Vergessen Sie Nostradamus, Bill Gates hat im Laufe der Jahre eine Reihe bemerkenswerter und fast schon unheimlicher Voraussagen über unsere Gesellschaft getroffen, von Smartphones über Streaming-Dienste bis hin zur Corona-Pandemie und dem Trend zum Homeoffice. Der Microsoft-Gründer lag jedoch nicht mit allen Prognosen richtig. Sehen Sie hier, welche seiner Vorhersagen tatsächlich eingetroffen sind – und wo er daneben tippte.
Bill Gates’ Buch „Der Weg nach vorn: Die Zukunft der Informationsgesellschaft“ aus dem Jahr 1995 ist vollgepackt mit faszinierenden Voraussagen. Unter anderem spricht Gates darin von einem „Brieftaschen-PC“, den er als „das neue Schweizer Taschenmesser“ bezeichnet.
Der Microsoft-Gründer stellte sich ein handliches Multifunktionsgerät vor, das es seinem Benutzer unter anderem ermöglicht, von unterwegs E-Mails zu senden und zu empfangen, den Wetterbericht abzurufen und Spiele zu spielen. Klingt bekannt? Richtig, er meinte damit das heutige Smartphone.
Auch den Siegeszug von Streaming-Diensten wie Netflix und Disney+ sah Gates schon in seinem Buch voraus. Bereits ein Jahr vorher hatte er diese zudem in einem Interview erwähnt.
Der Tech-Pionier träumte davon, dass man künftig Filme auf Abruf sehen könne. Er prognostizierte sogar Algorithmen, die dem Nutzer je nach persönlichen Vorlieben passende Filme vorschlagen.
Bill Gates hatte jahrelang vor einer verheerenden Pandemie gewarnt, die die Welt treffen würde. Mit dem Ausbruch von Covid-19 Anfang 2020 wurde dies bestätigt.
Bereits 2015 hatte Gates in einem TED-Vortrag erklärt, dass die Welt nicht bereit für die nächste große Pandemie sei. Er habe den damaligen US-Präsidenten Donald Trump im darauffolgenden Jahr aufgefordert, Amerika für den Fall der Fälle aufzurüsten, so Gates. Im Frühjahr 2018 sagte er voraus, dass die nächste Pandemie innerhalb eines Jahrzehnts stattfinden werde.
Wenn Sie die Zukunft so maßgeblich mitgestalten wie Bill Gates, gleicht die Vorhersage kommender Trends manchmal fast einem Kinderspiel. So sagte der Tech-Milliardär etwa auch den Trend zu Homeoffice und ortsunabhängiger Arbeit voraus.
In seinem Bestseller von 1995 prognostizierte er, dass Arbeitnehmer künftig hybrid arbeiten würden – sowohl von zu Hause als auch im Büro. Viele tun dies nach wie vor, inklusive zahlreicher Microsoft-Mitarbeiter. Die Pandemie hat den Übergang nur beschleunigt.
In ähnlicher Weise war Gates auch vom Aufstieg des Fernunterrichts überzeugt. In „Der Weg nach vorn: Die Zukunft der Informationsgesellschaft“ schrieb er, dass das Homeschooling dank des technologischen Fortschritts immer mehr an Bedeutung gewinnen werde – und lang damit goldrichtig.
Auch diesen Trend hat die Pandemie beschleunigt: Zwischen Frühjahr und Herbst 2020 verdoppelte sich allein in den USA die Zahl der zu Hause unterrichteten Schüler.
Michael Hart, ein Student der University of Illinois, erfand 1971 das E-Book. Der allererste E-Reader, das Rocketbook von NuvoMedia, wurde jedoch erst 1997 entwickelt. Mit dem Kindle von Amazon folgte 2007 ein Gerät für den Massenmarkt.
In seinem Buch von 1995 sagte Gates die Popularität des Geräts schon Jahre bevor es Mainstream wurde voraus. „Letztendlich werden uns schrittweise Verbesserungen der Computer- und Bildschirmtechnologie ein leichtes, universelles elektronisches Buch oder ,E-Book’ geben“, schrieb er damals.
1994 investierte Gates in ein Satelliten-Internetunternehmen namens Teledesic und schrieb ein Jahr später in seinem Buch, dass künftig „hunderte von kostengünstigen Satelliten von Teledesic mit niedriger Umlaufbahn globales Internet in Glasfaserqualität bereitstellen werden“.
