Work-Life-Balance: Wie sich unsere Arbeitszeit im Lauf der Geschichte verändert hat
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Arbeitszeiten von der Steinzeit bis heute im Vergleich
Arbeiten wir heute weniger als ein Jäger und Sammler in der Steinzeit oder ein Fabrikarbeiter im 20. Jahrhundert? Wer denkt, dass im 21. Jahrhundert kaum geackert wird, den werden die folgenden Fakten ziemlich überraschen. Wir blicken zurück in die Vergangenheit und haben ausgerechnet, wie viel Zeit die Menschen tatsächlich mit Arbeit verbracht haben. Klicken oder scrollen Sie durch, wie sich die Work-Life-Balance verändert hat …
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Jäger und Sammler in der Steinzeit: 3 bis 5 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr
Im Vergleich zu heute haben Jäger und Sammler in der Steinzeit wahrscheinlich nur drei bis fünf Stunden am Tag gearbeitet, wie Anthropologen und Archäologen vermuten. Allerdings dürften die Arbeitsstunden je nach Jahreszeit stark geschwankt haben...
Jäger und Sammler in der Steinzeit: 3 bis 5 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr
Wenn es reichlich zu essen gab, zum Beispiel, wenn die Beeren reif waren oder besonders viel Wild erlegt werden konnte, arbeiteten Jäger und Sammler vermutlich weniger. Sie nahmen sich mit Sicherheit auch eine Auszeit für religiöse Rituale, Begräbnisse und die Höhlenmalerei.
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Arbeiter im alten Ägypten: 8 Stunden am Tag, 131 Tage im Jahr
Im alten Ägypten bestand eine Woche aus zehn Tagen. Befunde aus dem Dorf Deir el-Medina, in dem Handwerker (keine Sklaven) lebten, die an den Gräbern im Tal der Könige arbeiteten, legen eine Arbeitszeit von acht Stunden am Tag mit einer Mittagspause von einer Stunde nahe. Klingt ziemlich vernünftig und vertraut, allerdings wurde acht Tage geschuftet, bevor man sich zwei Tage lang ausruhen durfte.
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Arbeiter im alten Ägypten: 8 Stunden am Tag, 131 Tage im Jahr
Das Leben bestand jedoch nicht nur aus Arbeit, wie die Befunde zeigen. Gearbeitet wurde nur 18 Tage alle 50 Tage. Dazwischen feierten die Menschen religiöse Feste und gingen anderen Aktivitäten nach. So wurde zum Beispiel gewebt, Alkohol gebraut oder Kleidung geschneidert.
Landarbeiter im alten Israel: 8 Stunden am Tag, 296 Tage im Jahr
Der typische Landarbeiter, der um 100 v. Chr. in Israel lebte, kümmerte sich etwa acht Stunden am Tag um die Ernte oder übte andere landwirtschaftliche Arbeit aus. Für einen Arbeitstag, der in der Morgendämmerung begann und in der Abenddämmerung endete, ist das ziemlich hart. Allerdings waren drei Stunden täglich zum Beten vorgesehen und die Essenspause dauerte ungefähr eine Stunde.
Landarbeiter im alten Israel: 8 Stunden am Tag, 296 Tage im Jahr
An Sabbat und anderen religiösen Feiertagen zu arbeiten, war strengstens verboten: Rosch Haschana (zwei Tage frei), Sukkot (eine Woche), Schawuot (ein Tag) und Passah (sieben bis acht Tage). An Purim war arbeiten erlaubt, aber viele Menschen verbrachten den Tag mit Feierlichkeiten. Darüber hinaus waren mehrere Tage im Jahr für Hochzeiten und andere Veranstaltungen frei.
Handwerker im Römischen Reich: 6 Stunden am Tag, 185 Tage im Jahr
Sklaven im Römischen Reich waren rund um die Uhr im Einsatz, aber die meisten freiwilligen Handwerker arbeiteten nur sechs Stunden am Tag, von 6 bis 12 Uhr. Nicht nur das, auch gefeiert wurde häufig. Nach Ansicht von Historikern arbeiteten die Römer, die nicht in Ketten lagen, nur ein halbes Jahr.
