Frustriert im Job? Dann seien Sie froh, dass Sie nicht in Nordkorea leben. Die folgenden Bilder dürften Ihren Ärger schnell wieder relativieren. Die meisten Einwohner des unter der Diktatur von Kim Jong-un stehenden Landes sind lebenslang im gleichen Beruf gefangen und bekommen dafür gerade einmal ein paar hundert Euro im Monat – oder sogar im Jahr. Dazu stehen extreme Diskriminierung und Korruption an der Tagesordnung. Lesen Sie hier mehr über die streng gehüteten Geheimnisse des nordkoreanischen Arbeitsmarktes und die Jobs, denen die Menschen dort nachgehen, um zu überleben.
Das sogenannte „Songbun“-System in Nordkorea ordnet jeden Bürger von Geburt an einer Klasse zu – ausschlaggebend ist der Status des Vaters. Die Einwohner werden in die Hauptkategorien „Kern“, „Schwankend“ und „Feindlich“ eingeordnet, dazu gibt es rund 50 Unterkategorien. Der Status des Menschen bestimmt, welche Art von Arbeit sie im späteren Leben verrichten dürfen.
Abhängig von ihrem „Songbun“ wird den Nordkoreanern meist eine offizielle Rolle zugewiesen. Staatsbeamte ermitteln, in welchen Sektoren gerade Personalmangel besteht und teilen die Menschen dementsprechend zu. Die meisten bleiben bis ans Ende ihrer Tage in derselben Position. Obwohl es in Nordkorea grundsätzlich ein Rentensystem gibt, hat nicht jeder tatsächlich Anspruch auf Zahlungen. Diejenigen, die die Voraussetzungen erfüllen, erhalten laut einem „Guardian“-Artikel aus dem Jahr 2015 0,50 Dollar, auf heute umgerechnet 0,58 Dollar (0,50 Euro).
Menschen mit hohem sozialem Status haben mehr Freiheiten bei der Berufswahl und können, sofern sie über ein gutes Netzwerk verfügen, sogar den Job wechseln. Jene auf der anderen Seite des Spektrums müssen hingegen Beamte oft mit Geld oder Sachgeschenken bestechen, um im gewünschten Beruf arbeiten zu dürfen. Korruption ist in Nordkorea weit verbreitet.
Der durchschnittliche Angestellte hat eine 48-Stunden-Woche (ohne Überstunden), verteilt auf sechs Tage. Sonntage sind frei. Allerdings werden die behördlichen Vorschriften häufig missachtet. 2016 etwa wurden alle Normalsterblichen gezwungen, 70 Tage ohne Pause zu arbeiten, um die Wirtschaft des Landes anzukurbeln. Wer sich dennoch frei nehmen wollte, musste umgerechnet 0,50 Dollar (0,40 Euro) zahlen – rund das Doppelte des damaligen durchschnittlichen Monatseinkommens.
Nach dem Schulabschluss müssen alle Bürgerinnen und Bürger im Alter von 17 bis 20 Jahren zum Militär. Männer werden für bis zu zehn Jahre eingezogen, Frauen dürfen den Dienst an ihrem 23. Geburtstag quittieren.
Nach dem Militärdienst wird den Nordkoreanern ihre offizielle Stelle auf Lebenszeit zugewiesen. Die Mehrheit, laut Weltbank 59 Prozent, wird der Landwirtschaft zugeteilt. Zum Vergleich: In Südkorea arbeiten in dem Sektor gerade einmal fünf, in den USA zwei und in Deutschland gut ein Prozent. Zahlen deuten darauf hin, dass Bauern und Bäuerinnen in Nordkorea pro Monat 1 bis 2 Dollar (0,90 bis 1,80 Euro) verdienen. Die Mehrheit der Bevölkerung lebt daher in Armut.
Lebensmittel, Textilien, Drähte und Kabel: Nordkorea hat zahlreiche Fabriken. Doch obwohl nordkoreanische Arbeiter in Ländern wie China unter teils verheerenden Bedingungen arbeiten, gelten manche der staatlichen Fabriken tatsächlich als begehrte Arbeitsplätze. Bilder des Fotografen Stéphan Gladieu, die im „Guardian“ veröffentlicht wurden, zeigen Mitarbeiter einer Lebensmittelfabrik in Pjöngjang, die sich in einem hauseigenen Schwimmbad entspannen.