Als Opfer der Dotcom-Blase konnte Teledesic sein Vorhaben jedoch nicht umsetzen und ging 2002 in Konkurs. Andere Firmen übernahmen die Aufgabe, etwa Viasat und Elon Musks Space X über dessen Starlink-Netzwerk.
Auch mit seiner Prognose, dass es bald Preisvergleichs-Websites geben werde, traf Gates 1999 in seinem Buch „Digitales Business: Wettbewerb im Informationszeitalter“ ins Schwarze. „Es werden automatisierte Preisvergleichsdienste entwickelt werden, die es den Menschen ermöglichen, Preise auf mehreren Websites zu sehen, sodass sie mühelos das günstigste Produkt aus jedem Segment finden können“, schrieb er.
Tatsächlich war der experimentelle BargainFinder, die erste Preisvergleichsseite der Welt, bereits 1995 auf den Markt gekommen. Doch erst in den Nullerjahren fanden die sogenannten „Shopbots“ ihren Weg in den Mainstream.
Pizza Hut führte 1994 als erste Firma digitale Internetbestellungen ein – bezahlt werden musste damals allerdings noch bar bei der Lieferung.
Im selben Jahr startete Visa mit der verschlüsselten Online-Zahlung. Ebenfalls 1994 bot die Stanford Federal Credit Union als erstes Finanzinstitut der Welt Internetbanking an. Wenig verwunderlich deshalb, dass Gates in seinem Buch von 1999 voraussagte, dass „die Menschen ihre Rechnungen bezahlen (und) im Internet ihre Finanzen regeln werden“.
Eine der zentralen Annahmen von Gates’ Bestseller aus dem Jahr 1995 war, dass Technik beispiellose soziale Netzwerke ermöglichen werde. Vier Jahre später spekulierte der Microsoft-Gründer in seinem Buch, dass „private Websites für Freunde und die Familie üblich sein werden, auf denen Sie chatten und Veranstaltungen planen können“.
Im Jahr 2020 verriet der Tech-Milliardär jedoch, dass er nicht geahnt hatte, wie polarisierend soziale Medien sein würden oder dass sich viele Menschen gegensätzliche Standpunkte herausfiltern würden, die ihre bestehenden Meinungen untermauerten.
Auch den Siegeszug der digitalen Musik hat Gates in „Der Weg nach vorn: Die Zukunft der Informationsgesellschaft“ richtig vorhergesehen: „Plattenfirmen oder sogar einzelne Künstler können sich entscheiden, Musik auf neue Art und Weise zu verkaufen. Sie wird digital auf Servern auf dem ,Highway’ gespeichert werden.“
Mit „Highway“ meinte Gates den „Informations(super)highway“, ein Begriff, der in den 1990ern von Al Gore geprägt wurde, um die Internet-, Fernseh- und Telekommunikationsnetze zu beschreiben.
Die erste Software, die Online-Foren ermöglichte, entstand 1994. Gates schwärmte 1999 in seinem Buch von der Entstehung von Online-Diskussionsportalen und prognostizierte, dass „Bewohner von Städten und Ländern im Internet Diskussionen über Themen führen werden, die sie betreffen, etwa Kommunalpolitik, Stadtplanung oder Sicherheit“.
In „Digitales Business: Wettbewerb im Informationszeitalter“ schrieb Gates von „ständigen Video-Feeds, die in Häusern üblich werden“ und „Sie darüber informieren, wenn sich jemand in Ihrem Haus aufhält, während Sie nicht dort sind“.
Angesichts der heutigen Allgegenwärtigkeit der Heimüberwachung aus der Ferne ist unbestritten, dass er damit zu 100 Prozent richtig lag.
Cookies, die die individuelle Internetnutzung überwachen, wurden 1994 von Netscape erfunden, ein Jahr später folgte zielgerichtete Online-Werbung. Doch erst Mitte der 2000er-Jahre waren die Systeme ausgereift.
Gates erkannte das enorme Potenzial von beiden und schrieb 1999 in seinem Buch, dass „Geräte intelligente Werbung haben werden. Sie werden Ihre Kauftrends kennen und Werbung anzeigen, die auf Ihre Vorlieben zugeschnitten sind“.
