Von Überschwemmungen, der Corona-Pandemie und Lebensmittelknappheit gebeutelt, herrscht in Nordkorea der Mangel. Und während die Bevölkerungsmehrheit unter Armut und Hunger leidet, genießt die privilegierte Elite ein Leben im Luxus. Doch wie ungleich ist die Gesellschaft in Nordkorea wirklich? Klicken oder scrollen Sie sich hier durch die schockierende Kluft zwischen Arm und Reich in dem autoritären Staat. (US-Dollarbeträge in Euro umgerechnet.)
Die meisten Nordkoreaner gehören einer von drei sozial benachteiligten Klassen, oder auch niedriggestellten Kasten, an, bei denen zwischen „einfach“, „komplex“ und „feindselig“ unterschieden wird. Diese Menschen werden vom Leben in der Hauptstadt verbannt und erhalten keine Privilegien wie zum Beispiel zusätzliche Essensrationen oder Handyverträge. Insidern zufolge basiert das Songbun-System sowohl auf der gesellschaftlichen Stellung als auch auf der Familiengeschichte einer Person. Eine wichtige Rolle spielt demnach dabei auch die Loyalität gegenüber dem Machthaber des Landes.
Die oberste Schicht der Pjöngjang-Elite kann mehrere Tausend Euro im Monat verdienen, wobei das Durchschnittsgehalt in der Hauptstadt bei 25 bis 35 Euro liegt. Wohnen, Essen und andere Notwendigkeiten werden so subventioniert, dass sie für die Elite – die ohnehin sehr großzügige Rationen genießt – kostenlos sind. Somit handelt es sich eher um eine Extrazulage als ein Gehalt.
Die große Mehrheit der Nordkoreaner verdient so gut wie nichts und genießt keinerlei Privilegien. Viele Menschen schmieren Beamte, damit sie sich nach Feierabend noch etwas dazu verdienen können, zum Beispiel an einem Essensstand oder heimlich in einer Fabrik. Doch auch dann kommen höchstens zehn bis 35 Euro extra im Monat zusammen, was kaum zum Überleben reicht.
Wenn sie denn überhaupt bezahlt werden. 2021 begann das Land in der Provinz Ryanggang mit dem Bau einer Mauer an der Grenze zu China. Sie sollte den Schmuggel von Waren und die Ausbreitung von COVID-19 verhindern (obwohl das Land Berichten zufolge Südkorea für den jüngsten Ausbruch verantwortlich macht). Als Machthaber Kim Jung-un klar wurde, dass die Mauer nicht wie geplant bis zum 10. Oktober, dem Jahrestag der Parteigründung, fertig stehen würde, zog er neben dem Militär und der Jugend auch verheiratete Frauen im Alter von 20 bis 60 Jahren zur Arbeit heran. Das jedenfalls berichtete der Sender „Radio Free Asia“ mit Sitz in Washington. Demnach sollen die Frauen gezwungen worden sein, zehn Zementblöcke pro Tag herzustellen. Zwangsarbeit ist in Nordkorea überhaupt nicht unüblich, in diesem Fall soll es jedoch zu einer gewissen Gegenreaktion gekommen sein, da auch ältere, gebrechlichere Frauen zu der körperlichen Arbeit genötigt wurden.
Wie die Berliner Zeitung „BZ“ im September berichtete, soll Nordkorea Zehntausende zur Zwangsarbeit auf diversen Baustellen nach Russland gesandt haben. Ihr Arbeitslohn: Kost und Logis.
Die oberen zehn Prozent von Nordkorea haben immer Zugang zu gutem Essen, für das sie in der Regel nicht einmal bezahlen müssen. Die Elite darf in den Top-Restaurants von Pjöngjang speisen. Beliebt sind üppige koreanische Barbecue-Büfetts, zudem gibt es in der Hauptstadt sogar ein Fried-Chicken-Restaurant sowie Cafés wie in Europa.
Wenn es um seine Ernährung geht, ist Kim nichts zu teuer. Berichten zufolge lässt Nordkoreas Machthaber teures Schweinefleisch aus Dänemark einfliegen sowie Kaviar aus dem Iran, Melonen aus China und exquisites Kobe-Steak aus Japan. 2016 soll er umgerechnet unglaubliche 947.000 Euro für brasilianischen Kaffee ausgegeben haben, Tausende Euro jährlich lässt sich Kim angeblich Alkohol aus dem Ausland kosten. 2016 soll der Diktator, zu dessen Lieblingsmarken angeblich Hennessy zählt, umerechnet rund 33.900 Euro für amerikanische Spirituosen ausgegeben haben. Für umgerechnet weitere 82.200 Euro kaufte er demnach deutschen Wein ein.
Zugleich muss der Rest Nordkoreas mit äußerst mageren Lebensmittelrationen auskommen. Im Mai 2019 soll infolge der schlechtesten Ernte seit 100 Jahren die Tagesration pro Person lediglich 300 Gramm betragen haben. Jetzt, da Kim Jong-un die Nahrungsmittelknappheit in seinem Land eingeräumt hat, dürfte sich die Situation noch einmal verschlimmert haben. Der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA zufolge sprach Kim von einem „mühsamen Marsch“ – eine Redewendung, die sich auf die Hungersnot in den 1990er-Jahren bezieht und die in Nordkorea jeder versteht. Doch selbst in guten Zeiten, wenn mehr geerntet werden kann, ernährt sich die nordkoreanische Bevölkerung Berichten zufolge von lediglich 500 Gramm Essen am Tag.
