeuge und Schiffe, baute Luxushotels und einen Golfplatz. Die Bevölkerung arbeitete größtenteils nicht und war mit importierten Luxusautos und ihren mondänen Häusern zufriedengestellt.
Die Regierung war sich bewusst, dass die Phosphatreserven eines Tages ausgehen würden und investierte daher über 930 Millionen Euro in einen Treuhandfonds. Das Geld wurde allerdings schlecht verwaltet und ging schnell zur Neige. Als der Phosphatbergbau ab den 1980er-Jahren ins Stocken geriet, wurde Nauru von Schulden überschwemmt. Obwohl die Regierung strenge Sparmaßnahmen implementierte, wäre die Insel im Jahr 2000 beinahe bankrott gegangen.
Seitdem hält sich Nauru mit internationalen Hilfen über Wasser und ist in hohem Maße von den Einnahmen abhängig, die mit dem Unterhalt eines australischen Flüchtlingslagers auf der Insel generiert werden – doch die Einrichtung wird 2025 wahrscheinlich geschlossen.
Venezuela befindet sich in einer der schlimmsten Finanzkrisen der Geschichte und die Wirtschaft des Landes ist stärker geschrumpft als die der USA während der Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren. Das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt beträgt nur noch knapp über 3.400 Euro und schätzungsweise 82 Prozent der Bevölkerung leben in Armut. 53 Prozent fehlt es an ausreichend Geld für Grundnahrungsmittel. Gleichzeitig bedeutet die allgemeine Knappheit, dass es für diejenigen, die es sich leisten können, nur wenig zu kaufen gibt.
Die Folgen: In einem einst wohlhabenden Land, in dem Menschen mittlerweile hungern müssen, ist die Kriminalität außer Kontrolle geraten und soziale Spannungen nehmen zu.
Mit der Entdeckung riesiger Ölreserven Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Venezuela bis in die 1970er-Jahre zu einer der reichsten Volkswirtschaften in Südamerika. Das Land übertraf nicht nur mehrere europäische Länder, darunter Griechenland und Spanien, sondern sein Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt erreichte sogar 80 Prozent des Wertes der USA.
Dieses extreme Wachstum, das eine wohlhabende Mittelschicht hervorbrachte, verwandelte sich leider sehr schnell ins Gegenteil, da sich die Wirtschaft vom Öl abhängig gemacht hatte.
Mit einer sinkenden Erdölförderung in den 1970er-Jahren gingen Arbeitsplätze verloren. Im Jahr 2015 brach der Ölpreis um 50 Prozent ein – eine Katastrophe, da die Wirtschaft nicht auf breitere Beine gestellt worden war. Das Ausmaß der Abhängigkeit vom Öl wird an folgenden Zahlen deutlich: Zwischen 1998 und 2013 stieg der Anteil der Erdölprodukte an den Exporten des Landes von 70 Prozent auf 98 Prozent an.
Die Amtszeit von Präsident Nicolás Maduro war von Korruptions- und Repressionsvorwürfen geprägt und umfangreiche Sanktionen, die von den EU-Ländern und den USA gegenüber Venezuela verhängt wurden, belasteten die Wirtschaft weiter. Die US-Regierung unter Joe Biden hob die Sanktionen 2023 auf, nachdem Maduro zugestimmt hatte, die Kandidatur von Oppositionskandidaten bei den Wahlen zuzulassen.
Anfang 2024 wurde die Sanktionen allerdings wieder in Kraft gesetzt. Fazit bleibt, dass mit Venezuela aus einer der stärksten Volkswirtschaften Südamerikas eine der schwächsten geworden ist.
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