Auch den Vormarsch des Online-Rekrutierung sagte Gates schon 1999 voraus. Er war selbst in die Entstehung von Plattformen wie LinkedIn eingebunden, die Reid Hoffman 2003 in seinem Wohnzimmer im kalifornischen Mountain View gegründet hatte.
„Menschen, die Arbeit suchen, werden in der Lage sein, online Beschäftigungsmöglichkeiten zu finden, indem sie ihre Interessen, Bedürfnisse und speziellen Fähigkeiten angeben“, sagte Gates voraus.
Arzttermine über Microsoft Teams, Skype oder Zoom wurden vielerorts während der Pandemie zur Selbstverständlichkeit und sind auch heute noch üblich.
Gates spielte in „Digitales Business: Wettbewerb im Informationszeitalter“ darauf an und meinte, Menschen würden in Zukunft „mit ihren Ärzten über das Internet kommunizieren“.
Auch wenn er sie 1999 „persönliche Begleiter“ nannte, beschrieb Bill Gates die Aufgabe virtueller Assistenten überraschend detailliert. Sie würden in der Lage sein, etwa E-Mails zu checken oder die Zutaten für ein Rezept bereitzustellen und wären synchron auf allen Geräten nutzbar.
Heute erledigen etwa Alexa (Amazon), Siri (Apple) und Cortana (Microsoft) genau diese Dinge und noch vieles mehr.
1996 schieb Gates in seinem berühmten Essay „Content is King“ (dt.: „Der Inhalt ist König“), dass der Großteil des Geldes, das im Internet generiert wird, künftig über die passenden Inhalte zu machen sei.
Er hatte damit nicht unrecht: Qualitativ hochwertige Inhalte, die die Nutzer ansprechen, sind auch heute absolut unerlässlich und im digitalen Marketing eine Selbstverständlichkeit.
1995 schwärmte Gates in seinem Buch vom Smart Home der Zukunft. Doch ihm schwebten nicht nur digitale Möglichkeiten vor, er ließ sie auch selbst in sein Zuhause integrieren. Seine Villa Xanadu 2.0 in Medina, Washington, wurde 1997 für 63 Millionen Dollar (57 Mio. Euro) fertiggestellt.
Es war seiner Zeit voraus und mit viel technischem Schnickschnack ausgestattet, der es der Familie etwa ermöglichte, die Beleuchtung, Temperatur und Musik digital zu steuern.
1995 prognostizierte Gates in seinem Buch, dass „Wähler in der Lage sein werden, ihre Stimmzettel von zu Hause aus auf ihren ,Brieftaschen-PCs’ abzugeben, mit geringerem Risiko von Fehlzählungen oder Betrug.“
Die Online-Wahlen sind inzwischen tatsächlich möglich, haben sich jedoch nicht ganz so gut durchgesetzt, wie sich der Microsoft-Mitbegründer das erträumt hatte – ironischerweise ausgerechnet aufgrund von Bedenken wegen Betrugs. Insgesamt nutzen acht Länder die Internetwahl, doch nur Estland erlaubt allen Bürgern, ihre Stimme tatsächlich online abzugeben.
Der Tech-Wahrsager sagte in seinem Buch auch voraus, dass wir in Zukunft „in eine Karte springen können, um uns eine Straße entlang oder durch die Räume eines Gebäudes zu bewegen“.
Die Vorhersage bewahrheitete sich 2016, als Google Earth VR auf den Markt kam, das es Nutzern dank HTV-Vive- und Oculus-Rift-Headsets ermöglicht, die Welt in einer virtuellen Realität zu erkunden.
Eine der unheimlichsten Prognosen von Gates aus dem Jahr 1995 betraf die Überwachung. Er stellte sich vor, dass künftig an jeder Straßenlaterne Videokameras stehen würden, die alles aufzeichnen. Dies führe dazu, dass wir ein „dokumentiertes Leben“ führen und niemand mehr seine Unschuld beweisen müsse, wenn er zu Unrecht eines Verbrechens beschuldigt werde.
Gates Vorhersage klingt ein bisschen nach George Orwells Roman „1984“. Tatsächlich ist die Überwachungsgesellschaft etwa in China aber Realität. Dort findet sich die höchste Konzentration an CCTV-Kameras der Welt.