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Handwerker im Römischen Reich: 6 Stunden am Tag, 185 Tage im Jahr
Die Römer nutzten diese großzügige Freizeit unter anderem, um in Badehäuser zu gehen, Wagenrennen im Circus Maximus zu verfolgen, sich Gladiatorenkämpfe und Theateraufführungen im Kolosseum anzusehen und öffentlichen Hinrichtungen beizuwohnen.
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Bauern im England des Mittelalters: 8 Stunden am Tag, 150 Tage im Jahr
Das Leben der Bauern in England war im Mittelalter alles andere als einfach. Erst nach Abklingen der Pest, als mehr Land vergeben wurde und die Arbeitslöhne stiegen, verbesserte sich die Lebensqualität. Laut dem Ökonom James E. Thorold Rogers aus Oxford bestand der typische Arbeitstag aus nicht mehr als acht Stunden. Zur Erntezeit wurde auch schon mal länger geackert, im Winter bei weniger Tageslicht dafür kürzer.
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Bauern im England des Mittelalters: 8 Stunden am Tag, 150 Tage im Jahr
Sonntag war Ruhetag, allerdings nahmen sich die Bauern auch frei, um christliche oder andere Feste zu feiern. Die Ökonomin Juliet Schor schätzt, dass Landwirte in der Zeit nach der Pest nicht mehr als 150 Tage im Jahr arbeiteten.
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Handwerker im Aztekenreich des 14. Jahrhunderts: 9 Stunden am Tag, 274 Tage im Jahr
Arbeiter im Aztekenreich schufteten im 14. Jahrhundert vier Tage lang, legten am fünften aber eine Pause ein. An dem Tag gingen sie zum Markt, um sich mit Lebensmitteln einzudecken. Sie nahmen sich auch für religiöse Feste frei, von denen viele mit Menschenopfern verbunden waren.
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Handwerker im Aztekenreich des 14. Jahrhunderts: 9 Stunden am Tag, 274 Tage im Jahr
Das Jahr bestand aus 18 Monaten, die jeweils 20 Tage lang waren. Zu Beginn jedes Monats gab es ein Fest, was bedeutet, dass die Azteken zusätzlich zu den 73 Markttagen an 18 weiteren Tagen im Jahr feierten statt zu arbeiten.
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Arbeiter im Frankreich des 17. Jahrhunderts: 10 Stunden am Tag, 185 Tage im Jahr
Während der Regentschaft von König Ludwig XIV. hatten es Arbeiter in Frankreich schwer. Hunger gehörte zum Leben der armen Bevölkerung dazu. Der typische Arbeitstag dauerte bis zu zwölf Stunden, wobei zwei Stunden für das Mittagessen und vielleicht ein Mittagsschläfchen vorgesehen waren.
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Arbeiter im Frankreich des 17. Jahrhunderts: 10 Stunden am Tag, 185 Tage im Jahr
Trotzdem soll das Ancien Régime den Bauern und Arbeitern insgesamt 52 Sonntage, 90 Ruhetage und 38 Feiertage pro Jahr zugestanden haben, heißt es. Das bedeutet, dass nur an 185 von 365 Tagen im Jahr gearbeitet wurde.
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Ungelernte Arbeiter in England, Mitte des 18. Jahrhunderts: 11 Stunden am Tag, 208 Tage im Jahr
Einer Studie des Historikers Hans-Joachim Voth von 1998 zufolge schufteten Londoner Arbeiter im Jahr 1750 fünf Tage die Woche, elf Stunden am Tag. Sonntag war Ruhetag und wer Glück hatte, hatte auch am Montag frei, der zu der damaligen Zeit „Heiliger Montag“ genannt wurde.