Ihr „Oberster Führer“ mag zwar etwas fülliger sein, aber die nordkoreanische Elite ist überraschend körperbewusst. Fitness ist in Pjöngjang ein beliebter Zeitvertreib, vermutlich um all die kalorienreichen Delikatessen zu verbrennen. In der nordkoreanischen Hauptstadt gibt es zahlreiche Fitnessstudios und Sportcenter.
Übergewicht gibt es außerhalb der Hauptstadt nicht. Bis zu drei Millionen Nordkoreaner sollen während der Hungersnot in den 1990er-Jahren gestorben sein und bis heute gehört Hunger für viele zum Alltag. Schätzungen zufolge sind rund 78 Prozent der Nordkoreaner unterernährt sowie 40 Prozent aller Kinder und Schwangeren fehlernährt.
Pjöngjangs Viertel Mansudae wird in Anlehnung an Manhattan auch „Pjönghattan“ genannt, beherbergt es doch die luxuriösesten Wohnungen der Hauptstadt. Die Apartments verfügen über allen modernen Luxus und werden innerhalb der obersten Kreise illegal für umgerechnet bis zu 257.000 Euro gehandelt. Andere Hochhäuser sind jedoch weit weniger luxuriös.
Laut dem nordkoreanischen Überläufer Jung Si-woo, der mit der Nachrichtenagentur Reuters sprach, leben in Nordkorea vor allem die Armen ganz oben in den Hochhäusern, „weil die Aufzüge oft nicht richtig funktionieren und der Wasserdruck niedrig ist“. Dass Kim Jung-un im August feierlich einen neuen 80-stöckigen Wolkenkratzer einweihte, sei laut Überläufer Jung nur Show, um der Welt „zu zeigen, wie sehr sich [Nordkoreas] Baufähigkeiten verbessert haben“. Die Bedürfnisse der Bewohner seien hingegen wenig relevant.
Eine eindeutige Antwort auf die Frage „Wo wohnt Kim Jong-un?“ gibt es nicht. Denn der Diktator hat unglaubliche 17 Paläste im ganzen Land, zwischen denen er wählen kann – sowie seine eigene Privatinsel.
Und wenn Kim mal nicht in einer der Residenzen zu finden ist, dann wahrscheinlich auf seiner luxuriösen Superyacht. Im August veröffentlichte das Satellitenunternehmen „Planet Labs“ Fotos von der schwimmenden Villa. Die rund 55 Meter lange Megayacht parkte am Privatstrand der Hodo-Halbinsel, in der Nähe von Kims Familiensitz in Wonsan. Der Diktator war im Juli 19 Tage lang und im August 12 Tage nicht in der Öffentlichkeit zu sehen. Das ließ die Vermutung aufkommen, er habe sich nach der heftigen Flutkatastrophe im Land auf seine Superyacht zurückgezogen, die übrigens mit Fußballfeld, Wasserrutsche und Fahrgeschäften im Freizeitpark-Stil ausgestattet sein soll. Glaubt man den japanischen Medien, besuchte der Freizeitpark-Fan bereits in den 1990er-Jahren als Kind mehrmals das Disneyland in Tokio. Alles strengstens geheim und unter falscher Identität natürlich.
Viele Nordkoreaner leben in schlecht instand gehaltenen Häusern oder Wohnblocks, die über keinerlei Komfort verfügen und nicht einmal mit einer Heizung oder fließendem Wasser ausgestattet sind. Viele Menschen müssen Feuerholz sammeln, um kochen oder ihr Zuhause beheizen zu können. Wasser kann nur aus einem öffentlichen Hahn abgefüllt werden.
Fließendes Wasser ist in Pjöngjangs Luxuswohnungen eine Grundvoraussetzung – schließlich brauchen die reichen Bewohner ständig Wasser für ihre Waschmaschinen, Geschirrspüler und Whirlpools. Viele Wohnungen haben sogar ein zweites Bad.
Da fließendes Wasser in den meisten Häusern außerhalb der Hauptstadt eine Seltenheit ist, muss die überwiegende Mehrheit der Nordkoreaner öffentliche Toiletten benutzen. Selbst eine Außentoilette gilt außerhalb von Pjöngjang als relativer Luxus.
In Pjöngjang mangelt es nicht an schicken Luxuswaren. Die vielen Schwarzmarktgeschäfte, die von der Regierung geduldet und immer mehr werden, verkaufen alles von importierten Elektrogeräten bis hin zu Gourmet-Lebensmitteln.
Außerhalb der Hauptstadt gibt es kaum Konsum. Bleibt doch einmal ein wenig Geld von dem niedrigen Einkommen übrig, wird es von der Landbevölkerung zur Ernährung der Familie ausgegeben. Außerhalb von Pjöngjang gibt es nur sehr wenige Schwarzmarktgeschäfte, in denen man Geld ausgeben könnte.