Die Corona-Pandemie hat jedoch viele Fabrikarbeiter in die Armut gestürzt. Laut einem Bericht von GlobalSecurity.org haben Hunderte ihre Jobs in einer Bohrmaschinenfabrik an der nordkoreanischen Grenze aufgegeben, um stattdessen Meeresfrüchte für den Export nach China zu fangen. Der Grund: Durch die verlangsamte Produktion hatten sie den Großteil ihres ohnehin schon niedrigen Staatsgehaltes verloren.
Die Auswahl an Haarschnitten ist in Nordkorea begrenzt. Konkret gibt es 28 staatlich genehmigte Frisuren: 18 für Frauen und zehn für Männer. Verheiratete Frauen müssen ihre Haare kurz tragen, während ledige auch einen längeren Schnitt wählen können. Männer dürfen ihre Haare nicht länger als fünf Zentimeter lang wachsen lassen, bei älteren Generationen sind es sieben. Absolut verpönt sind Haarschnitte, die denen des Diktators Kim Jong-un ähnlich sind.
Für die staatlich erlaubten Frisuren zuständig sind in der Regel ältere Frauen. Ein klassischer Männerhaarschnitt kostet rund 4.500 KPW (4,40 Euro). Das Einkommen der Friseurinnen dürfte damit im Landesdurchschnitt liegen. Derzeit beträgt dies laut Salary Explorer zwischen 49.100 KPW (48,20 Euro) und 194.000 KPW (190,50 Euro) pro Monat.
Nach Angaben der Unesco hat Nordkorea mit 98 bis 100 Prozent eine der höchsten Alphabetisierungsraten der Welt. Bei einer (offiziellen) Corona-Rate von 0 Prozent und einer 100-prozentigen Unterstützung der regierenden Arbeiterpartei ist diese Eigenangabe natürlich mit Vorsicht zu genießen. Fakt ist jedoch, dass das staatliche Bildungssystem in Nordkorea sehr geschätzt wird.
Statistiken aus den 1980ern zeigen, dass es im Land mehr als 170.000 Lehrerinnen und Lehrer in Grund- und weiterführenden Schulen gab, 80 Prozent waren Frauen. Laut Salary Explorer lag deren Monatsgehalt bei 160.000 KPW, auf heute umgerechnet rund 175 Euro.
Aufgrund der niedrigen Durchschnittslöhne kann sich der Großteil der nordkoreanischen Bevölkerung kein Auto leisten. Das hat die Regierung jedoch nicht davon abgehalten „menschliche Ampeln“ einzusetzen, um die fast leeren Straßen in Pjöngjang zu regeln. Verkehrssicherheitsbeauftragte, im Volksmund „Verkehrsdamen“ genannt, stehen an Kreuzungen auf der Straße, um Fahrzeuge zu dirigieren – auch wenn dort gar keine fahren.
Laut Insidern müssen diese ledig sein, unter 26 und dem klassischen Schönheitsbild entsprechen. Da die „Verkehrsdamen“ inzwischen zu einem Symbol für Pjöngjang geworden sind, dürfte ihr Gehalt am oberen Ende des Durchschnitts liegen.
Nordkoreanische Arbeiter sind nicht nur in landeseigenen Fabriken tätig, sondern auch in ausländischen, die vor allem rund um die Grenze zu China angesiedelt sind. Von dort aus lässt sich Ware einfach ins Ausland schmuggeln. Die Angestellten werden in ausländischer Währung bezahlt und kommen im Monat auf bis zu 98 Euro. Aber der Job hat auch Schattenseiten.
Berichten zufolge sind viele menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen ausgesetzt und schuften bis zu 18 Stunden pro Tag unter ständiger Beobachtung. Dazu müssen sie bis zu 70 Prozent ihres Gehaltes an die nordkoreanische Regierung abliefern.
Nordkoreaner sind nicht nur im Ausland Sklaverei ausgesetzt. Human Rights Watch und die südkoreanische Regierung schätzen, dass in Nordkorea zwischen 150.000 und 200.000 Menschen in Zwangsarbeit leben. Viele von ihnen wurden beim Versuch, über die Grenze zu fliehen, erwischt. Nach nordkoreanischem Gesetz kann die gesamte Großfamilie einer Person, die ein Verbrechen begangen hat, verhaftet werden – und die folgenden zwei Generationen gleich dazu.
Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International sterben bis zu 40 Prozent der Zwangsarbeiter in Gefangenenlagern an Unterernährung. Die Arbeit ist gefährlich und anstrengend und kann vom Bergbau bis hin zum Holzfällen reichen.
In einem Land, in dem der äußere Schein alles ist, überrascht es wenig, dass unverhältnismäßig viele Menschen damit beschäftigt sind, die Städte sauber zu halten. Obwohl auf Fotos häufig Soldaten zu sehen sind, die vor großen Paraden oder Veranstaltungen die Straßen fegen, ist dies im Normalfall die Aufgabe der Zivilisten – und oft jene der Frauen.
Sauberkeit ist in Nordkorea so wichtig, dass ein staubiges Wohnzimmer zu Hause in einer Gefängnisstrafe enden kann. Pressefotos zeigen Straßenreiniger, die bereits makellose Bürgersteige wieder und wieder fegen. Geheimes Filmmaterial aus dem Jahr 2010 dokumentierte sogar, wie sie versuchten, Pfützen zu entfernen.
Selbstverständlich, nicht jeder ist auf schlecht bezahlte Jobs und den Schwarzmarkt angewiesen. Die beliebtesten Berufe in Nordkorea können tausende von Euro im Monat einbringen – vorausgesetzt, Sie haben den richtigen „Songbun“, um sich dafür zu qualifizieren.
Dies trifft auf rund zehn Prozent der Bevölkerung dazu, von denen die meisten in der Hauptstadt Pjöngjang leben. Hochrangige Militärposten sind die beliebtesten Jobs, gefolgt von wissenschaftlichen und diplomatischen Stellen, sowie Arbeitsplätzen in Unternehmen, die in ausländischer Währung bezahlen.
Taxifahren ist für viele ein lukratives Nebengeschäft. Private Unternehmen fahren sowohl die betuchte Elite als auch Unternehmer mit niedrigem Status durch die Städte, die genug Geld haben.
Doch die Tage dieses Berufs könnten gezählt sein. Berichten zufolge sinken die Löhne der Fahrer in Pjöngjang seit 2019 stetig, da immer mehr Konkurrenz auf den Markt drängt und der Staat zudem horrende Steuern erhebt. Laut der Zeitung „The Diplomat“ beträgt letztere umgerechnet bis zu 128 Euro pro Tag. Zum Vergleich: Das durchschnittliche Monatsgehalt in Nordkorea liegt bei etwa 210 Euro.
Wer beim Militär die Karriereleiter nach oben geklettert ist, verdient monatlich mehrere tausend Euro. Dazu kommen Extras wie Luxuswohnungen und Gratis-Essen. In der Vergangenheit hatten hochrangige Generäle auch Anspruch auf zusätzliche Lebensmittelrationen, was ihnen ein noch größeres Privileg gegenüber den hungernden Massen verschaffte.
Jobs in der Wissenschaft sind in Nordkorea besonders gut bezahlt und heiß begehrt. Dies dürfte angesichts der berüchtigten Nuklear- und Cyberkriegsprogramme des Landes nicht weiter verwundern. Laut einem Flüchtling aus Nordkorea hegen „alle Eltern den Traum, ihre Kinder zu Forschern zu erziehen“. Viele zahlen demnach Privatlehrer, die ihren Nachwuchs in Naturwissenschaften unterrichten und scheuen sich nicht, Beamte zu bestechen, um ihnen die beste Uni-Ausbildung zu ermöglichen.
Hinzu kommt, dass Studenten der Naturwissenschaften oft vom Militärdienst befreit werden. Sobald sie ihr Diplom in der Tasche haben, dürfen insbesondere Atomphysiker damit rechnen, jede Menge Geld zu verdienen. Die besten Nuklearforscher des Landes, von denen viele aus der ehemaligen Sowjetunion rekrutiert wurden, sollen bis zu 9.800 Euro pro Monat kassieren.