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Ungelernte Arbeiter in England, Mitte des 18. Jahrhunderts: 11 Stunden am Tag, 208 Tage im Jahr
Es gab auch 53 weitere heilige Tage im Jahr, an denen Arbeiter ihre Werkzeuge nieder- und eine wohlverdiente Pause einlegen durften. Insgesamt arbeitete der durchschnittliche Londoner Mitte des 18. Jahrhunderts laut Historiker Voth nur 2.288 Stunden pro Jahr. Das entspricht 208 Tagen im Jahr.
Fabrikarbeiter in England, Mitte des 19. Jahrhunderts: 16 Stunden am Tag, 311 Tage im Jahr
Im Gegensatz dazu arbeitete der typische Fabrikarbeiter Mitte des 19. Jahrhunderts in England sechs Tage die Woche für satte 16 Stunden am Tag. Warum der Wandel? Damals war die industrielle Revolution in vollem Gange und Fabrikbetreiber konnten ihre Angestellten bis auf die Knochen ausbeuten, da es keine Regulierungen und billige Arbeitskräfte im Überfluss gab.
Fabrikarbeiter in England, Mitte des 19. Jahrhunderts: 16 Stunden am Tag, 311 Tage im Jahr
Der „Heilige Montag“ und die meisten weiteren Feiertage waren zu diesem Zeitpunkt abgeschafft worden, sodass der Sonntag der einzige Ruhetag war. Die einzigen anderen Tage, an denen Arbeiter die Beine hochlegen konnten, waren der 1. Weihnachtstag und Karfreitag. Bezahlten Urlaub gab es nicht und viele Menschen lebten von der Hand in den Mund.
Fabrikarbeiter in Amerika, Mitte des 20. Jahrhunderts: 8 Stunden am Tag, 243 Tage im Jahr
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts hatten Tarifverhandlungen durch Gewerkschaften und staatliche Regelungen in der westlichen Welt viel kürzere Arbeitszeiten zur Folge. Der typische Arbeitstag in den 1920er-Jahren war auf acht Stunden begrenzt. In Amerika verkürzte der Autopionier Henry Ford 1926 die Arbeitswoche in seinen Werken auf fünf Tage, nachdem er festgestellt hatte, dass die Produktivität stieg, wenn die Angestellten nur 40 statt 48 Stunden arbeiteten.
Fabrikarbeiter in Amerika, Mitte des 20. Jahrhunderts: 8 Stunden am Tag, 243 Tage im Jahr
Viele Fabriken folgten dem Beispiel. Die 40-Stunden-Woche wurde im US-amerikanischen Recht verankert und 1940 landesweit verabschiedet. Zu dieser Zeit gab es acht gesetzliche Feiertage: Neujahr, Washington's Birthday, Decoration Day, Independence Day (Unabhängigkeitstag), Labor Day (Tag der Arbeit), Armistice Day (Tag des Waffenstillstands), Thanksgiving (Erntedank) und Weihnachten. Die meisten Arbeiter nahmen diese Tage frei und Mitte der 1940er-Jahre genossen die meisten zehn Tage bezahlten Urlaub pro Jahr.
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Jäger und Sammler in Botswana, Ende des 20. Jahrhunderts: 6 Stunden am Tag, 130 Tage im Jahr
Aus einer anthropologischen Studie über die !Kung-Buschmänner in Botswana, die Anfang der 1960er-Jahre durchgeführt wurde, geht hervor, dass die Erwachsenen des Stammes in Dobe damals durchschnittlich sechs Stunden am Tag, zweieinhalb Tage pro Woche arbeiteten.
Jäger und Sammler in Botswana, Ende des 20. Jahrhunderts: 6 Stunden am Tag, 130 Tage im Jahr
Das sind wesentlich weniger Arbeitsstunden als in den Industrieländern zu der Zeit. Insgesamt widmeten sich die Mitglieder des Stammes nur 780 Stunden pro Jahr der Arbeit. Selbst die, die am härtesten schufteten, arbeiteten laut der Studie nicht mehr als 32 Stunden pro Woche bzw. 1.664 Stunden pro Jahr.