Eine andere Gates-Vorhersage, die sich am Ende als halb richtig herausstellte, war jene von Internetkiosken. Diese würden, so schrieb er, überall sein, „so wie es jetzt Trinkbrunnen, Toiletten und Münztelefone gibt“.
Zwar sind die virtuellen Zeitungsstände nicht ganz so alltäglich geworden, wie Gates vielleicht dachte, sie existieren inzwischen aber in vielen Städten der Welt. Insbesondere in New York sind sie gefragt. Im Big Apple gibt es rund 7.500 davon.
Natürlich, Bill Gates hat auch einige Male ordentlich daneben getippt. So hat er etwa Anfang der 1990er das Internet stark unterschätzt. 1994 soll er gemeint haben, er sehe für das nächste Jahrzehnt „wenig kommerzielles Potenzial“. Ähnliches meinte er ein Jahr später in seinem Buch „Der Weg nach vorn: Die Zukunft der Informationsgesellschaft“.
Der damalige Microsoft-Chef erkannte jedoch bald seinen Fehler und wurde zum glühenden Anhänger der neuen Technologie, wie er in seinem legendären „Tidal Wave“-Memo darlegte, das kurz nach der Veröffentlichung des Bestsellers verschickt wurde. 1996 erschien eine Neuauflage des Buches, das die wachsende Bedeutung des Internets betonte.
Bill Gates war lange ein Verfechter der Sprachassistenten. 2008 sagte er etwa in einer Rede an der Carnegie Mellon University, wir würden „in fünf Jahren mehr Online-Suchen mit der Stimme durchführen als mit der Tastatur“.
2013 war das mit Sicherheit nicht der Fall. Und auch wenn die Akzeptanz der sprachgesteuerten Suche inzwischen zugenommen hat, hat die altbewährte Tastatur immer noch die Nase vorn.
2007 prognostizierte Gates den Niedergang der gedruckten Telefonbücher. Während einer Fragerunde beim Microsoft Strategic Account Summit meinte er, dass die Nutzung bei den unter 50-Jährigen bis 2012 auf null sinken werde.
Eine 2010 durchgeführte Umfrage ergab jedoch, dass 60 Prozent der Amerikaner zwischen 25 und 29 immer noch die dicken Wälzer nutzten. Gates’ Voraussage hat sich damit nicht zeitgerecht bewahrheitet. Inzwischen gelten gedruckte Telefonbücher jedoch als überholt und sind in den meisten Ländern der Welt, inklusive der USA, so gut wie ausgestorben.
In einer Rede sagte Gates 2002 voraus, dass das Tablet „innerhalb von fünf Jahren die beliebteste Form des PCs sein wird, die in Amerika verkauft wird“.
Bis 2007 war dies nicht der Fall, aber 2015 übertraf der Tablet-Verkauf in den USA tatsächlich jenen von klassischen PCs und Laptops. Gates hat sich also, ebenso wie bei den Telefonbüchern, einfach nur in der Zeit verschätzt.
2004 verkündete Gates in einem Interview mit der britischen BBC, dass der Niedergang von Spam-Nachrichten unmittelbar bevorstehe: „In zwei Jahren werden sie der Vergangenheit angehören.“
Leider hatte er in diesem Fall unrecht: Laut dem russischen Cyber-Sicherheitsunternehmen Kaspersky waren 2021 satte 46 Prozent aller versendeten E-Mails Spam.
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Auf einer Konferenz zur Cybersicherheit in San Francisco 2004 prophezeite Gates das Ende des Passworts. „Es besteht kein Zweifel, dass sich die Menschen im Laufe der Zeit immer weniger auf Passwörter verlassen werden“, so der Amerikaner.
Heute trifft dies teilweise zu, wenn man an verfügbare Alternativen wie Fingerabdruck- und Gesichtserkennung denkt. Das klassische Passwort ist aber immer noch allgegenwärtig.
2008 deutete Gates auch ein baldiges Verschwinden der Computermaus an. In seiner Abschlussrede auf der Consumer Electronics Show als Microsoft-CEO sagte er, dass die Geräte der Zukunft durch Berührung, Sprache oder mit einem Stift gesteuert werden würden.
Auch diese Vorhersage könnte irgendwann eintreten, noch ist es allerdings nicht so weit. Die klassische Maus ist auch heute weiterhin allgegenwärtig. Und ihre Nutzer wären wohl wenig glücklich, würde sie plötzlich vom Markt genommen werden.
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