Talentierte Informatik-Absolventen mit gutem „Songbun“ können sich auch Hoffnung auf eine Stelle in Nordkoreas zwielichtiger Cyberkriegs-Agentur Bureau 121 machen. Diese soll tausende hochbezahlter Hacker beschäftigen, die weltweit Computersysteme infiltriert haben. Im Februar 2021 wurden drei nordkoreanische Hacker in den USA angeklagt, nachdem bekannt geworden war, dass sie als Teil einer kriminellen Organisation insgesamt mehr als 1,25 Milliarden Euro von mehreren Unternehmen erpresst hatten. Einem UN-Bericht zufolge sollen nordkoreanische Hacker zudem Kryptowährung gestohlen haben, um die umstrittenen Raketentests des Landes zu finanzieren.
Obwohl sie im Vergleich zu anderen Ländern schlecht bezahlt sind, sind Diplomatenjobs in Nordkorea fast so begehrt wie jene in der Wissenschaft. Ein Botschafter verdient pro Monat in etwa 1.000 Euro, während Nachwuchskräfte bis zu 690 Euro mit nach Hause nehmen.
Im Gegensatz zu den meisten Ländern der Welt verdienen Frauen in Nordkorea mehr Geld als Männer. Männer haben es schwerer, sich durch Bestechung gut bezahlte Jobs zu sichern, was dazu geführt hat, dass Frauen inoffiziell den Markt dominieren. Ihnen stehen zudem lange Auszeiten zu, um sich der Familie zu widmen.
Studien des südkoreanischen Instituts KINU, das sich mit der koreanischen Wiedervereinigung befasst, zufolge verdienen nordkoreanische Frauen im Schnitt 70 Prozent des Haushaltseinkommens. Und das, obwohl sie nur 50 Prozent der Arbeitskraft im Land stellen.
Da die meisten offiziellen Löhne in Nordkorea extrem niedrig sind und die Arbeiter oft monatelang nicht bezahlt werden, bessern sich viele auf zwielichtigen Wegen ihr Konto auf. Schätzungen zufolge arbeiten 80 Prozent der Nordkoreaner zusätzlich schwarz. Das Spektrum reicht von inoffiziellen Verkaufsständen über Schmuggel bis hin zu Drogenhandel.
Jedes Dorf und jede Stadt in Nordkorea hat zumindest einen sogenannten „Jangmadang“, einen Schwarzmarkt. Dort verkaufen Bauern ihre Kartoffeln, die sie in der Freizeit angebaut haben, und Hausfrauen bieten billige Elektrogeräte aus China an. Kurzum: Alle versuchen, zusätzliches Geld zu machen, um zu überleben. Seit der Hungersnot in den 1990ern sind die Menschen zunehmend abhängig von den illegalen Märkten.
Die nordkoreanischen Millennials werden immer wieder auch als „Jangmadang-Generation“ bezeichnet, da viele Kinder der 1980er und 1990er in jungen Jahren auf das Nebeneinkommen ihrer Familien angewiesen waren. Ein florierender Marktstand oder ein kleiner Lebensmittelladen kann im Monat bis zu 98 Euro einbringen. Eine heimliche Werkstatt oder Näherei kann das Bankkonto um mehrere hundert Euro aufbessern.
Schlimmer ist die Tatsache, dass viele Nordkoreaner mit Methamphetamin handeln, um über die Runden zu kommen. Geschätzte 30 Prozent der Bevölkerung – etwa 7,5 Millionen Menschen – konsumieren illegal Drogen. Besonders beliebt ist Crystal Meth.
Laut der „Deutschen Welle“ soll die Regierung selbst die Produktion für den In- und Auslandsmarkt erhöht haben, um die Währung zu stärken. Ein ehemaliger Regierungsbeamter aus Nordkorea bestätigte dies in einem BBC-Interview. Seine Aufgabe sei es gewesen, ein Drogenlabor zu errichten, um „revolutionäre“ Gelder zu beschaffen.
Selbst hochqualifizierte Fachkräfte verdienen in Nordkorea oft lächerlich niedrige Gehälter. Ein Arzt, der vor dem Regime geflohen ist, erzählte der „Washington Post“ 2020, dass er traditionelle Medikamente illegal nach China geschafft habe, um sein mageres Monatsgehalt von 3,90 Euro aufzubessern.
Jetzt weiterlesen: Kim Jong-un lebt im Luxus – während sein Volk hungert