Obwohl in Nordkorea eine sehr strenge Kleiderordnung durchgesetzt wird, folgen viele Hauptstädter der neuesten Mode. Marken aus dem Westen wie zum Beispiel Nike sind vor allem bei jungen Menschen beliebt. Designermarken wie Christian Dior und Chanel werden in den obersten Kreisen der Elite getragen.
Für die Landbevölkerung gehört Mode definitiv nicht zu den Prioritäten des Lebens. Die meisten Menschen sorgen sich eher darum, genug Essen und Trinken zu haben oder ausreichend Feuerholz, um nicht zu erfrieren. Die Winter in Nordkorea können sehr kalt und lang sein.
Hochrangige Regierungsbeamte und Militärs dürfen Auto fahren. Auf den Straßen von Pjöngjang sind deshalb nicht selten Luxuswagen zu sehen. Mitglieder der Elite, die etwas weiter unten in der Hierarchie angeordnet sind, fahren gerne E-Bikes, die aus China importiert werden.
Autos und E-Bikes gibt es so gut wie keine außerhalb der Hauptstadt. Die meisten Einwohner haben keinen Zugang zu motorisierten Transportmitteln und sind stattdessen aufs Fahrrad oder einen Ochsen- bzw. Pferdekarren angewiesen, um vorwärts zu kommen und Güter zu transportieren.
Obwohl es nicht viel Verkehr in Nordkorea gibt, werden die Straßen in Nordkoreas Vorzeigehauptstadt akribisch instandgehalten. Zahlreiche Arbeiter stehen bereit, um Schlaglöcher und Risse im Asphalt zu beseitigen.
Außerhalb von Pjöngjang sieht es ganz anders aus. Abseits der Hauptstadt besteht das Straßennetz Nordkoreas größtenteils aus staubigen Feldwegen. Laut dem „World Factbook“ der CIA sind von insgesamt 25.554 Kilometern Straße nur 724 Kilometer asphaltiert.
In der Hauptstadt kommt es zwar hin und wieder zu Stromausfällen, aber Angehörige der oberen Elite haben Zugang zu Generatoren. Die Wohnungen und Büros der Reichen werden also ununterbrochen mit Strom versorgt.
Außerhalb der nordkoreanischen Hauptstadt erhalten die wenigen Menschen, die das Glück haben, ans Netz angeschlossen zu sein, nur eine sehr begrenzte Stromversorgung. Stromausfälle kommen häufig vor und viele Menschen in den ländlichen Gebieten sind bei Dunkelheit auf Kerzenlicht angewiesen.
Es gibt Millionen von Telefonen in Nordkorea, aber weit weniger Nutzer. Die Handynutzung ist auf Mitglieder der Elite beschränkt, von denen viele in der Regel mehr als ein Telefon besitzen. In Pjöngjang ist es oft billiger, ein brandneues Prepaid-Handy zu kaufen, als das Guthaben für ein bestehendes Telefon aufzuladen.
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Der Mehrheit der nordkoreanischen Bevölkerung ist es verboten, ein Handy zu haben. Einige Menschen haben nur begrenzten Zugang zu einem öffentlichen Telefon und alle Anrufe werden von den Behörden überwacht.
Eine winzige Minderheit der Elite hat uneingeschränkten Zugang zum Internet. Der Rest Nordkoreas kann dagegen nicht online mit der Außenwelt Kontakt aufnehmen...
Die Nordkoreaner haben Zugang zum sogenannten „Kwangmyong“, einem lokalen Intranet, über das auch E-Mails verschickt werden können. Das Wolrd Wide Web hingegen darf so gut wie niemand nutzen. Somit ist es für die Bevölkerung schwierig, an Informationen aus dem Ausland zu kommen.
Schoßhunde mit Stammbaum sind in der nordkoreanischen Hauptstadt begehrte Statussymbole. Die Hündchen werden aus China importiert, besonders gerne Chihuahuas und Malteser, die auf dem Schwarzmarkt viel Geld einbringen können. Doch sind die beliebten Haustiere durch die unberechenbare Politik von Kim Jong-un in Verruf geraten. Der „New York Post“ zufolge verfolgt Nordkorea seit Ende der 1980er-Jahre eine „immer wiederkehrende Politik des Verbots von Hunden als Haustiere, weil sie kapitalistisch konnotiert“ seien. 2020 ordnete der Diktator beispielsweise in Pjöngjang an, alle Haustiere abzugeben, da sie die „bürgerliche Ideologie“ vertreten würden. Die Regel galt jedoch nicht für Kims eigene Rassehunde, zu denen Berichten zufolge deutsche Schäferhunde und Shih Tzus gehören.
Der Verzehr von Hundefleisch hat in Nordkorea eine lange Tradition. Außerhalb der Hauptstadt sind die Menschen gezwungen, von sehr wenig zu überleben. Deshalb landet ein streunender Hund außerhalb von Pjöngjang eher auf dem Esstisch als auf der Kuscheldecke.
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