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Jäger und Sammler in Venezuela/ Kolumbien/ Brasilien, Ende des 20. Jahrhunderts: 3 Stunden am Tag, 349 Tage im Jahr
1987 kam eine Studie über das Volk der Hiwi, auch Guahibo genannt, in Venezuela, Kolumbien und Brasilien zu dem Schluss, dass die Erwachsenen nur drei Stunden am Tag jagten oder Nahrung sammelten. Sie beschäftigten sich demnach mehr mit anderen Aktivitäten, wie dem Bau von Unterkünften.
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Jäger und Sammler in Venezuela/ Kolumbien/ Brasilien, Ende des 20. Jahrhunderts: 3 Stunden am Tag, 349 Tage im Jahr
Interessanterweise gibt es in der Kultur keine strukturierten Zeitabläufe. Ein typisches Jahr der Hiwi ist in 16 Zeiträume unterteilt – zum Beispiel den Beginn der Trocken- und Regenzeit, die Erntezeit für Früchte oder den Zeitpunkt zum Insektensammeln –, die aber variieren können. Vorausgesetzt die Stammesmitglieder nahmen sich an diesen besonderen Tagen frei, arbeiteten sie vermutlich um die 1.047 Stunden im Jahr.
IT-Fachkräfte in China, Anfang des 21. Jahrhunderts: 10 Stunden am Tag, 297 Tage im Jahr
Obwohl das chinesische Arbeitsrecht die wöchentliche Arbeitszeit auf 44 Stunden begrenzt, ignorieren viele Arbeitgeber die Regeln – vor allem in der IT-Branche, in der sogenannte „996“-Schichten die Regel sind. Von den Angestellten wird erwartet, von 9 Uhr morgens bis 9 Uhr abends zu arbeiten und das sechs Tage die Woche. Mittags und abends wird je eine Stunde Pause zum Essen gewährt.
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IT-Fachkräfte in China, Anfang des 21. Jahrhunderts: 10 Stunden am Tag, 297 Tage im Jahr
Sonntags bleiben die Angestellten vermutlich lange im Bett, um sich von den Strapazen der Arbeitswoche zu erholen. Was das ganze noch schlimmer macht: Bezahlter Urlaub ist in der Regel auf lediglich fünf Tage im Jahr begrenzt, obwohl Angestellten gesetzlich elf bezahlte Feiertage zustehen.
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Büroangestellte in den Niederlanden, Anfang des 21. Jahrhunderts: 5,8 Stunden am Tag, 234 Tage im Jahr
Mit lediglich 29 Stunden haben Büroangestellte in den Niederlanden die kürzeste Arbeitswoche im weltweiten Vergleich, wie aus einem Bericht der OECD hervorgeht. Das ergibt 5,8 Stunden am Tag, was in vielen Ländern als Teilzeit angesehen wird. Allerdings sind die Niederlande das Land mit den zweitwenigsten Feiertagen; sieben pro Jahr sind es nur. Vollzeitbeschäftigten stehen mindestens 20 Urlaubstage im Jahr zu.
Büroangestellte in den USA, Anfang des 21. Jahrhunderts: 6,9 Stunden am Tag, 239 Tage im Jahr
In den USA hat die typische Arbeitswoche laut dem US-Arbeitsministerium 34,5 Stunden, was wesentlich länger ist als der Durchschnitt in vielen europäischen Ländern, wie zumindest aus offiziellen Statistiken hervorgeht. Allerdings legen viele Amerikaner dazu Überstunden ein.
Büroangestellte in den USA, Anfang des 21. Jahrhunderts: 6,9 Stunden am Tag, 239 Tage im Jahr
Im Gegensatz zu Europa, wo Angestellten per Gesetz viele Urlaubstage zustehen und diese auch genommen werden, haben Amerikaner im Durchschnitt nur zwölf Tage im Jahr frei, zusätzlich zu zehn Feiertagen. Was für Europäer unglaublich klingen mag: In den USA ist gesetzlich nicht festgelegt, dass Arbeitgeber ihren Angestellten überhaupt bezahlten Urlaub gewähren müssen.
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